Berlin: (hib/HLE) Die deutsche Wirtschaft befürchtet, dass die Versorgung der Unternehmen mit frischem Kapital in Zukunft schwieriger wird, weil die Kapitalkosten steigen und die Anforderungen der Banken für Sicherheiten ebenfalls. In einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses zum zweiten Konjunkturpaket ( 16/11740) der Koalitionsfraktionen Union und SPD ( 16/11740) am Montagmittag sagte Werner Schnappauf vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), seine Organisation habe bei der Auswertung einer Unternehmensumfrage festgestellt, dass es eine flächendeckende Kreditklemme derzeit nicht gebe. Aber es sei festzustellen, dass die Kredite für die Unternehmen teurer würden und die Banken höhere Anforderungen an die Kunden stellen würden. Eine Entspannung sei nicht in Sicht. Immer mehr Firmen müssten große Projekte verschieben, weil es schwierig sei, große Kredite mit längeren Laufzeiten zu bekommen.
Schnappauf verlangte, toxische Papiere aus den Bankbilanzen herauszunehmen. Sonst würden die Finanzierungen nicht ans Laufen kommen. Die Kreditmittelversorgung drohe andernfalls zu einem "echten Flaschenhals" für die Wirtschaft zu werden. Martin Wansleben (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, DIHK) bestätigte wie Schnappauf, dass es keine flächendeckende Kreditklemme gebe. Allerdings gebe es für einige Branchen eine schwierige Lage. Wansleben äußerte auch die Befürchtung, dass Investitionen im Verkehrsbereich fehlgeleitet werden könnten. Ortsumgehungen und Kreisstraßen, für die es Planfeststellungsbeschlüsse gebe, könnten gebaut werden, Engpässe auf Autobahnen hingegen bestehen bleiben.
Professor Peter Bofinger (Universität Würzburg) erklärte, es sei nicht nachvollziehbar, warum die steuerlichen Maßnahmen des Pakets erst in der zweiten Jahreshälfte 2009 wirksam werden sollten. Das passe nicht zum Verlauf der Krise und sei ein Fehler. Der private Verbrauch sei rückläufig. "Die ganze Story mit dem guten Weihnachtsgeschäft war falsch", erklärte Bofinger. Der Sachverständige äußerte sich zwar kritisch zur Abwrackprämie für Altautos, betonte jedoch zugleich, wenn die Maßnahme den gewünschten Effekt bringe, sei sie gerechtfertigt. Bofinger kritisierte auch die Absicht, eine Schuldenbremse einzuführen. Damit würden die deutschen Sparer ab 2020 veranlasst, ausländischen Staaten Geld zu leihen. Das sollte in diesem Zusammenhang bedacht werden. In einer gemeinsamen schriftlichen Stellungnahme mit Professorin Beatrice Weder die Mauro schrieb Bofinger, es müsse in der aktuellen Situation vor allem darum gehen, "die sich seit Mitte September herausgebildete globale Abwärtsspirale möglichst rasch zu stoppen". Insgesamt leiste das Paket jedoch einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und zugleich zur Stärkung der Wachstumskräfte.
Auch die Hans-Böckler-Stiftung kommt in einer schriftlich vorgelegten Stellungnahme zu dem Schluss, dass das Programm trotz seines beachtlichen Volumens zu spät komme. Wegen der zeitlichen Verzögerungen sei ein Schrumpfen der Wirtschaft in diesem Jahr nicht zu verhindern. Der Mitteleinsatz sei allerdings wegen des hohen Anteils an Steuer- und Abgabensenkungen ineffizient.
Hans Barbier (Ludwig-Erhard-Stiftung) sagte mit Blick auf die geplanten Steuersenkungen, ihn bringe es an den Rand der Verzweiflung, "dass dieses Land und seine Parteienlandschaft nicht davon ablassen können, sich Verteilungssorgen zu machen". Man stehe wenige Meter vor dem Abgrund. So eine Politik sei für ihn für längere Zeit diskreditiert.
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