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Deutsche Streitkräfte werden sich ein weiteres Jahr an den Antiterror-Operationen „Enduring Freedom“ (OEF) und „Active Endeavour“ (OAE) beteiligen. Allerdings wird die Personalobergrenze für die Einsätze von 800 auf 700 Soldaten reduziert. Das beschloss der Bundestag in seiner Sitzung am Donnerstag, 3. Dezember 2009, durch namentliche Abstimmung. 322 Abgeordnete sprachen sich dabei für die in einem Antrag der Bundesregierung vorgesehene Mandatsverlängerung aus; 266 Parlamentarier stimmten dagegen. Damit folgte der Bundestag einer Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses ( 17/110). Ein Entschließungsantrag der Linksfraktion ( 17/126), in dem ein unverzügliches Ende der deutschen Beteiligung an den Operationen gefordert wurde, fand im Plenum keine Mehrheit.
Die Regierung betonte in ihrem Antrag ( 17/38) „die fortbestehende Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus“, dessen Bekämpfung weiterhin eine bedeutende Herausforderung an die internationale Gemeinschaft darstelle. Die Operationen am Horn von Afrika und im Mittelmeer seien dazu „ein angemessener militärischer Beitrag“, heißt es in der Vorlage weiter.
OEF wird überprüft
Dennoch soll der Einsatz bis Sommer 2010 neu bewertet werden. Darauf besteht vor allem die FDP, wie Dr. Rainer Stinner ausführte. „Die FDP diskutiert seit geraumer Zeit über die Notwendigkeit des OEF-Mandats in seiner jetzigen Form“, erklärte Stinner. Es sei richtig, dass Mandate regelmäßig dahingehend überprüft werden, ob sie zur aktuellen Lage im Einsatzgebiet passen.
„Wir stehen zu unserer Verantwortung“, betonte Stinner. Die Liberalen wollen jedoch, „dass OEF in dieser Form ausläuft und darüber entscheiden, ob OEF und Atalanta zusammengeführt werden können“, sagte er.
Im Regierungsantrag ist bereits die Möglichkeit vorgesehen, die Fregatte und die 230 Bundeswehrsoldaten, die im Rahmen von OEF am Horn von Afrika im Einsatz sind, bei Bedarf der EU-geführten Antipirateriemission „Atalanta“ zu unterstellen. Die SPD hätte das OEF-Mandat gerne sofort komplett „Atalanta“ zugeführt.
Michael Groschek (SPD) sagte: „Die Zeit ist reif, heute darüber zu entscheiden.“ Die Meinung seiner Fraktion begründete Groschek damit, dass die Bedrohungslage in der Region mehr durch Piraterie als durch Terrorismus angespannt sei. Die Überprüfung des Mandats im nächsten Jahr nannte er „fragwürdig“, da vor dem Hintergrund der geplanten Neubewertung, das Mandat nur auf sechs, statt auf zwölf Monate begrenzt werden müsse.
Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) verteidigte dagegen den Einsatz. „Die Terrorgefahr ist nach wie vor virulent“, warnte er. OEF müsse weiterhin seinen „stabilisierenden Einfluss ausüben.“ Außerdem sei die Fortführung der Mission ein wichtiges politisches Signal dafür, dass die Bundesrepublik ihre Verantwortung gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft nicht vergessen hat.
Unterdessen sah Stefan Liebich (Die Linke) die Bundesregierung weiter auf einem „Irrweg“, da sie an der falschen Strategie zur Terrorbekämpfung, die der ehemalige US-Präsident George W. Bush vorgegeben habe, festhalte.
Liebich ist überzeugt, dass „Terrorismus mit rechtstaatlichen und polizeilichen Mitteln“ bekämpft werden müsse. „Der Kampf gegen den Terror kann gewonnen werden“, sagte er, „der Krieg nicht.“
„Kontraproduktiv und überflüssig“
Katja Keul erläuterte für Bündnis 90/Die Grünen, warum die Fraktion eine Mandatsverlängerung ablehne. So sehe man keine völkerrechtliche Legitimität für die Operationen mehr. In den UN-Resolutionen 1368 und 1373, auf die sich der OEF-Einsatz unter anderem stützt, finde sich „keine Grundlage für militärische Aktionen außerhalb des eigenen Staatsgebietes“, sagte sie und wies darauf hin, dass auch das Selbstverteidigungsrecht in diesem Fall nicht mehr herangezogen werden könne.
Außerdem, so Keul weiter, sei OEF wegen fehlerhafter Strategie „kontraproduktiv“ und aufgrund der parallelen Atalanta-Mission „überflüssig“.
Dass eine Verlängerung des Mandats zum Antiterroreinsatz am Horn von Afrika in deutschem Interesse liege, betonte Thomas Silberhorn (CDU/CSU). Ein Grund dafür sei nicht nur die Sicherung der für die deutsche Wirtschaft wichtigen Seepassage in der Region, sondern auch der Schutz der deutschen Soldaten in Afghanistan.
Seit deren Beginn im Jahr 2001 beteiligt sich Deutschland an den Operationen. Die primären Ziele von OEF sollen auch im kommenden Jahr der Schutz und die Kontrolle der Seewege am Horn von Afrika sein. Außerdem sollen die Soldaten den Zugang zu Rückzugsräumen für Terroristen versperren. Die Bundesregierung beziffert die Einsatzkosten für die kommenden zwölf Monate auf 47 Millionen Euro.