Insgesamt zeichnete die Regierung jedoch ein ernüchterndes Bild der Lage in der Schiffsbauindustrie. Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise habe den maritimen Sektor aufgrund dessen internationaler Ausrichtung besonders getroffen. 90 Prozent des Welthandels würden über See abgewickelt. Der maritime Wirtschaftsbereich sei für Deutschland ”unverzichtbar“, zumal viele Betriebe ihren Sitz in strukturschwachen Gebieten hätten. Insgesamt sei die Zahl der Beschäftigten um 15 Prozent zurückgegangen, was einem Verlust von 3.400 Arbeitsplätzen entspreche. Sechs Schiffbaubetriebe hätten Konkurs angemeldet. Für vier Betriebe hätten allerdings neue Investoren gefunden werden können. Eine Werft sei endgültig stillgelegt worden, eine andere von einem Windanlagenbauer übernommen worden. Alle Werften würden inzwischen auf den Spezialschiffbau und nicht mehr auf den Bau von Containerschiffen setzen.
Die Regierung zeichnete immerhin einen positiven Ausblick. Es gebe solide und abgesicherte Schätzungen, dass die Umschlagmengen 2012, spätestens jedoch 2014 wieder das Niveau vor der Krise erreichen würden und es später sogar zu höheren Umsatzmengen kommen werde. Die Unternehmen müssten sich anstrengen, ihre Vorteile beim Spezialschiffbau nicht zu verlieren. Problematisch seien derzeit Schiffsfinanzierungen, räumte die Regierung ein.
Die SPD-Fraktion hob die Bedeutung des maritimen Sektors hervor. Sie verwies auch auf eine große Zulieferindustrie, die von Schiffsbauaufträgen abhängig sei. Auch die Unionsfraktion erklärte, mehr als die Hälfte des Branchenumsatzes werde nicht in Küstenländern, sondern von Zulieferbetrieben gemacht. Das Problem der Schiffsfinanzierung müsse angegangen werden, verlangte die Unionsfraktion. So habe eine deutsche Werft einen Auftrag nicht erhalten, weil ein anderes europäisches Land bessere Finanzierungskonditionen geboten habe. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangte eine Prüfung des Erfolgs aller staatlichen Fördermaßnahmen wie etwa der Exportgarantien.
Der Schiffsbau für Offshore-Windparks sei eine große Chance für die deutschen Werften, stellten die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die FDP-Fraktion fest. Die Linksfraktion erklärte, der traditionelle Schiffsbau sei nicht mehr rückholbar. Die FDP-Fraktion wies außerdem auf die Bedeutung des deutschen Marineschiffbaus hin. Die heimischen Unternehmen seien in diesem Bereich besonders leistungsfähig, etwa beim Bau von Schiffen, der zur Bekämpfung der Piraterie eingesetzt würden.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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