Berlin: (hib/STO/ELA) Die Zahl der Hinrichtungen im Iran ist laut Bundesregierung ”nach plausiblen Schätzungen“ 2009 im Vergleich zum Vorjahr je nach Quelle um 10 bis 16 Prozent gestiegen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort ( 17/1722) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke ( 17/1505) ausführt, gibt es im Iran keine offiziellen Statistiken zur Anzahl der vollstreckten Todesstrafen. Zwischen einigen EU-Botschaften in Teheran abgestimmten Statistiken zufolge seien 2009 mindestens 370 Menschen hingerichtet worden (2008: 318). Die französische Nachrichtenagentur AFP habe 2009 insgesamt 270 Hinrichtungen gezählt (2008: 246); Amnesty International nenne mindestens 388 (2008: 346). Die Zahlen bedeuteten ”eine Vervierfachung der Vollstreckung von Todesurteilen seit dem Amtsantritt von Präsident Ahmadinedschad“ im Jahr 2005, heißt es in der Vorlage weiter.
Die Todesstrafe kann der Antwort zufolge nach iranischem Recht für eine große Zahl von Delikten verhängt werden, darunter neben Mord, Hoch- und Landesverrat sowie Rauschgiftschmuggel auch ”Teilnahme an einem Umsturzversuch“, ”Beleidigung oder Entweihung von heiligen Institutionen des Islams oder heiligen Personen“ sowie Vergewaltigung und andere Sexualstraftaten (unter anderem ”homosexuelle Handlungen, Ehebruch, Geschlechtsverkehr eines Nichtmuslimen mit einer Muslimin“). Nach offiziellen Angaben werde die Todesstrafe überwiegend für Drogendelikte verhängt.
In ihrer Kleinen Anfrage verweist die Linksfraktion darauf, dass es im Zusammenhang mit der Parlamentswahl vom Juni vergangenen Jahres im Iran zu einer breiten Protestbewegung gekommen sei, auf die das Regime mit Repression und Zensur ”in unterschiedlichsten Formen reagiert“ habe. Für einzelne Unterstützer der Proteste im Iran sei die Situation so bedrohlich geworden, dass sie sich zur Flucht aus ihren Land entschieden hätten. Diese Flüchtlinge versuchten unter anderem, über die Türkei in die EU zu gelangen, um dort Asyl zu beantragen.
Laut Bundesregierung hat das Bundesinnenministerium im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt entschieden, ”in einer Reihe von begründeten Einzelfällen“ auf Grundlage des Paragrafen 22 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes schutzsuchende Iraner aus dem Ausland aufzunehmen. Dieser Gesetzespassage zufolge ist einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, ”wenn das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme erklärt hat“. Wie es in der Antwort der Bundesregierung weiter heißt, kommen für eine Aufnahme ”insbesondere solche Personen in Frage, die sich im besonderen Maße für Menschenrechte und Demokratie im Iran eingesetzt haben und die deswegen persönlicher Verfolgung ausgesetzt waren oder sind, darunter Menschenrechtsverteidiger und Journalisten“. Die Flüchtlinge würden in erster Linie aus der Türkei aufgenommen.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Michaela Hoffmann, Michael Klein,
Hans-Jürgen Leersch, Johanna Metz, Monika Pilath, Helmut
Stoltenberg, Alexander Weinlein