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Zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition kam es am Donnerstag, 4. März 2010, bei der Debatte über den Antrag von SPD, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen ( 17/888), einen Untersuchungsausschuss zu Gorleben einzurichten. Das Gremium soll die Umstände klären, unter denen die Regierung unter Kanzler Helmut Kohl im Jahr 1983 beschloss, nur den Salzstock im niedersächsischen Wendland auf seine Eignung als Atommüll-Endlager zu erkunden. Sprecher der Opposition äußerten den Verdacht, seinerzeit seien durch die "Manipulation“ von Gutachten geologische Risiken ausgeblendet worden. Stattdessen sei aus politischen Motiven eine "fatale Lenkungsentscheidung“ getroffen worden, so Sylvia Kotting-Uhl von den Grünen. Reinhard Grindel (CDU/CSU) gab sich hingegen überzeugt, dass damals "kein Fehlverhalten“ vorlag. Nach der Diskussion wurde der Antrag der Opposition zur weiteren Beratung an den Geschäftsordnungsausschuss überwiesen.
Für die SPD äußerte Matthias Miersch Zweifel, ob die "einseitige Festlegung“ auf den Erkundungsstandort Gorleben sachlich fundiert gewesen sei. Es sei zu vermuten, dass etwas "vertuscht“ worden sei und dass Gutachten manipuliert worden seien. Der Abgeordnete betonte, neben Salz kämen auch die Gesteinsformationen Ton und Granit für ein atomares Endlager in Frage, eine Festlegung nur auf einen Salzstock sei "unverantwortlich“.
Miersch rief Union und FDP auf, für die Dauer des Untersuchungsausschusses auf die von der Koalition geplante Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten in Gorleben zu verzichten, die unter Rot-Grün im Rahmen eines Moratoriums gestoppt worden waren. Diese Forderung wurde von dem FDP-Abgeordneten Michael Kauch zurückgewiesen.
Wie Grindel hielt die Unionsparlamentarierin Maria Flachsbarth, die den Vorsitz im Ausschuss übernehmen soll, dem früheren SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel vor, Gorleben im Vorfeld der Bundestagswahl aus Wahlkampfgründen zum Thema gemacht zu haben. Bereits damals habe das Kanzleramt auf Gabriels Vorwürfe mit einer "klaren Stellungnahme“ geantwortet. Schon Ende der siebziger Jahre habe es während der Regierung Helmut Schmidts in Abstimmung mit dem Land Niedersachsen "umfangreiche Untersuchungen“ zur Endlagerung von radioaktivem Abfall gegeben.
Flachsbarth verteidigte die Wiederaufnahme der Erkundungen im Wendland: Die neue Regierung stelle sich "nach Jahren des Wegschauens“ ihrer Verantwortung bei der Entsorgungsproblematik. Bei den neuen Arbeiten sei eine Bürgerbeteiligung in einem "offenen und transparenten“ Verfahren vorgesehen.
Die Festlegung auf Gorleben 1983 war für Dorothee Menzner eine Frage der "politischen Opportunität und Durchsetzbarkeit“. Ein Kriterium sei auch gewesen, ob von der ortsansässigen Bevölkerung viel Widerstand zu erwarten war, kritisierte die Linken-Abgeordnete. Sie wies auf damals vorgetragene wissenschaftliche Bedenken hin, wonach der Salzstock in Gorleben inhomogen sei und ein Deckgebirge fehle. Aus Gutachten seien Passagen mit der Empfehlung gestrichen word, neben dem Wendland auch auch andere denkbare Standorte auf eine Eignung hin zu prüfen.
Angelika Brunkhorst appellierte an die Opposition, den Untersuchungsausschuss nicht als "politisches Instrument“ zu handhaben. Der Vorwurf der politischen Vorfestlegung 1983, so die FDP-Abgeordnete, werde im Ausschuss entkräftet werden. Ob Gorleben tatsächlich für ein Endlager geeignet sei, sei noch nicht entschieden. Es müsse geklärt werden, wie es mit der Entsorgung von Atommüll weitergehen solle. Ohne das von Rot-Grün im Wendland verhängte Moratorium, so Brunkhorst, "wären wir schon weiter“.
Kotting-Uhl sagte, der Salzstock in Gorleben sei 1983 "leichtfertig“ ausgewählt worden. Die Grünen-Politikerin kritisierte, bei der Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten gebe es zu wenig Bürgerbeteiligung. Wenn sich im Ausschuss der Verdacht der politischen Einflussnahme 1983 bestätigen sollte, dürfe die Koalition "nicht ernsthaft erwägen, der Bevölkerung den Standort Gorleben zuzumuten“.
Grindel hielt SPD, Linken und Grünen vor, sie spielten mit den "Ängsten der Bevölkerung“. Der Opposition gehe es nicht um Aufklärung, sondern um die "Diskreditierung“ des Standorts Gorleben und generell um die "Delegitimierung“ der Atomkraft. Die SPD-Abgeordnete Ute Vogt machte im Gegenzug bei Grindel "polemische Plattheiten“ aus.