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BAföG-Gelder erhöhen ja, nationales Stipendienprogramm nein - so begegneten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke in der Debatte zur Ausbildungsförderung am Freitag, 7. Mai 2010, den vorgelegten Gesetzentwürfen von Union und FDP. Das Gesetz zur Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms ( 17/1552) und das Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes ( 17/1551) sehen die Schaffung von Stipendien vor, die zur Hälfte von private Mittelgebern übernommen werden sollen, und die Erhöhung der Bedarfssätze nach dem BAföG um zwei Prozent und der Freibeträge um drei Prozent vor. Beide Vorlagen werden nun in den Ausschüssen weiterberaten.
Während Union und FDP die Gesetzentwürfe als "klares Signal zur Verbesserung der Studienfinanzierung“ bewerteten, sah die Opposition die Breiten- hinter der Spitzenförderung zurückbleiben. Die Grünen hatten ebenso wie Die Linke einen eigenen Antrag zu dem Thema eingebracht ( 17/1570, 17/1558). Beide forderten darin den Stopp des nationalen Stipendienprogramms. Die Linke sprach sich zudem für eine grundlegende Reform der Ausbildungsförderung aus.
Mit den Gesetzentwürfen verfolge die Bundesregierung drei Säulen, sagte Bildungsministerin Dr. Annette Schavan (CDU). Die BAföG-Gelder würden ausgebaut, daneben entstehe ein "ordentliches Stipendiensystem“, und das System der Bildungsdarlehen werde weiterentwickelt. Das BAföG werde nicht vernachlässigt, während gleichzeitig Spitzenleistungen anerkannt würden. "Ein Land, das die Spitze nicht im Blick hat, hat als Wissenschaftsstandort verloren“, sagte sie.
Es solle eine Stipendienkultur entwickelt werden, die nicht nur Unternehmen beteilige, sondern auch die Ehemaligen der Hochschulen- ein Appell an die "Solidarität der Zivilgesellschaft“. Schavan kündigte an, die Regierung werde die regionale Entwicklung des Stipendienprogramms genau beobachten und gegebenenfalls über Hilfsmöglichkeiten nachdenken.
"Wir sind nicht gegen Stipendien“, stellte Ulla Burchardt (SPD), Vorsitzende des Bildungsausschusses, klar.Nur sei das vorgeschlagenen Modell gänzlich ungeeignet und ein Schritt zur Privatisierung des Hochschulsektors. Die Unsicherheit der Studierenden bei der Vergabe von Stipendien verfestige die soziale Auslese. "Existenzsicherung wird bei Ihnen zum Lotteriespiel“, sagte Burchardt in Richtung Schavan.
Zudem sei das nationale Stipendienprogramm eine Zumutung für die Hochschulen. Es führe zu Bürokratieaufbau und einer zusätzlichen finanziellen Belastung der Hochschulen. "Keiner will das Stipendiensystem, weder die Hochschulen noch die Wirtschaft noch die Studierenden“, sagte Burchardt. Deswegen laute die Forderung der SPD: deutliche Erhöhung des BAföG, insbesondere der Freibeträge, und Stopp des nationalen Stipendienprogramms.
"Das Gesetzpaket geht an dem Finanzierungsbedarf der Studierenden vorbei“, fand Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Für die Breite der Studierenden sei dieses Programm kein Gewinn. Stipendien könnten die klaren Rechtsansprüche des BAföG nicht ersetzen. Die soziale Schieflage werde verschärft, weil eben doch "Habitus und Herkunft“ in die Entscheidung über die Vergabe von Stipendien einfließen würden.
Die Grünen-Fraktion schlage ein Zwei-Säulen-Modell vor: eine Sockelförderung für alle und eine Stärkung der sozialen Komponente durch einen individuellen Bedarfszuschuss. Zunächst müssten jedoch das nationale Stipendienprogramm gestoppt und die BAföG-Gelder deutlich erhöht werden.
Patrick Meinhardt, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, wertete das Gesetzpaket dagegen als "Startschuss für gute Bildungspolitik“ in Deutschland. "Wir wagen eine breitenorientierte und an der Spitze ansetzende Förderung junger Menschen. Das ist modern und sozial gerecht“, sagte er.
Mit dem Stipendienprogramm wolle sich der Staat nicht aus der Bildung zurückziehen, sondern zusätzliche Finanzierungsmittel schaffen. Es sei wichtig, dass die Privatmittel nicht nur von Unternehmen kommen, sondern auch von Privatpersonen wie Alumni. "Das Stipendienprogramm kann und soll der Einstieg in einen akademischen Generationenvertrag sein“, sagte Meinhardt.
Etwas weniger enthusiastisch gab sich dagegen die Union. "Wir wären etwas demütiger gewesen und hätten das Programm Schritt für Schritt entwickelt“, sagte Albert Rupprecht, bildungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Deswegen werde man genau aufpassen, wie das nationale Stipendienprogramm zu handhaben sei und wie sich private Mittelgeber in Zukunft verhalten würden. Dennoch: "Stipendien abzulehnen ist falsch.“
Es sei wichtig, dass die Gesellschaft und die Unternehmen in der Bildungspolitik gefordert würden. Daneben werde das BAföG massiv ausgebaut, um denen zu helfen, "die sich nicht helfen können“.
Nicole Gohlke (Die Linke) bezeichnete die BAföG-Erhöhung dagegen als "Tropfen auf den heißen Stein“. Sie forderte die Wiedereinführung der Vermögensteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, um so die BAföG-Zuschüsse aufstocken und den Darlehensanteil abschaffen zu können.
Die ungleichen Verhältnisse an den Hochschulen würden durch das vorgelegte Stipendienprogramm verschärft, sagte Gohlke. Die Stipendien gingen hauptsächlich an Studierende, die ohnehin aus besserverdienenden Familien kämen. "Es ist ein Skandal, dass Studenten, die zur Finanzierung ihres Studiums arbeiten müssen, durch die Politik weiter benachteiligt werden“, sagte Gohlke.