"Gleichstellung der Frauen verwirklichen"

Geschäftsfrau und -mann begegnen sich

Frauen sind heutzutage im Durchschnitt besser ausgebildet als Männer, und trotzdem sind sie in der Arbeitswelt in Deutschland noch immer deutlich benachteiligt. Der Bundestag berät am Freitag, 12. November 2010, ab 13 Uhr in 45-minütiger Debatte abschließend über zwei Anträge der SPD und der Linksfraktion, die gesetzliche Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen fordern. Während Die Linke sich in ihrem Antrag ( 17/891) auf die Durchsetzung der Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern konzentriert, fasst die SPD ihre Forderungen im Antrag "Mit gesetzlichen Regelungen die Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben umgehend durchsetzen" ( 17/821) um einiges weiter. "Die Gleichstellungspolitik in Deutschland braucht neue Impulse", heißt es bei der SPD. Alles Wesentliche zu dieser Zielsetzung sei "viele Male gesagt". "Ansätze blieben jedoch stecken, Zusagen auf der Grundlage von freiwilligen Vereinbarungen wurden nicht oder nicht hinreichend umgesetzt." Deshalb müssten "klare gesetzliche Regelungen jetzt für Eindeutigkeit und Verbindlichkeit sorgen".

Linke: Lohngefälle von 20 Prozent

Ähnlich argumentiert Die Linke. "Trotz verschiedenster Versuche von Bundesregierungen, durch freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, durch Appelle, Aktionstage oder Förderprogramme das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zu verringern, bewegt sich diese Differenz seit Jahren konstant über 20 Prozent", heißt es im Antrag der Fraktion. Je nach Berechnungsbasis liege der Bruttostundenverdienst von Frauen zwischen 22 und 24 Prozent unter dem der Männer.

Eine Vielzahl von Faktoren sei die Ursache. So betrage der Frauenanteil im Niedriglohnsektor 70 Prozent. Auch dass viele Mütter wegen der schlechten Vereinbarkeit von Beruf und Familie unfreiwillig in Teilzeit arbeiten müssten, sei ein Grund. Gefördert werde dies noch durch das Ehegattensplitting im Steuerrecht, das "steuerliche Anreize für die konservative Hausfrauenrolle" setze. Die Bundesregierung habe sich zwar zum Ziel gesetzt, die Lohnlücke bis zum Jahr 2020 auf zehn Prozent zu reduzieren. Bislang seien aber keine konkreten Schritte unternommen worden. Die bisherigen Maßnahmen seien "völlig unzureichend".

"Gesetzgeber muss eingreifen"

Stattdessen fordert die Linksfraktion in ihrem Antrag unter anderem die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro pro Stunde, die Abschaffung des Ehegattensplittings, eine gesetzliche Verpflichtung der Tarifparteien zum Abbau diskriminierender Entgeltsysteme, die Erarbeitung eines Gleichstellungsgesetzes für die Privatwirtschaft und die Verbesserung der individuellen und kollektiven Klagemöglichkeiten bei direkter und indirekter Lohndiskriminierung.

"Ohne ein Eingreifen des Gesetzgebers wird Entgeltgleichheit in absehbarer Zeit nicht erreicht werden", argumentiert die Fraktion. Vorbild könnten andere Länder sein: So sei in Großbritannien nach der Einführung eines Mindestlohnes im Jahr 1999 der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern innerhalb von sechs Jahren um vier Prozentpunkte gesunken.

SPD: Aktive Gleichstellungspolitik in Unternehmen erforderlich

Eine Reihe dieser Forderungen stellt auch die SPD auf. Um die strukturellen Ursachen der Entgeltungleichheit zu beseitigen, bedürfe es "einer aktiv gestaltenden Gleichstellungspolitik in den Unternehmen, wozu der Gesetzgeber sie verpflichten muss", heißt es in deren Antrag. Konkret fordert die SPD die Ergänzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes "um ein explizites Verbot von Entgeltdiskriminierung", die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes und die Vorlage eines Entgeltgleichheitsgesetzes.

Darüber hinaus verlangt die Fraktion aber auch, dass öffentliche Aufträge künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die Frauen und Männer gleich entlohnen und je nach Betriebsgröße Gleichstellungspläne haben sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen und fördern. In Vorständen Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften soll nach dem Willen der SPD per Gesetz eine Frauenquote von 40 Prozent eingeführt werden. Der Staat wiederum müsse für einen Ausbau des Angebots zur Kinderbetreuung sorgen, die möglichst beitragsfrei sein solle. (mey)