Zum Urteil des Verfassungsgerichts zu Hartz IV heißt es in dem Änderungsantrag, man wolle mit der Härtefallklausel sicherstellen, dass auch in ”atypischen Bedarfslagen“ Leistungen erbracht würden. Damit solle ein zusätzlicher Anspruch auf Leistungen ”bei einem unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums“ eingeführt werden. Anwendungsfälle der Härtefallklausel könnten zum Beispiel dauerhaft benötigte Hygienemittel bei bestimmten Erkrankungen oder Putz- und Haushaltshilfen für Rollstuhlfahrer sein. Kein Mehrbedarf bestehe bei Praxisgebühren, Schulmaterialien und Schulverpflegung, Bekleidung und Schuhen in Übergrößen sowie Brillen, Zahnersatz oder orthopädischen Schuhen.
In seiner vor Beginn der Anhörung schriftlich verteilten Stellungnahme schreibt Klaus Lauterbach, Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, der Vorschlag der Koalitionsfraktionen sei ”grundsätzlich geeignet, den Neuregelungsauftrag verfassungskonform umzusetzen“. Der Ausnahmecharakter der Regelung könne aber deutlicher formuliert werden. Die Bundesagentur für Arbeit begrüßt die wörtliche Übernahme der Tatbestandsvoraussetzungen aus dem Urteil. Dadurch werde sichergestellt, ”dass ein gesetzlicher Anspruch auf zusätzliche Leistungen erst dann entsteht, wenn ein laufender unabweisbarer atypischer Bedarf besteht, der so erheblich ist, dass er nicht aus Einsparungen oder Leistungen Dritter gedeckt ist“. Dies entspreche dem Subsidiaritätsprinzip und dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Sicherstellung des menschenwürdigen Existenzminimums.
Kritisch zu dem Vorhaben äußert sich Professor Stefan Homburg vom Institut für Öffentliche Finanzen der Universität Hannover, der auf eine Erhöhung der Regelsätze um 23 Prozent (West) und 27 Prozent (Ost) innerhalb von 5 Jahren verweist und anmerkt: ”Eine mögliche Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestände folglich darin, die gewünschten Mehrbedarfe zu berücksichtigen und gleichzeitig die Regelsätze erheblich zu senken. Ein bloßes Aufsatteln würde dem Lohnabstandsgebot zuwiderlaufen.“
Die Verwendung von Negativbeispielen wie Schulbedarf in der Gesetzesbegründung kritisiert der Direktor des Sozialgerichts Potsdam, Johannes Graf von Pfeil. Gerade bei Schulbedarf handele es sich im Sinne der Härtefalldefinition um unabweisbare und auch wiederkehrende Bedarfe, die im Regelsatz für Kinder nicht berücksichtigt seien. Von Pfeil kritisiert das Verfahren, über ein sachfremdes Gesetz das Sozialgesetzbuch zu ändern, ohne die zuständigen Ausschüsse zu beteiligen. Auch der Paritätische Gesamtverband erklärt, es dürften keine Aufwendungen von vornherein ausgeschlossen werden.
Bei den Änderungen am Zukunftsinvestitionsgesetz geht es darum, die Voraussetzungen für Finanzhilfen an die Kommunen zu ändern. Bisher müssen die Vorhaben zusätzlich sein, das heißt, ihre Finanzierung darf nicht bereits im Etat gesichert sein und die Maßnahme wäre ohne Förderung nicht durchgeführt worden. Außerdem muss die Investition zu höheren Investitionsausgaben einer Kommune insgesamt führen. Dieses zweite Kriterium soll gestrichen werden. Der Finanzwissenschaftler Jan Schnellenbach (Universität Heidelberg) bezeichnet die Änderung als ”höchst problematisch“, da die Bedingung der vorhabenbezogenen Förderung leicht umgangen werden könne. Nur ein zweites Kriterium könne solche Manöver verhindern. Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, warnt, das alleine verbleibende Kriterium der vorhabenbezogenen Zusätzlichkeit könne nicht mehr sicherstellen, ”dass die Gebietskörperschaften mit ihren Investitionsausgaben eine anlässlich der Wirtschaftskrise notwendige gesamtstaatliche expansive Finanzpolitik stützen“. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sieht den ”beschäftigungspolitischen Erfolg“ des Zukunftsinvestitionsgesetzes gefährdet. Homburg kritisiert, das Kriterium der Zusätzlichkeit erzwinge einen Rückgriff auf nachrangige Maßnahmen: ”Jeder Rektor, dessen Schule mehrfach gestrichen wurde, während die Toilettenanalgen weiterhin unsaniert bleiben, kann diese Ineffizienzen aus eigener Anschauung bestätigen.“
Zum ursprünglichen Anliegen des Gesetzentwurfs, der Abschaffung des Finanzplanungsrates, meint Homburg, er würde noch einen Schritt weiter gehen und den Konjunkturrat auch abschaffen, der seit Ende der 1960er Jahre kaum noch Bedeutung habe.
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