Berlin: (hib/HAU) Die regionale Baukultur besitzt einen hohen Stellenwert bei der touristischen Vermarktung. In dieser Einschätzung herrschte Einigkeit unter den zu einer öffentlichen Anhörung des Tourismussausschuss am Mittwochnachmittag geladenen Experten. Wichtig dabei sei es, eine gelungene Verbindung zwischen moderner und historischer Architektur zu schaffen. "Historisierende Verfälschungen" seien dabei der falsche Weg, betonten die Experten. Vielerorts gebe es "Nachholbedarf" bei der Gastronomie- und Hotelarchitektur.
Stefan Holthaus, Baubürgermeister in Görlitz, einer Stadt mit einem gut erhaltenen historischen Stadtkern, nannte eine intakte Stadtstruktur, verbunden mit einer gastfreundlichen Infrastruktur als Faktoren, die positiven Einfluss auf Reiseentscheidungen nehmen können. Daher sei es wichtig, "nachhaltig" mit der Baukultur umzugehen. Allerdings müsse man aus seiner Sicht aufpassen, dass aus der Stadt kein "begehbares Museum" werde. "Die Besucher wollen eine lebenswerte Stadt mit historischen Gebäuden", so Holthaus. Dabei existiere ein "Spannungsfeld" zwischen unverfälschter Baukultur und dem Bedürfnis nach barrierefreiem Reisen. Dieser Widerspruch sei nicht immer leicht zu lösen, räumte er ein. Für ein besseres Verständnis zwischen Architekten und Tourismusverantwortlichen setzt sich die Architektin Bibiane Hromas von der Plattform für Architektur im Tourismus in Wien ein. Sie sieht in der Bewahrung des architektonischen Erbes von Städten und Regionen "Chancen als auch Risiken". Zum einen könne damit die Identität und auch die touristische Vermarktung gestärkt werden. Zum anderen könne eine "Musealisierung" zu einer Belastung für das soziale System in der Region werden. Architektur ist aus Sicht von Hermann Kolesch, Landwirtschaftsdirektor bei der Bayrischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau ein wichtiges Kriterium bei der Reiseentscheidung des Konsumenten. Zudem könne die Architektur die qualitative, wie auch strukturelle Weiterentwicklung einer touristischen Region bildhaft machen. Angesichts der "Reizüberflutung" könne sie der entscheidende Erinnerungswert sein, sagte Kolesch.
Auf den Nachholbedarf im Hotel- und Gaststättenbereich verwies unter anderem Professor Felizitas Romeiß-Stracke von der Technischen Universität München. Hier seien Hilfestellungen, wie Häuser und Außenanlagen, die mit relativ einfachen Mitteln umgestaltet werden können, wichtig. Das beträfe insbesondere ländliche Regionen. Für Ulrike Rose, Leiterin des Europäischen Hauses der Stadtkultur, steht die Frage, wie sich eine Stadt ohne historisches Erbe besser vermarkten könne im Vordergrund. Im Ruhrgebiet setze man auf das industriekulturelle Erbe als Alleinstellungsmerkmal. Zudem habe man die landschaftlichen Aspekte gestärkt, so etwa durch dem Emscher Landschaftspark. Derzeit bereite sich das Ruhrgebiet darauf vor, 2010 Kulturhauptstadt Europas zu sein. Eine Verstetigung der Förderprogramme des Bundes forderte Peter Schabe von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die bisherigen Städtebauprogramme des Bundes seien ein "effektives Instrument zur Beseitigung städtebaulicher Missstände" gewesen. Insbesondere das Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz" habe dazu beigetragen dass in den neuen Ländern 181 besonders erhaltenswerte historische Stadtkerne vor dem Verfall gerettet werden konnten.
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