Navigationspfad: Startseite > Dokumente & Recherche > Textarchiv > 2009 > Konstituierende Sitzung
In seiner ersten Sitzung am Dienstag, dem 27. Oktober 2009, hat der Bundestag mit großer Mehrheit Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) im Amt bestätigt. Als seine fünf Stellvertreter wählten die Abgeordneten Gerda Hasselfeldt (CSU), Dr. Hermann Otto Solms (FDP), Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD), Petra Pau (Die Linke) und Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen).
Erste und wichtigste Aufgabe des sich neu konstituierenden 17. Bundestages war die Wahl des Bundestagspräsidenten. Das protokollarisch zweithöchste Amt im Staat übernimmt erneut der CDU-Politiker Norbert Lammert. Der 60-Jährige erhielt bei der geheimen Abstimmung im Parlament 522 der 617 abgegebenen Stimmen. 66 Abgeordnete votierten gegen ihn, 29 enthielten sich. Lammert ist seit 2002 Mitglied des Bundestagspräsidiums: Zunächst war er Vizepräsident, seit vier Jahren steht er an der Spitze des Parlaments.
In seiner Rede nannte Lammert seine Wiederwahl eine "große Auszeichnung" und eine "große Verpflichtung". "Das eine ist mir so bewusst wie das andere." Er freue sich, dass sein Bemühen Anerkennung gefunden habe, das Amt so überparteilich wie möglich zu führen. Gleichzeitig bat Lammert um Unterstützung bei den Bemühungen "für eine weitere Verbesserung der parlamentarische Arbeit".
Lammert kritisierte die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens: Ihm fehle "jedes Verständnis", dass die Konstituierung des Bundestages weder vom ersten noch vom zweiten deutschen Programm live übertragen werde. Beide Sender gäben der Unterhaltung den Vorrang vor der Information, monierte Lammert. Dabei verdanke das öffentlich-rechtliche Fernsehen seine Sonderstellung doch gerade seinem Informationsauftrag.
Der Bundestagspräsident äußerte sich auch selbstkritisch: Dass zunehmend parlamentarische Debatten nicht mehr öffentlich gehalten, sondern zu Protokoll gegeben würden, sei "sicherlich keine Errungenschaft". Außerdem: "Mit der unmissverständlichen Festlegung der Verfassung, 'der Bundestag verhandelt öffentlich', ist diese Praxis nur schwer vereinbar", sagte Lammert. Gleichzeitig ermutigte er die Parlamentarier, sich nicht "hinter Regierungen von Bund und Ländern oder dem Bundesverfassungsgericht zu verstecken". Der Bundestag sei nicht "Hilfsorgan, sondern Herz der politischen Willensbildung".
Die erste Sitzung der neuen Legislaturperiode, an der neben dem Bundespräsidenten Prof. Dr. Horst Köhler und der früheren Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU) auch zahlreiche Botschafter und Regierungsvertreter anderer Staaten teilnahmen, hatte zuvor Prof. Dr. Heinz Riesenhuber (CDU) als Alterspräsident des Parlaments eröffnet. Der 73-Jährige, der wie gewohnt eine bunt gemusterte Fliege trug, rief die insgesamt 622 Abgeordneten des 17. Bundestages zu einem fairen Umgang miteinander auf. In der Vergangenheit habe man gestritten und auch in Zukunft werde man streiten. "Aber eines war uns immer gemeinsam, die Achtung vor jedem Kollegen und seiner Meinung, die Bereitschaft zum sachlichen Argument, die Fähigkeit, Kompromisse zu prüfen und die Entschlossenheit zu entscheiden", so Riesenhuber.
Nach der Wahl des Bundestagspräsidenten stimmten die Parlamentarier über das künftig nur sechsköpfige neue Präsidium des Bundestages ab. Auf Vorschlag ihrer Fraktionen wurden zu Vizepräsidentinnen und -präsidenten gewählt: Die CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt (496 Ja-Stimmen, 66 Nein-Stimmen, 52 Enthaltungen, vier ungültige Stimmen), der SPD-Abgeordnete Dr. h.c. Wolfgang Thierse (371 Ja-Stimmen, 170 Nein-Stimmen, 65 Enthaltungen und zwölf ungültige Stimmen), Dr. Hermann Otto Solms (487 Ja-Stimmen, 84 Nein-Stimmen, 42 Enthaltungen, fünf ungültige Stimmen), Petra Pau (379 Ja-Stimmen, 155 Nein-Stimmen, 74 Enthaltungen, zehn ungültige Stimmen) und Katrin Göring-Eckardt (473 Ja-Stimmen, 79 Nein-Stimmen, 61 Enthaltungen, fünf ungültige Stimmen).
Damit wurde das frühere Präsidium im Amt bestätigt. Die Sozialdemokratin Dr. h.c. Susanne Kastner, bislang Vizepräsidentin, war allerdings nicht wieder nominiert worden, da die SPD aufgrund ihres Wahlergebnisses in der neuen Legislaturperiode nicht mehr über zwei Vizepräsidenten verfügt. Das hatte der Bundestag, wie zuvor auch seine bisherige Geschäftsordnung, auf interfraktionellen Antrag einstimmig beschlossen.