Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Oktober 2010 > Hilfsorganisationen mahnen mehr Engagement für Katastrophenvorsorge an
Berlin: (hib/JOH/KTK) Vertreter verschiedener Hilfsorganisationen haben am Mittwochabend im Bundestagsausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe eine stärkere Verankerung der Katastrophenprävention in die humanitäre Hilfe der Bundesregierung und der internationalen Gemeinschaft gefordert. Untersuchungen hätten gezeigt, betonte etwa ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen e.V. in der gemeinsamen Sitzung mit dem Koordinierungsausschuss ”Humanitäre Hilfe“ des Auswärtigen Amtes, dass Prävention Leben retten und Folgekosten reduzieren könne. So könne man mit nur 12 Milliarden US-Dollar jährlich allen mangelernährten Kindern auf der Welt helfen und akute Hungersnöte verhindern. An die Abgeordneten und die Bundesregierung gewandt forderte er, die akute Mangelernährung als Notfall anzuerkennen und sich primär für das Menschenrecht auf Nahrung und Gesundheitsversorgung einzusetzen.
Ein Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) verwies auf das Beispiel Haiti. Die staatlichen Strukturen und das Gesundheitswesen seien schon vor der Erdbebenkatastrophe im Januar so schwach ausgeprägt gewesen, dass auch neun Monate nach dem Beben noch massive Nothilfe erforderlich sei. So werde das DRK noch bis Ende des Jahres sein Feldhospital mit 120 Mitarbeitern betreiben. Insgesamt werde es mindestens fünf Jahre dauern, bis solide Strukturen aufgebaut seien. Der DRK-Vertreter plädierte dafür, die Stärkung von nationalen Ersthilfestrukturen vor Ort zu einem wesentlichen Faktor der deutschen Entwicklungshilfe zu machen. Auch ein Mitarbeiter der Welthungerhilfe betonte mit Blick auf die Lage in Pakistan nach der Flutkatastrophe die Notwendigkeit, dass die nationalen Regierungen vor Ort Rahmenbedingungen zur Ursachenbekämpfung schaffen.
Aus den Reihen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hieß es, angesichts der Staatsgarantien, etwa zur Stützung der Hypo Real Estate-Bank, sei die Aufwendung von 12 Milliarden US-Dollar für mangelernährte Kinder jährlich keine so dramatische Summe. Auch die Linksfraktion betonte, dies sei wenig Geld angesichts der Summe, die Deutschland jährlich für Rüstung ausgebe.
Vertreter der Unionsfraktion verwahrten sich dagegen, dass die genannten Ausgaben gegeneinander ausgespielt würden. Sie erkundigten sich in der Sitzung unter anderem danach, auf welche Weise bei großräumigen Hungersnöten die notwendige Hilfe tatsächlich zur Verfügung gestellt werden könne. Mit Blick auf die Lage nach der Flutkatastrophe in Pakistan wollten sie wissen, ob und inwieweit die Taliban in die humanitäre Hilfe eingreifen würden. Auch die SPD-Fraktion erkundigte sich nach einer solchen ”Talibanisierung“ der Hilfe. Der Vertreter der Welthungerhilfe sagt dazu, dass seine Organisation einen solchen Eindruck nicht bestätigen könne. Die Taliban träten seiner Kenntnis nach nur in ”äußerst geringem Umfang“ in Erscheinung.
Die FDP-Fraktion äußerte sich besorgt darüber, wie sich die Lage nach dem für Januar 2011 geplanten Referendum im Südsudan entwickeln werde, welches über die Unabhängigkeit des Sudans entscheiden soll. Man müsse schauen, wie die Zeit danach gestaltet und die Hilfe entsprechend organisiert werden könne, sagten die Liberalen. Es müsse zum Beispiel überlegt werden, welche Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit oder humanitäre Hilfe, besser geeignet sei.
Ein Vertreter des Malteser-Ordens sagte hierzu, die humanitäre Hilfe könne in einem Umfeld wie im Sudan nur begrenzt wirken und nicht zu einer deutlichen Verbesserung der politischen Situation beitragen. Sie müsse vielmehr von einer langfristigen Entwicklungszusammenarbeit abgelöst werden. Er kündigte in diesem Zusammenhang an, dass seine Organisation Ende des Monats ihre Programme im Sudan einstellen werde, da nach wie vor viele Gebiete für ausländische Helfer nicht zugänglich seien und die Regierung in Khartum die Arbeit stark behindere.
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