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Die Parlamente in Ländern der Dritten Welt sollen die Geldströme im Rahmen der Entwicklungshilfe stärker kontrollieren. Auf diese Weise lasse sich die Korruption in diesem Bereich eindämmen, so die Abgeordnete Petra Ernstberger im Interview. Eine entsprechende Resolution hat die Versammlung der Interparlamentarischen Union (IPU) dieser Tage in Bangkok verabschiedet. Die SPD-Politikerin, der die Leitung der fünfköpfigen Bundestagsdelegation in Thailand oblag, zeigt sich überzeugt, dass die Arbeit der IPU vor allem in Afrika und Asien eine große Wirkung erzielt. In der IPU sind Abgeordnete aus über 150 nationalen Parlamenten vertreten.
Die IPU-Sitzungen
schlagen sich in den Medien kaum nieder. Wie kommt es, dass diese
Versammlung in Öffentlichkeit und Politik ohne Resonanz
bleibt?
Leider ist es so, dass die IPU in Deutschland und Europa auf wenig Widerhall stößt. In Afrika und Asien bietet sich jedoch ein ganz anderes Bild. In den dortigen Ländern, die sich oft noch in einem Entwicklungsstadium befinden, wird die Arbeit der IPU mit sehr viel Aufmerksamkeit verfolgt. In diesen Staaten haben Parlamente häufig nur einen begrenzten Einfluss auf die Politik, und da kann man über die Tätigkeit in der IPU zu Hause punkten und die heimischen Volksvertretungen aufwerten.
Hat die IPU eigentlich echte Kompetenzen? Hat die Versammlung im Laufe der Jahre und Jahrzehnte konkrete Erfolge erzielt?
Kompetenzen im Sinne von Machtbefugnissen hat die IPU nicht. Trotzdem ist diese Versammlung nicht nur einfach ein Debattenforum. In der IPU können vor allem afrikanische und asiatische Delegierte ein Stück Demokratie einüben. Das ist in den Abgeordnetenhäusern dieser Staaten, die meist keine vollwertigen Demokratien sind, nicht immer möglich. In Bangkok haben Vertreter der Bundestagsadministration erläutert, wie man den Parlamentarismus "verwaltet" und wie man etwa mit Protestaktionen bei Plenardebatten umgeht. Dieser Vortrag stieß auf großes Interesse. Im Übrigen sind bei der IPU Bemühungen im Gange, den Status dieser Institution aufzuwerten. Die IPU ist der UNO angegliedert, hat jedoch nicht den Rang dieser Regierungsorganisation. Wir wollen, dass die IPU im Rahmen der UNO mehr Gewicht bekommt.
In Thailand hat die IPU ihre Mitgliedsländer aufgerufen, Konsequenzen aus den Erdbeben in Haiti und Chile zu ziehen. Woran hapert es denn?
Prävention wird klein geschrieben, weil das Geld kostet. Zum einen mangelt es in vielen Ländern oft an stabilen Gebäuden. Häufig wird billig und schwarz gebaut. Es kommt nicht von ungefähr, ein Beispiel, dass in einstürzenden Schulen Kinder und Lehrer ihr Leben verlieren. Schließlich will auch der Staat Geld sparen. Zum anderen fehlt es an wissenschaftlichen Einrichtungen mit effektiven Systemen für Warnungen vor Erdbeben. Da sind auch Europa und Nordamerika gefordert, mit Technologie und Finanzmitteln zu helfen.
Einen thematischen Schwerpunkt hat die Versammlung bei der Bekämpfung des Terrorismus gesetzt. Insbesondere verlangt die IPU ein konsequenteres Vorgehen gegen die Geldwäsche, um so die Finanzierung des Terrorismus zu erschweren. Droht da aber nicht eine totale Kontrolle des Finanzgebarens aller Bürger, wie der Swift-Streit zwischen der EU und den USA demonstriert?
Der Terrorismus und in diesem Zusammenhang die Geldwäsche sind internationale Phänomene, weshalb sich bei dieser Frage die IPU gefordert sieht. Die Kontrolle der Finanzströme ist sicher eine Gratwanderung. Die Geldgeschäfte der Bürger, die in den allermeisten Fällen mit Terrorismus nichts zu tun haben, dürfen keiner totalen Überwachung unterworfen werden. Jedoch müssen staatliche Instanzen angesichts der terroristischen Bedrohung die Möglichkeit zum Eingreifen haben, und dies auch im Rahmen internationaler Zusammenarbeit.
Gefordert hat die IPU in Bangkok mehr Anstrengungen in der Entwicklungspolitik, bei der die Parlamente stärker mitmischen sollen. Dieser Bereich wird in der Tat von Regierungen, Banken und internationalen Organisationen wie der UNO dominiert. Was hilft eine Aufwertung der Parlamente?
In der Entwicklungshilfe, das ist kein Geheimnis, ist auch viel Korruption im Spiel, häufig verschwinden Hilfsgelder in dubiosen Kanälen und landen nicht voll bei den Projekten, für die sie gedacht sind. Die Parlamente in den Ländern der Dritten Welt können bei der Bekämpfung dieses Übels eine große Rolle spielen, wenn sie mehr Rechte bei der Verteilung internationaler Hilfsgelder und bei der Kontrolle dieser Geldströme erhalten. Auch die angestrebte Aufwertung der IPU würde dabei von Nutzen sein.
Die IPU macht auf ein wenig beachtetes Phänomen aufmerksam: Laut einer Resolution untersagen über 50 Staaten aidsinfizierten Ausländern die Einreise und den Aufenthalt auf ihren Territorien. Diese Länder argumentieren indes, durch solche Restriktionen die Ausbreitung der Krankheit eindämmen zu wollen.
Der Virus verbreitet sich rund um den Globus auf vielen Kanälen. Die Bekämpfung von Aids kann nur über Aufklärung und den bewussten Umgang mit Infektionsrisiken gelingen. Beschränkungen im Reiseverkehr leisten dazu keinen sinnvollen Beitrag. Freies Reisen gehört zu den Grundrechten. Ich bin überzeugt, dass unsere Resolution in afrikanischen und asiatischen Staaten, die meist von ihren Parlamentspräsidenten in Bangkok vertreten wurden, ein großes Echo finden wird. Auch in diesem Punkt zeigt sich der Wert der IPU.