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"20 Jahre Deutsche Einheit - unsere Zukunft in Europa" hieß das Erfolgsstück, aufgeführt im überfüllten griechischen Theater der Konrad-Adenauer-Stiftung am Mittwoch, 15. September 2010, in Berlin. Es wurde für die Protagonisten - den Präsidenten des polnischen Sejm, des Deutschen Bundestages und - in Vertretung des französischen Parlamentspräsidenten - des Vorsitzenden der französisch-deutschen Parlamentariergruppe der französischen Nationalversammlung, Yves Bur - ein Abend unter Freunden. Man feierte jenseits der deutschen Einheit das Wunder der europäischen Einigung; man feierte das "Weimarer Dreieck", das Polens Parlamentspräsident Grzegorz Schetyna als Chance begriff, "zum Motor für Europa zu werden".
Das Weimarer Dreieck entstand 1991 aus einem Treffen des deutschen, polnischen und französischen Außenministers. Es waren solche konkreten Aussagen, die persönlichen Erinnerungen und Anekdoten, die dem an sich leicht ins Abstrakte hätten abgleitenden Thema die Würze gaben.
Es war der Franzose aus Straßburg, der einerseits im Mai 1989 in Ost-Berlin die "kalte Diktatur" gespürt haben will, andererseits das Misstrauen seiner Landsleute damals, ihre Beunruhigung über einen etwaigen "deutschen Sonderweg" so zu formulieren wusste: "Die Dinge hätten auch anders laufen können." Hätten sie wirklich?
Oder was die Furcht seiner Landsleute vor der angeblichen Flut an polnischen Handwerkern betraf, der "polnischen Klempner": "Alles vorbei." Einig war man sich über das Glück der Deutschen angesichts des Mauerfalls - so einig, dass Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert schon warnend eingriff ob so viel "demokratischer Urgewalt", deren "Vitalität wir alle buchstäblich noch vor Augen haben".
Diese sei damals nicht einfach vom Himmel gefallen. Es komme deshalb jetzt darauf an, etwas von dieser "Urgewalt über die Ereignisse hinwegzuretten" - ins Jetzt, ins Heute, 20 Jahre später, da die nostalgische Verklärung beginne.
Dazu eigneten sich die gern leicht belächelten Rituale, die Politik nötig habe. Und das erfolgreiche "Weimarer Dreiecksverhältnis" - eine Konstellation, die doch "gemeinhin als instabil" gelte - hätte in diesem Fall bewiesen, dass sie zur Krisenlösung tauglich sei.
Norbert Lammert machte das am Beispiel der gegenwärtigen Finanzkrise deutlich. Hier habe man sich zu Lösungen durchgerungen, wiewohl die einzelnen Länder ursprünglich "signifikant unterschiedliche" Lösungsansätze gehabt hätten.
Angesprochen auf die Einwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen, zog der Parlamentspräsident ein fast euphorisches Fazit: "Das hätten wir uns vor 20 Jahren vielleicht träumen lassen", warf er mit leidenschaftlicher Geste in den Saal, was inzwischen längst Realität geworden sei: Dass nämlich er mit seinem Kollegen Bronisław Komorowski, dem früheren Parlaments- und heutigen Staatspräsidenten, wie "Pat und Paterchon" durch die europäischen Lande gereist sei.
Komorowski sei ihm jetzt zwar - als neuer polnischer Staatspräsident - abhanden gekommen, wandte er sich lächelnd an dessen Nachfolger, ohne diesen Satz weiter erklären zu müssen. Er endete ohnehin im Gelächter.
Komorowskis erster Besuch in Deutschland vor wenigen Tagen hatte ihn denn auch gleich zu seinem Freund Norbert Lammert geführt.
Auf die Frage der Moderatorin Jacqueline Boysen, wie bei der rasanten Entwicklung Europa in 20 Jahren aussehen werde, reagierten die drei Podiumsteilnehmer optimistisch,wenn auch hier mit unterschiedlichen Ansätzen.
Der Franzose Bur, der seinen Parlamentspräsidenten Bernard Accoyer wegen der schwierigen Debatte in der französischen Nationalversammlung um die Anhebung des Rentenalters von 60 auf 62 Jahre -auch hier Gelächter im Saal - vertreten musste, mahnte die gemeinsame Arbeit auf dem Balkan, an den Toren Europas, an und verwies auf das Problem: "Wie können wir unsere Werte verteidigen in einer globalen Welt, die uns keine Zeit lässt?"
Der polnische Gast der Adenauer-Stiftung schlug noch einen Bogen - von der Gründung der Solidarność 1980, bis zur Vollendung ihres Werkes mit dem Beitritt seines Landes 2007 zum Schengener Abkommen. Der Fall der Mauer 1989 sei die prägendste Zwischenetappe gewesen.
Danach kamen zwei Sätze, zwei Bitten: "Gebt uns Zeit" und: "Lasst uns normal arbeiten."
Differenziert und nun wieder zurückhaltender Lammert: Man möge mit der Fantasie, was in 20 Jahren sei, ein bisschen vorsichtig umgehen. Es gelte, den "Funken (der Begeisterung von 1989) am Glimmen zu halten".
Nüchterner, pragmatischer kann (und braucht) Politik nicht zu sein. (tes)