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Georg Karl Pfahler "Farb-Raum-Objekt", Acryl auf Holz © DBT/Friedrich Rosenstiel
Den Sitzungssaal für eines der wichtigsten parlamentarischen Gremien, den Ältestenrat, hat der Stuttgarter Künstler Georg Karl Pfahler gestaltet. In Fortentwicklung seiner Serie der "Espan"-Bilder scheinen farbige Rechtecke, mit einer geschickten optischen Täuschung inszeniert, von den Wänden herabzufallen, ja geradezu über die blauen Holzpaneele hinwegzutanzen.
So reagiert der Künstler souverän auf die vorgegebenen
starkfarbigen Holzpaneele, indem er ihnen ein durchdachtes eigenes
Farbkonzept entgegensetzt, das vom Gegen- und Miteinanderspielen
der Farben, ihrer Überlagerung und Weiterentwicklung lebt und
auf diese Weise eine eigene Farbräumlichkeit schafft. Durch
Pfahlers spezifisch süddeutschen Akzent ist das
Reichstagsgebäude um einen heiter-festlichen Raum reicher
geworden.
Ähnlich wie bei Gotthard Graubner steht am Beginn von
Pfahlers Weg zur eigenen künstlerischen Ausdrucksform die
Reaktion auf die Stilrichtung des Informel der 1950er-Jahre.
Früh löst er sich von seinen ersten tachistischen Werken,
in denen noch die individuelle Pinselführung erkennbar ist.
Die nun für ihn charakteristischen Arbeiten hingegen sind
durch eine eigentümliche Verbindung geometrischer reiner
Farbflächen mit scheinbar tiefenräumlichen
Illusionseffekten gekennzeichnet. So steht im Mittelpunkt seiner
künstlerischen Arbeit die in zahlreichen Serien vorgenommene
Erforschung der räumlichen Wirkungskraft von Farben. Dieses
räumliche Spannungsmoment erzeugt Pfahler in Grafiken und
Gemälden oft dadurch, dass seine Farbformen angeschnitten sind
und aus dem vorgegebenen Bildraum herauszudrängen scheinen,
also eine Interaktion zum umgebenden Raum aufnehmen.
In der Konsequenz dieses künstlerischen Gedankengangs lag es, dass Pfahler bereits früh von Grafiken und Gemälden zur Gestaltung ganzer Farbräume vorstieß - weltweit beachtet beispielsweise auf der "Biennale" in Venedig 1970. Er wollte das Wechselspiel zwischen Farbe und Raum im Dreidimensionalen erforschen und dabei erproben, wie Farben Raumerlebnisse und die Veränderung der Wahrnehmung von Räumen bewirken können. Pfahlers Ziel bei der Konzeption von Farbräumen ist es, durch seine Kunst über den engen Raum des Musealen hinaus zu wirken und durch "Öffentlichkeitskunst" auch diejenigen Betrachter anzusprechen, die nicht zum engeren Kreis der Kunstinteressierten gerechnet werden.
Seine verschiedenen Farbraumtheorien erscheinen verdichtet in
den von ihm seit 1978 entworfenen Pavillons, aus denen sich seine
"Palaverhäuser" entwickelten. Diese als Kommunikationsorte
entworfenen Farbraumobjekte prädestinierten den Künstler
für die Gestaltung eines der wichtigsten Räume im
Reichstagsgebäude, den Saal für den Ältestenrat, der
sozusagen das Parlament repräsentiert. Pfahler bewältigt
diese Herausforderung zur Symbolhaftigkeit in einer Verbindung von
heiterer Unbefangenheit und ernsthafter Konzentration: Die vom
Künstler gestaltete Synthese dieser beiden Temperamente
lässt einen Raum entstehen, in dem die politische Kunst der
Kommunikation sich entfalten und wirksam werden kann.
geboren 1926 in Emetzheim, gestorben 2002 in Emetzheim.
Text: Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages