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Ein Vorstoß der SPD für eine zügigere Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit den Ländern Südosteuropas hat am Donnerstag, 3. Dezember 2009, im Bundestag keine Mehrheit gefunden. Der SPD-Europapolitiker Dietmar Nietan forderte die Bundesregierung auf, sich innerhalb der EU dafür einzusetzen, dass wieder Schwung in die stockenden Beitrittsgespräche mit den Ländern des West-Balkans komme. Nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon sei jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. „Die proeuropäischen Kräfte auf dem Balkan brauchen unsere Unterstützung.“ In dem SPD-Antrag ( 17/106) heißt es: „Es ist im europäischen Interesse, dass diese Länder mit knapp 20 Millionen Einwohnern, inzwischen eine Enklave in der EU, einen neuen und nachhaltigen Impuls für eine EU-Mitgliedschaft erhalten.“ CDU/CSU, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten gegen den Antrag.
CDU/CSU und FDP betonten, dass die Bundesregierung zu der auf dem EU-Gipfel von Thessaloniki verabschiedeten Agenda für einen EU-Beitritt von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Makedonien, Montenegro und Serbien stehe.
Allerdings müsse es sich dabei um ergebnisoffene Verhandlungen handeln, deren Ausgang von den gemachten Fortschritten beim Demokratisierungsprozess abhänge.
Der CDU-Europapolitiker Peter Beyer verwies in der rund 40-minütigen Debatte darauf, dass es eine Aufweichung der Beitrittskriterien nicht geben dürfe. Deshalb wäre die Nennung eines Beitrittstermins auch vor Ende der Gespräche seiner Meinung nach nicht sinnvoll.
In den Ländern des westlichen Balkans habe es zwar in der jüngsten Vergangenheit Fortschritte geben, aber in unterschiedlichem Ausmaß, sagte Beyer. Als Beispiel nannte er die Zunahme von ethnischen Spannungen. „Hier liegt der Grund dafür, warum der Motor in Richtung EU stottert“, sagte Beyer.
Oliver Luksic, FDP-Mitglied im Europaausschuss, sagte: „Der Westbalkan darf keine nichteuropäische Insel inmitten von Europa sein.“ Stabile gesellschaftliche Verhältnisse in Südosteuropa seien im deutschen Interesse. Luksic plädierte jedoch für eine Einzelfallprüfung, wenn es um die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gehe.
Der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum (CDU/CSU), sagte: „Wir haben Interesse daran, dass die Länder fit gemacht werden für Europa.“ Es gelte aber das Prinzip der eigenen Verdienste. Als bizarr bezeichnete er den Namensstreit zwischen Makedonien und Griechenland. „Wir erwarten, dass bilaterale Streitigkeiten nicht auf EU-Ebene hochgehievt werden“, sagte er.
Griechenland, das seit seinem Beitritt 1981 größter Zahlungsempfänger der EU sei, fordert er zum Einlenken auf. Seit der Unabhängigkeitserklärung von Makedonien 1991 wehrt sich Griechenland gegen den Namen des Nachbarn, weil Makedonien auch der Name einer nordgriechischen Provinz ist.
Die Sprecherin für Osteuropa der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Marieluise Beck, fragte, warum es nicht die Kraft gebe, Griechenland zu sagen, dass dieser Streit nicht dem Geist der EU entspreche. Es gehe um die Überwindung von Nationalismus, betonte sie.
Der europapolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Dieter Dehm, warf den anderen Fraktionen vor, sich für ein Europa der Eliten einzusetzen indem sie Volksabstimmungen abgelehnten. Mit dem neoliberalen Lissabon-Vertrag würden die Herzen der Menschen in Europa nicht erreicht, sagte Dehm.
Der Europäische Rat hatte allen Staaten des westlichen Balkans bereits 1999 eine Beitrittsperspektive eröffnet. Auf dem EU-Gipfel in Theassloniki 2003 wurde dieses Ziel bekräftigt. Allerdings sind die Reformen und die Annäherung an die EU in den Ländern unterschiedlich ausgeprägt. So sind Kroatien und die ehemalige jugoslawische Republik Makedonien bereits Beitrittskandidaten.
Bosnien-Herzegowina, Albanien, Serbien, Montenegro und Kosovo haben Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet. Im Fall von Serbien verlangt die EU eine vollständige Kooperation mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. In jüngster Zeit macht auch die Zunahme von Nationalismus auf dem Balkan der EU Sorge.
Für regionale Stabilität wird nach Einschätzung der EU auch die Lösung der Kosovo-Frage von entscheidender Beideutung sein. Kosovo hatte 2009 seine Unabhängigkeit ausgerufen, wird aber von Serbien weiterhin nur als autonome Provinz anerkannt. Die Bundesregierung hatte mehrfach bekundet, die Länder Südosteuropas auf ihrem Reformweg aktiv und kontinuierlich zu unterstützen.