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Der Bundestag hat am Donnerstag, 1. Juli 2010, in einer rund 45-minütigen Debatte auf Initiative des Bundesrates Änderungen im Gerichtsverfassungsgesetz beschlossen. Damit soll klargestellt werden, dass Schöffen ausreichende Deutschkenntnisse besitzen müssen, um der Hauptverhandlungen folgen zu können. Als Begründung heißt es in dem Gesetzentwurf ( 17/1462), in der Vergangenheit seien mehrfach Fälle aufgetreten, bei denen Schöffen, obwohl sie deutsche Staatsbürger sind, keine hinreichenden Sprachkenntnisse besessen hätten. Die Streichung eines solchen als ungeeignet empfundenen Schöffen sei nach derzeitiger Rechtslage ungeregelt. Das Gesetz wurde in dritter Lesung mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD angenommen. Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Die Linke stimmte dagegen.
Gleichzeitig hatten die Koalitionsfraktionen in den Gesetzentwurf eine Klausel ( 17/2350) eingebracht, die sicherstellen soll, dass in der Sicherungsverwahrung Oberlandesgerichte nicht rechtlich voneinander abweichende Entscheidungen treffen können. Eine Sicherungsverwahrung liegt vor, wenn als gefährlich eingeschätzte Straftäter nach Verbüßen ihrer Strafe zum Schutz der Allgemeinheit nicht in die Freiheit entlassen werden.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verwies auf die Notwendigkeit, einheitliche gesetzliche Regelungen für die Gerichte zu schaffen. Das werde insbesondere von den Bundesländern gewünscht, sagte die FDP-Politikerin. Hintergrund der notwendigen Klarstellung ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die in nationales Recht umgesetzt werden muss. Leutheusser-Schnarrenberger versprach zugleich, die weiteren Reformen bei der Sicherungsverwahrung, insbesondere zur Führungsaufsicht, zügig anzugehen.
Die Rechtsexpertin von CDU/CSU, Andrea Astrid Voßhoff, verwies auf die Eile, die notwendig sei, im Bereich Sicherungsverwahrung Gesetzeslücken zu schließen. Die Gesetzesänderung betreffe aktuell in Deutschland etwa 70 Personen, gegen die vor 1998 Sicherungsverwahrung verhängt worden sei. Es müsse vermieden werden, dass mit Blick auf die Sicherungsverwahrung ein gesetzgeberischer Flickenteppich entstehe.
Die SPD versicherte, dass sie bei der Reform der Sicherungsverwahrung konstruktiv mitarbeiten werde. Der rechtspolitische Sprecher, Dr. Peter Danckert, mahnte aber an, dass die Sicherungsverwahrung nicht zum Regelfall dürfen werde. Das sei nicht der richtige Weg.
In Bezug auf die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes sagte Danckert, dass die Defizite nicht in den rechtlichen Grundlagen, sondern in deren Ausführung liegen würden. Die Gerichtssprache sei deutsch. Das gelte auch für Schöffen.
Danckert warnte vor einem möglichen Missbrauch. Am meisten störe ihn, dass mit der Neuregelung nicht genehme Schöffen vom Verfahren ausgeschlossen werden können. "Dieser Missbrauch muss verhindert werden“, betonte er und verlangte eine Nachbesserung des Gesetzes. Insgesamt müsse es darum gehen, die Gesellschaft zu überzeugen, wie wichtig die Arbeit ehrenamtlicher Richter ist.
Auch der Rechtsexperte der Fraktion Die Linke, Jens Petermann, befürchtete Willkür bei der Ernennung von Schöffen. Allein schon ein fremdländisch klingender Name könne dazu führen, dass jemand von der Schöffenliste gestrichen werde. Außerdem werde völlig offen gelassen, auf welcher Grundlage die Deutschkenntnisse überprüft werden sollen, sagte er.
"Die Gerichtssprache ist deutsch und ich halte das für selbstredend“, sagte der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Jerzy Montag. Es gebe nur einige wenige Fälle, bei denen Schöffen aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht an der Hauptverhandlung hätten teilnehmen könne. Deshalb sei eine Neuregelung nicht notwendig.
Kritisch äußerte sich Montag auch in Bezug auf die von der Koalition eingebrachte Formulierung, dass ein Schöffe die deutsche Sprache "ausreichend beherrschen muss“. "Wer entscheidet darüber?", fragte Montag.
Mit der Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes soll sichergestellt werden, dass Gerichte sachgerecht arbeiten können und auch die durch Schöffen gewünschte Beteiligung der Bevölkerung an der Rechtspflege nicht beeinträchtigt wird. Die Hinzuziehung eines Dolmetschers für Schöffen ist bei der Urteilsfindung nicht zulässig, da alle Mitglieder des Gerichts darüber striktes Stillschweigen zu bewahren haben und dritte Personen nicht einbezogen werden dürfen. Deshalb soll der Paragraf 33 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergänzt werden.
Laut Bundesamt für Justiz gab es in Deutschland im vergangenen Jahr 36.956 Hauptschöffen. Der ehrenamtliche Richter übt nach dem Gerichtsverfassungsgesetz neben dem Berufsrichter "das Richteramt in vollem Umfang und mit dem gleichen Stimmrecht“ aus.
In Strafsachen werden ehrenamtliche Richter als Schöffen bezeichnet. Ehrenamtliche Richter sind zudem bei Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichten vorgesehen. Der ehrenamtliche Richter ist genau wie der Berufsrichter sachlich unabhängig. Er muss nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehung der Person urteilen und ist nur der Wahrheit verpflichtet.