Navigationspfad: Startseite > Dokumente & Recherche > Textarchiv > 2009 > Rechtstellungskommission
Es gibt parlamentarische Gremien, die eher selten im Licht der Öffentlichkeit stehen. Dazu zählen die fünf Kommissionen des Ältestenrates. Sie unterstützen ihn darin, die vielfältigen inneren Angelegenheiten des Bundestages zu regeln. Eines ist diesen Kommissionen gemeinsam: Ohne sie würde es im Parlament drunter und drüber gehen. Wir beenden unsere Porträt-Serie mit der Rechtstellungskommission des Ältestenrates.
622 Abgeordnete gehören dem 17. Deutschen Bundestag an, 202 davon sind zum ersten Mal ins Parlament eingezogen. Für sie beginnt eine aufregende Zeit mit vielen neuen Aufgaben, Rechten und Pflichten. Denn als Parlamentarier haben sie einen ganz besonderen Status, der im Artikel 38 des Grundgesetzes verankert ist.
Dort heißt es: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." Und weiter: "Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz."
Abgeordnetengesetz heißt dieses Bundesgesetz. Auf der Basis des im Grundgesetz festgeschriebenen freien Mandats der Parlamentarier regelt es unter anderem ihre Rechtsverhältnisse, den Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft im Bundestag, das Verhältnis von Mandat und Beruf und die finanziellen Leistungen, auf die die Abgeordneten Anspruch haben.
Mit allen rechtlichen Fragen, die sich aus dieser besonderen verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Stellung der Volksvertreter ergeben, beschäftigt sich die Rechtstellungskommission des Ältestenrates. "Wann immer das Abgeordnetengesetz geändert werden oder neue Pflichten der Abgeordneten geregelt werden sollen, ist die Kommission zuständig, damit die Sicht der Abgeordneten angemessen Berücksichtigung findet", erklärt Dr. Hermann Otto Solms (FDP). Der Vizepräsident des Bundestages ist Vorsitzender des Gremiums, dem derzeit neun Abgeordnete aller Fraktionen ihrem Stärkeverhältnis im Parlament entsprechend angehören.
Zwar hat die Rechtstellungskommission eine rein beratende Funktion. Dennoch werden ihre Empfehlungen an den Ältestenrat aufmerksam registriert. Denn ihr Wort hat Gewicht. Zudem stoßen Regelungen, die den Gesetzgeber selbst betreffen, naturgemäß auf großes Interesse in der Öffentlichkeit.
"Bekanntestes Beispiel der Kommissionstätigkeit ist die Beratung über die Erweiterung der Anzeige und Veröffentlichung von Nebeneinkünften der Abgeordneten, die in der 15. Wahlperiode von der damaligen rot-grünen Regierungskoalition beantragt wurde", erzählt Solms. "Die Diskussion dazu hat vor allem in der Rechtstellungskommission stattgefunden."
Streitpunkt war dabei vor allem die Frage, inwieweit durch die geplante Neuregelung der Datenschutz der Abgeordneten und Rechte Dritter betroffen seien. Weil die Meinungen dazu bei den Kommissionsmitgliedern auseinander gingen, kamen sie letztlich zu keiner abschließenden Empfehlung.
Schließlich setzte die rot-grüne Koalition im Sommer 2005 im Bundestag die von ihr geplante Novellierung des Abgeordnetengesetzes durch. Zugleich wurden die in der Geschäftsordnung des Bundestages festgelegten Verhaltensregeln für Abgeordnete geändert. Danach müssen die Abgeordneten dem Bundestagspräsidenten nicht nur wie bisher anzeigen, welche bezahlten Tätigkeiten sie neben dem Mandat ausüben, sondern auch ihre Einkünfte daraus angeben.
Seit Juli 2007 werden diese Angaben im Amtlichen Handbuch und auf der Internetseite des Bundestages in drei Einkommensstufen ausgewiesen. Die Folgen dieser Neuregelung etwa für Abgeordnete, die als Anwälte tätig sind, sind weitreichend und beschäftigen die Kommission bis heute.
Ein weiteres Thema, mit dem sich die Kommission in den letzten Jahren intensiv auseinandergesetzt hat, ist die steuerfreie Kostenpauschale in Höhe von derzeit 3.868 Euro monatlich. Sie steht den Abgeordneten zur Verfügung, um die Aufwendungen abzudecken, die ihnen durch die Ausübung ihres Mandats entstehen. Dazu zählen unter anderem Ausgaben für den Unterhalt eines Wahlkreisbüros, Fahrten im Wahlkreis und die Kosten für eine Zweitwohnung in Berlin.
Gegen diese Pauschale hatten mehrere Bürger geklagt. Sie sahen sich den Abgeordneten gegenüber benachteiligt, weil sie keine entsprechenden Freibeträge für ihre Werbungskosten hätten. Doch der Bundesfinanzhof, das oberste deutsche Steuergericht, wies die Klagen Anfang Oktober 2008 ab, weil die Tätigkeit der Abgeordneten mit ihren besonderen Verpflichtungen aus dem Mandat nicht mit anderen Berufsgruppen vergleichbar sei.
Solms ist mit dem Urteil, das dem freien Mandat der Abgeordneten Rechnung trägt, zufrieden. Zugleich ist ihm bewusst, wie sensibel gerade das Thema der finanziellen Ausstattung der Parlamentarier wahrgenommen wird. "Mir ist es wichtig, dass es nicht zu einem verzerrten Bild der Abgeordneten in der Öffentlichkeit kommt", erklärt der FDP-Abgeordnete. "Unsere Verfassung sichert die repräsentative und freie Stellung der Volksvertreter. Daraus ergeben sich Rechte, aber natürlich auch Pflichten. Diesen Zusammenhang soll die Arbeit der Rechtstellungskommission vermitteln."