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Der Bund will weniger für Wohn- und Heizkosten von Hartz-IV-Empfängern zahlen. © dpa-Report / Collage: Za
Nach halbstündiger Debatte hat der Bundestag am Freitag,4. Dezember 2009 die Beteiligung des Bundes an den Wohn- und Heizkosten von Hartz-IV-Empfängern neu angepasst. Mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion sowie bei Enthaltung der SPD verabschiedeten die Abgeordneten den Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem die Bundeszuschüsse von derzeit 26 Prozent auf bundesdurchschnittlich 23,6 Prozent ab 2010 gesenkt werden ( 17/41, 17/137), ohne Änderungen. Damit zahlt der Bund im kommenden Jahr 3,7 Milliarden Euro an die Kommunen.
Keine Mehrheit fanden dagegen ein Antrag der Linken ( 17/75) und ein Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen ( 17/150). Die Opposition kritisierte die Senkung des Bundesanteils. Damit setze der Bund den Kommunen die finanziellen „Daumenschrauben“ an. Die Haushaltslage der Städte und Gemeinden sei ohnehin schon angespannt genug, hieß es.
„Regelung ist sachgerecht“
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Arbeit- und Sozialministerium, wollte solche Argumente der Opposition nicht gelten lassen. Er verwies darauf, dass die Kommunen selbst den Vorschlag gemacht hätten, die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften zur Berechnungsgrundlage für den Bundesanteil zu machen.
Es geschehe aber auch mit gutem Grund, dass der Bund sich an den Kosten für Unterbringung und Heizkosten beteilige, sagte der CDU-Politiker: „So ist der Bund in der Lage, auf die Zahl der Bedarfsgemeinschaften Einfluss zu nehmen.“ Brauksiepe erinnerte auch daran, dass der Anteil des Bundes, bevor man den Kompromiss der Anpassungsformel mit den Länder gefunden habe, bei 4,4 Millionen festgesetzt gewesen sein.
Dann habe der Bund aber Zugeständnisse gemacht, die Länder hätten im Gegenzug der jetzt geltenden Vereinbarung zugestimmt. Das sei noch gar nicht so lange her: Die „Halbwertszeit“ von Beschlüssen sollte schon ein wenig länger halten als ein Jahr, mahnte der Staatssekretär. Brauksiepe betonte, die jetzt geltende Vereinbarung sei „sachgerecht“.
Steuergesetzgebung verhindert die Zustimmung
Das sah Angelika Krüger-Leißner (SPD) anders: Zwar habe ihre Fraktion vorgehabt, den Gesetzentwurf, der ursprünglich von dem sozialdemokratischen früheren Arbeitsminister Olaf Scholz erarbeitet worden war, mitzutragen. Doch die Situation habe sich spätestens mit der Verabschiedung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes gründlich verändert, argumentierte die Abgeordnete.
Kommunen hätten nun mit 1,1 Milliarden Einnahmenverlusten zu rechnen „wegen zweifelhafter Steuergeschenke“. Das stelle eine „Änderung der Geschäftsgrundlage“ dar. Die Kommunen treibe das in den Ruin, kritisierte Krüger-Leißner. Vor diesem Hintergrund könne die SPD dem Gesetz nicht zustimmen, es würde die Situation der Städte und Gemeinden weiter verschärfen.
Die Politikerin kündigte an, ihre Fraktion werde einen neuen Vorschlag vorlegen, wie die Anpassungsformel modifiziert werden könne. So müssten zukünftig die Kosten, die regionalen Unterschiede und die Größe der Bedarfsgemeinschaften miteinbezogen werden.
„Konzepte, die den Menschen wirklich zugute kommen“
Pascal Kobe (FDP) kündigte an, seine Fraktion werde dem Gesetz zustimmen. Der Liberale signalisierte aber auch, die FDP werde kritisch prüfen, ob es für die Zukunft nicht eine sachgerechtere Lösung gebe. Kobe sagte, die Situation der Kommunen sei ernst zu nehmen, dennoch müsse man sich auch vergegenwärtigen, dass man erst vor kurzer Zeit den jetzt geltenden Kompromiss in der Anpassungsformel gefunden habe.
