Navigationspfad: Startseite > Dokumente & Recherche > Textarchiv > 2010 > Europaausschuss
Die Oppositionsfraktionen haben am Mittwoch, 19. Mai 2010, im Europaausschuss mehr Informationen über das Euro-Rettungspaket und eine stärkere Einbeziehung des Bundestages und des Europäischen Parlaments gefordert. Der Bundestag sei nicht informiert worden, bevor die Finanzminister der Europäischen Union gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds am 10. Mai den 750-Milliarden-Euro- Rettungsschirm beschlossen haben, kritisierte unter anderem die SPD-Fraktion. Damit seien Beteiligungsrechte des Bundestages, die im Reformvertrag von Lissabon vereinbart worden seien, "völlig außer Kraft gesetzt worden“.
Die Linksfraktion fügte hinzu, auch im Grundgesetzartikel 23 Absatz 2 sei die Mitwirkung von Bundestag und Bundesrat in EU-Angelegenheiten und eine umfassende Unterrichtung zum frühestmöglichen Zeitpunkt verankert. Sie gab dem Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin, recht, der der Bundesregierung am Morgen in der Bundestagsdebatte "Rechtsbruch“ vorgeworfen hatte.
Die Situation schade der Demokratie, betonte die Linksfraktion. Es könne nicht sein, "dass wir über Tausende Milliarden entscheiden sollen und Artikel 23 dabei umgangen“ werde.
Die Grünen-Fraktion äußerte ebenfalls "starke Bedenken“ gegen das Verfahren. Sie kritisierte im Ausschuss zudem den "Zeitdruck“, unter dem der Bundestag das Gesetz schon am Freitag verabschieden soll, und forderte eine Sondersitzung des Parlaments zu einem späteren Zeitpunkt.
Eine Entscheidung am 21. Mai sei "nicht machbar“, es brauche mehr Zeit, sagten die Abgeordneten. Sie wiesen darauf hin, dass dem Bundestag bisher nicht mal der völkerrechtliche Vertrag über die Zweckgesellschaft vorliege, auf dessen Basis die Kreditermächtigungen erteilt werden sollen.
Die Koalitionsfraktionen wehrten sich gegen den Vorwurf des Rechtsbruchs. Die Bundesregierung könne derartige Beschlüsse auch fassen, ohne den Bundestag zuvor zu befragen, hieß es seitens der Union. Darüber hinaus bestünde in der aktuellen Situation die Notwendigkeit, schnell zu handeln.
Auch Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) sagte im Ausschuss, die Rechtsgrundlage des Beschlusses, Artikel 122 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), sei richtig und verfassungsrechtlich intensiv geprüft.
Die Anwendung des von den Oppositionsfraktionen geforderten Artikels 352 II AEUV würde hingegen ein sehr langwieriges Verfahren nach sich ziehen, warnte Schäuble. Nicht jede Einzelentscheidung könne aber von der Zustimmung eines oder aller 16 Parlamente der Euro-Länder abhängig gemacht werden.
"Wir wollen eine zeitnahe Reaktion zeigen, denn wir sind in einer schwierigen Lage“, sagte Schäuble. Er sprach sich jedoch für eine enge Zusammenarbeit mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages aus.
Die FDP-Fraktion räumte ein, dass die Bundesregierung in diesem Verfahren keinen "Schönheitspreis“ gewonnen habe und regte an, darüber nachzudenken, wie Bundesregierung und Parlament künftig in ähnlichen Eilfällen entscheiden könnten. Sie mahnte zudem, dass die Eckpunkte zur Zweckgesellschaft noch präzisiert werden müssten.