Navigationspfad: Startseite > Dokumente & Recherche > Textarchiv > 2010 > Regierungserklärung von Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (CSU)
"Die Sicherheit steht an erster Stelle. Daher waren die Vorsichtsmaßnahmen bei der Einschränkung des Flugverkehrs richtig und alternativlos", erklärte Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (CSU) am Mittwoch, 21. April 2010, vor dem Bundestag. In seiner Regierungserklärung zur Sicherheit im Luftverkehr wies er die öffentliche Kritik an seinem Krisenmanagement wegen der isländischen Vulkanasche-Wolke und ihren möglichen Auswirkungen auf den Flugverkehr zurück.
Ramsauer betonte, dass der Ausbruch des isländischen Vulkans unter dem Gletscher Eyjafjalla in der vergangenen Woche nicht nur ein erstmaliges Phänomen für die europäische Politik darstelle, sondern damit auch eine erstmalige Herausforderung. Grundlagen für seine Entscheidungen seien zum einen die größtmögliche Sicherheit und zum anderen das bestehende internationale Regelwerk gewesen.
An die Kritiker aus der Opposition gewandt betonte der Minister: "Dieses Thema eignet sich nicht für parteipolitische Profilierung." Man müsse nun aktuell denjenigen Passagieren helfen, die von den Flugausfällen betroffen sind und schrittweise zurück zum regulären Flugbetrieb finden. Hierfür komme es darauf an, genaue Kenntnisse über die örtliche Verbreitung der Vulkanasche zu erlangen und außerdem genaue Details über ihre Auswirkungen auf die Flugzeugtriebwerke zu ermitteln.
In diesem Zusammenhang lobte Ramsauer das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das mit dem Einsatz seines Forschungsflugzeugs "Falclon 20E" einen entscheidenden Beitrag zur internationalen Flugsicherheit geleistet habe. Nun brauche man für die Wiederkehr ähnlicher Krisenfälle in der Zukunft ein Maßnahmenbündel, das auf den Weg gebracht werden müsse.
Ungewöhnlich starken Rückhalt erhielt Ramsauer durch den Oppositionsabgeordneten Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen). Der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses lobte die Standhaftigkeit des Ministers, der insbesondere durch die Vertreter der deutschen Airlines unter Druck geraten war. "Der Kritik durch Akteure mit klaren ökonomischen Interessen hat Peter Ramsauer standgehalten und sich weiter zur Sicherheit im Flugbetrieb als oberste Priorität bekannt. Dadurch verdient der Minister den Respekt des Parlaments."
Gleichwohl habe es Ramsauer mit den Ausnahmegenehmigungen von Sichtflügen jüngst übertrieben. "Das war riskant", sagte Hermann. Das Vorgehen des Ministers in dieser Krise, der Parlament und Ausschüsse schnell informiert und in die Entscheidungen einbezogen habe, nannte Hermann gleichwohl "vorbildlich".
Demgegenüber verteidigte SPD-Fraktionsvize Florian Pronold seine bereits im Vorfeld geäußerte Kritik an Ramsauer und bekräftigte: "Professionelles Krisenmanagement sieht anders aus." Dabei sprach Pronold insbesondere die Ausnahmegenehmigungen für Sichtflüge größerer Passagierflüge an, die in den vergangenen Tagen für die Rückführung gestrandeter Urlauber in Kraft getreten waren. "Wenn Sicherheit die oberste Priorität hat, warum dürfen Passagierflüge starten, noch bevor eine Messung der Aschekonzentration in der Luft durch das DLR-Forschungsflugzeug erfolgt ist?"
Die Unterscheidung zwischen Sicht- und Instrumentenflug sei zudem widersinnig. Mit Vulkanasche belastete Luft sei für Flugzeuge und Passagiere ebenso riskant wie die üblichen von Fluglotsen überwachten Instrumentenflüge.
Auch die SPD-Abgeordnete Ulrike Gottschalck äußerte Kritik. "In dieser Krise hätte man jemanden gebraucht, der als Verantwortlicher den Hut aufhat und koordiniert. Das war Peter Ramsauer nicht", sagte Gottschalck. Dies belegten auch die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen, die sich kritisch zum Krisenmanagement des Ministers geäßert hätten. Gleichwohl begrüßte die Abgeordnete Ramsauers Vorschlag, einen Runden Tisch zu diesem Thema einzurichten: "So können hoffentlich in Zukunft solche Chaostage vermieden werden."
Torsten Staffeldt (FDP), selbst Privatpilot, verteidigte Ramsauers Entscheidung, kontrollierte Flüge unter Sichtbedingungen durch die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zu erlauben. "Die Piloten können in ihren Cockpits nicht feststellen, ob es sich um Regen- oder Aschewolken handelt." Auch Ramsauers Entscheidung, Instrumentenflüge wieder zuzulassen, sei verantwortungsvoll geschehen. "Dies ist das Gegenteil von Krisenmanagement", betonte Staffeldt. Vielmehr handele die Opposition verantwortungslos, wenn sie diese Diskussion auf dem Rücken der gestrandeten Flugpassagiere zu instrumentalisieren versuche.
Dirk Fischer (CDU/CSU) äußerte sich ebenfalls zufrieden mit dem Vorgehen des Ministers. "Das Krisenmanagement hat hervorragend funktioniert, alle internationalen Regelungen wurden eingehalten", sagte Fischer und betonte, dass der Minister in der vollen Verantwortung stehe, auch für die Fluggäste. "Man stelle sich nur einmal vor, ein Flugzeug wäre aufgrund vernachlässigter Sicheheit in dieser Situation verunglückt."
Dennoch müsse das internationale Regelwerk noch verfeinert und zunächst die Normalität im Flugbetrieb wieder hergestellt werden. Hierfür müssten die Bundesländer das Nachtflugverbot vorübergehend flexibel handhaben - und den gestrandeten Passagieren eine schnelle Heimkehr ermöglichen.