Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Dezember 2010 > Flächenprivatisierungen in den neuen Ländern weiter umstritten
Berlin: (hib/MIK/STO) Die weitere Verwertung der Flächen der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVB) in den neuen Ländern wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Dies wurde am Dienstagnachmittag in einer Anhörung des Haushaltsausschusses deutlich. Dabei ging es um den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP zur Änderung der Vorschriften zum begünstigten Flächenerwerb nach Paragraf 3 des Ausgleichsleistungsgesetzes und der Flächenerwerbsverordnung ( 17/3183). Damit wollen die Fraktionen die Flächenverwertung vorantreiben, der im wesentlichen bis 2025 abgeschlossen sein soll.
Die BVVG hat seit 1992 den gesetzlichen Auftrag, in den neuen Ländern ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftliche Flächen zu privatisieren. Die BVVG verkauft die Flächen auf Grundlage des modifizierten Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes und der Flächenerwerbsverordnung. Seit 2004 seien Preissteigerungen bei den durch die BVVG zu privatisierenden landwirtschaftlichen Flächen zu verzeichnen, die sich im Schnitt bis heute auf fast 100 Prozent summierten, heißt es im Entwurf. Nichtwirtschaftende Alteigentümer haben die Möglichkeit, Flächen begünstigt für einen Betrag bis zur Höhe einer Ausgleichsleistung zu kaufen. Voraussetzung dafür sei ein bestandskräftiger Bescheid über die dazu erforderlichen Anträge. Verzögerungen bei den Bescheiden sind nach Ansicht der Fraktionen deshalb problematisch, weil nichtwirtschaftende Alteigentümer aufgrund dieser Teuerung immer weniger Flächen erwerben können. Der entsprechende Paragraf des Ausgleichsleistungsgesetzes soll daher nach dem Willen der Koalition so geändert werden, dass Verzögerungen bei Bescheiden über Ausgleichsleistungen die Erwerbsmöglichkeiten nicht mehr beeinträchtigen sollen. So soll beispielsweise die Möglichkeit eröffnet werden, für die Berechnung des Kaufpreises den maßgeblichen Verkehrswert zum Stichtag 1. Januar 2004 zugrunde zu legen.
Helmut Born, Deutscher Bauernverband, erklärte in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass in Anbetracht der seit 2007 stark gestiegenen Verkehrswerte für landwirtschaftliche Grundstücke der potenzielle flächenmäßige Erwerbsumfang für Alteigentümer durch die Begrenzung ihres Erwerbsanspruchs auf maximal bis zur Höhe der Ausgleichsleistungen erheblich reduziert worden sei. Diese Entwicklung zu Ungunsten der Alteigentümer sei jedoch nicht von diesen zu vertreten, sondern allein auf die Verzögerung bei der Bescheidung ihrer Anträge auf Ausgleichsleistungen durch die zuständigen Vermögensämter zurückzuführen. Deshalb trage der Deutsche Bauernverband das Anliegen des Gesetzentwurfs mit.
Ebenso begrüßte Albrecht Wendenburg von der Arbeitsgemeinschaft für Agrarfragen die Koalitionsinitiative. ”Es geht auch um Wiedergutmachung“, sagte er. Die Stichtagsregelung bewirke lediglich einen Ausgleich dafür, dass die Alteigentümer infolge jahrelanger Untätigkeit der Verwaltung Schaden erlitten hätten. Für Manfred Graf von Schwerin von der ”Arbeitsgemeinschaft Recht und Eigentum“ ist der Gesetzentwurf ein ”Schritt in die richtige Richtung“. Damit würde die Benachteiligung der Berechtigten ”in etwa“ kompensiert.
Für Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern, gibt es für eine Besserstellung der Alteigentümer ”keine rechtliche Veranlassung“. Er geht davon aus, dass die neue Gesetzeslage dazu führen werde, dass ”praktisch jeder Alteigentümer“ seinen Anspruch geltend machen werde. Deshalb forderte er auch unter anderem eine Verlängerung der Pachtverträge an bisherige Pächter um weitere zwölf Jahre. Dafür setzte sich auch der Landwirt Wolfgang Jäger ein. Der Pachtpreis müsse auf den üblichen Preis von 2004 festgelegt werden. Es gehe darum, den vor Jahren gefundenen Kompromiss nicht mehr aufzuschnüren und einen dauerhaften Interessenausgleich herbeizuführen. Thorsten Purps von der Rechtsanwaltskanzlei Streitbörger Speckmann kritisierte, dass die Verschlechterung der Erwerbsmöglichkeiten durch die Erhöhung des Kaufpreises nicht gerechtfertigt sei.
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