Als Arbeitsmarkpolitiker sehe er seine Rolle nicht darin, bei „den Haushaltspolitikern Forderungen“ zu stellen, sondern Konzepte zu erarbeiten, die den Betroffenen wirklich zugute kämen. Grundsätzlich begreife er dies als Querschnittsaufgabe.
Gerade mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz habe die Koalition nun den Anfang damit gemacht, die Wirtschaft zu stärken. Das würden auch die Kommunen bald merken, denn bei wachsender Konjunktur würden deren Kosten für Sozialausgaben sinken.
Berechnungsgrundlage den tatsächlichen Kosten anpassen
Katrin Kunert (Die Linke) betonte, der Bundestag entscheide nun darüber, ob er die Kommunen weiter im Regen stehen lassen wolle. Die Anpassungsformel müsse unbedingt verändert werden, wenn man die Realität der Kommunen betrachte. Diese seien seit Jahren mit steigenden Kosten für Miete und Heizkosten der Arbeitslosengeld-II-Empfänger konfrontiert. Das seien nun 13,8 Milliarden.
Darauf könnten die Kommunen nicht sitzen gelassen werden, denn es sei zu befürchteten, dass diese den Druck an die Betroffenen weiterreichten. „Es geht doch darum, die Leistung sicherzustellen“, bekräftigte Kunert. Sie forderte, die Berechnungsgrundslage den tatsächlichen Kosten anzupassen.
Wenn es zudem wirklich das Ziel der Bundesregierung sei, die Menschen aus dem Arbeitslosengeld II „herauszuholen“ und so die Kosten zu senken, dann gebe es nur einen Weg: „Führen Sie Mindestlöhne ein, dann brauchen die Menschen zusätzliche Leistungen nicht mehr!“ Das Gesetz lehnte Kunert ab: „Sie drehen den Kommunen die Daumenschrauben an. Dazu sagen wir nein!“
„Unwürdiger Kuhhandel mit den Ländern“
Markus Kurth (Bündnis 90/ Die Grünen) attackierte die Bundesregierung scharf: „Heute werden wir Zeugen eines bemerkenswerten Doppelschlags gegen die kommunale Selbstverwaltung.“ Am Morgen sei durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz die Einnahmenseite von Städten und Gemeinden geschwächt worden, nun kämen auch noch auf die Ausgabenseite weitere Belastungen zu, monierte der Grüne-Politiker
Die Leidtragenden seien aber immer die Bürger, insbesondere aber die Hartz-IV-Bezieher. „Die werden bald von den Kommunen mit neuen Mietobergrenzen konfrontiert“, prognostizierte Kurth. Die Berechnungsgrundlage nannte er einen „unwürdigen Kuhhandel“ mit den Ländern, die ihrer Verantwortung für die Kommunen nicht gerecht geworden wären.
Die Formel sei offensichtlich untauglich und müsse verändert werden. „Warum geben wir keinen festen Anteil zu den realen Kosten?“
„Planungs- und Rechtssicherheit für Bund, Länder und Kommunen“
Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) plädierte dafür, die Diskussion zu versachlichen: Die geltenden Anpassungsformel sei erst 2006 auf den Weg gebracht und 2008 entfristet worden: „Das ist noch nicht lange her.“ Man könne nicht immer über Verlässlichkeit in der Politik reden und nicht so handeln.
Der Unions-Abgeordnete wollte zwar nicht abstreiten, dass die Formel „Risiken“ enthalte. Dennoch hätten alle Beteiligten gewusst, worauf sie sich einließen. Grundsätzlich sei etwas anderes jetzt wichtig: “Wir schaffen Planungssicherheit und Rechtssicherheit für Bund, Länder und Kommunen.“ Das sei ein „hohes Gut“, das man sich aufs Spiel setzen dürfe.
Die Anpassung der Bundesbeteiligung per Gesetz war überhaupt notwendig geworden, weil die Zahl der so genannten Bedarfsgemeinschaften um 0,5 Prozent zwischen Juli 2008 und Juli 2009 gestiegen war. Das legt eine Anpassungsformel fest, auf die sich Bund und Länder 2006 geeinigt haben. Seit 2008 wird danach die Höhe des Bundesanteils errechnet.