Berlin: (hib/JR/AW) Der Gorleben-Untersuchungsausschuss hat heute den Vorwurf der politischen Einflussnahme auf Wissenschaftler direkt untersucht: Mit der Vernehmung des Zeugen Helmut Röthemeyer nahm genau jener Abteilungsleiter der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Stellung, auf dessen damaligen Abschlussbericht 1983 zur Eignung Gorlebens als möglicher Standort für eine Endlagerung radioaktiver Abfälle sich der Verdacht der Einflussnahme konzentriert.
Rhötemeyer erklärte den Umstand, dass nach seinem Zwischenbericht im Endbericht der Vorschlag nach einer Suche weiterer möglicher Standorte fehlte, so: ”Ich habe dies in einem entsprechenden Gespräch am 11. Mai 1983 mit Ministeriumsvertretern als Weisung verstanden.“ Vertreter des Bundesinnenministeriums hätten entsorgungspolitische Gründe dafür angeführt. ”Das war ein sehr hartes Gespräch.“ Auf seine Argumente sei man gar nicht eingegangen. Natürlich sei eine vergleichende Untersuchung von Wert ”Wir waren aber allein mit unserem Standpunkt.“
Eine politische Einflussnahme auf seinen Endbericht wies Röthemeyer jedoch zurück: ”Es gab keine politischen Vorgaben im fachlichen sicherheitsmäßigen Bereich.“ Als Wissenschaftler habe er diese Entscheidung voll mitgetragen und sich niemals in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt gesehen. Für die Frage, ob der Standort Gorleben für eine Endlagerung eignungshöffig sei, sei diese Weisung völlig bedeutungslos gewesen. Den ursprünglichen Vorschlag, auch alternative Standorte zu erkunden, bettete Röthemeyer unter anderem in die damalige Annahme von 1983, dass weitaus mehr radioaktive Abfälle anfallen würden, als es bis heute tatsächlich geschehen ist. ”Vorsorglich wäre es zweckmäßig gewesen, andere Standorte zu erkunden.“ Einen veränderten Umgang mit Kabinettsvertretern seit der Regierungsübernahme der Koalition aus CDU/CSU und FDP unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) habe er indes nicht in Erinnerung.
Im Bundestagswahlkampf 2009 hatte der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) Unterlagen zur Genese des PTB-Berichts von 1983 veröffentlicht. ”Das war historisch alles bekannt“, sagte Röthemeyer, ”eigentlich uralte Kamellen.“ Über die Umstände des Berichts und die entsprechende Ministeriumsweisung habe er bereits in der Vergangenheit in öffentlichen Sitzungen des Niedersächsischen Landtags und des Innenausschusses des Bundestages gesprochen. ”Die gleiche Diskussion wie heute mussten wir 1983 durchstehen.“ Röthemeyer kritisierte desweiteren Presseveröffentlichungen mit Aussagen von ihm, in denen er sich nicht vollständig wiedergegeben sah – so zum Beispiel sein Plädoyer für eine zügige Erkundung des Salzstocks von Gorleben. ”Die positiven Ergebnisse passten wohl nicht zum Skandal-Szenario.“
Röthemeyer sagte, dass die Erkenntnisse in Bezug auf die Eignung Gorlebens stark gewachsen seinen. Trotz des vielfältigen Geschehens innerhalb von 200 Millionen Jahren habe sich das Gestein im Salzstock praktisch nicht verändert. ”Besser kann man es bei einem Salzstock nicht haben.“ Er schloss: ”Gorleben könnte durchaus ungeeignet sein für eine Endlagerung. Aber wir wüssten es, wenn wir die Untersuchungen vorangetrieben hätten.“
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