Navigationspfad: Startseite > Dokumente & Recherche > Textarchiv > 2009 > 17.12.2009: Grundsicherung
"Wir brauchen Hilfe aus einer Hand", sagte Hubertus Heil (SPD) am Donnerstag, 17. Dezember 2009, in der Debatte über die Grundsicherung von Arbeitslosen. Der Bundestag beriet in erster Lesung über drei Gesetzentwürfe von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gemeinsames Ziel der Vorlagen: Kommunen und die Bundesanstalt für Arbeit sollen auch künftig gemeinsam Langzeitarbeitslose betreuen können. Union und FDP kritisierten die Entwürfe und betonten, dass eine Verfassungsänderung nicht unmittelbar notwendig sei.
Die SPD-Fraktion hatte eine Grundgesetzänderung ( 17/182) und einen Gesetzentwurf ( 17/181) vorgelegt. Sie will "Zentren für Arbeit und Grundsicherung" errichten. Auch Bündnis 90/Die Grünen haben einen Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes eingebracht ( 17/206). Die Vorlagen wurden an die Ausschüsse überwiesen.
Heil warb um Unterstützung, damit die Zusammenarbeit von Arbeitsverwaltung und Kommunen in den vorgeschlagenen "Zentren für Arbeit und Grundsicherung" verfassungsrechtlich abgesichert werden könne. Die SPD-Fraktion sei auch gesprächsbereit "über eine moderate Erhöhung der Optionskommunen". Heil betonte: "Wir brauchen eine Lösung, die verfassungsfest ist, die den Lebensrealitäten der Menschen und den kommunalen Bedürfnissen entspricht."
Nach Ansicht von Thomas Dörflinger (CDU/CSU) stellen die SPD-Entwürfe keine tragfähige Lösung für die Zukunft dar. Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau sehe er nicht. Im Gegenteil, es entstünde neue Bürokratie.
In Übereinstimmung mit den Oppositionsentwürfen tritt auch er für eine unbefristete Beteiligung der 69 Kommunen ein, die von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben, die Grundsicherung mit den Arbeitsagenturen zusammen in Arbeitsgemeinschaften zu verwalten. Es müsse Leistung möglichst aus einer Hand, "mindestens unter einem Dach" geben. Durchführbar sei das auch ohne Grundgesetzänderung. Diese solle aber für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden.
Prinzipielle Kritik an der Hartz-IV-Gesetzgebung kam von Katja Kipping (Die Linke). Sie mahnte, dass die Bundesagentur für Arbeit "wieder demokratisiert" werden müsse. Fünf Jahre Hartz IV stehen nach Ansicht von Kipping für "fünf Jahre Armut per Gesetz" und "Stigmatisierung per Gesetz".
Hartz-IV-Empfänger hätten keine finanziellen Polster, es gehe bei ihnen sofort um existenzielle Fragen. Daher müsse Schluss sein "mit Sanktionen, wenn es ums Existenzielle geht". Die Erwerbslosigkeit sei ein gesamtgesellschaftliches Problem und bedürfe einheitlicher Standards im Bund.
Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe habe sich bewährt, erklärte Heinrich L. Kolb (FDP). Aber es seien Fehler gemacht wurden, das zeige das Urteil des Bundesverfassungsgericht im Jahr 2007. Das Gericht hatte entschieden, dass die derzeitige Form der Zusammenarbeit in den Arbeitsgemeinschaften (Argen) unvereinbar mit dem Grundgesetz ist.
Daher gelte es, so Kolb, angemessene Antworten zu finden, und nicht mit dem "Kopf durch die Wand" zu rennen. Man sei weiterhin bereit, über eine Verfassungsänderung zu reden, jedoch nicht im Sinne der Vorschläge von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.
Brigitte Pothmer (Bündnis 90/Die Grünen) bemängelte die Koalitionsvereinbarungen zum Thema Grundsicherung. Schwarz-Gelb setze sich für eine "getrennte Trägerschaft bei freiwilliger Kooperation" ein. Also müssten sich die Behörden zunächst trennen und dann wieder zusammenzuarbeiten.
Pothmer kritisierte auch die dominante Rolle der Bundesagentur für Arbeit gegenüber den Kommunen. Die Vereinbarungen seien "bürokratischer Irrsinn" und nicht verfassungskonform. Sie prognostizierte neue Verfassungsklagen.