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Werner Schieder ist seit fast 35 Jahren Mitglied der SPD, saß von 1990 bis 2008 im bayerischen Landtag, war stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses und Haushaltssprecher der SPD-Landtagsfraktion. Als im Jahr 2008 Landtagswahlen anstanden, wollte er nicht mehr kandidieren, denn der Diplom-Finanzwirt aus Weiden in der Oberpfalz hatte das 60. Lebensjahr erreicht und eine andere Lebensplanung. Achtzehn Jahre Landtagsabgeordneter und viele Jahre in der bayerischen Steuerverwaltung waren eine vorzeigbare Leistung, und nun wollte Werner Schieder Privatmann sein - endlich mal nach Herzenslust Bücher lesen und nicht mehr unter dem Druck des Terminkalenders stehen.
Doch es kam anders, denn seine Partei brauchte ihn, den erfahrenen Politiker, im Bundestagswahlkampf 2009. "Weil Ludwig Stiegler nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren wollte, wurde ich gefragt, ob ich an seiner Stelle kandidieren würde. Ich sei ein langjähriger Mandatsträger und man brauche einen Kandidaten, der glaubwürdig sei und der Rückhalt habe, sowohl in der Bevölkerung als auch in der Bayern-SPD, deren Delegierte die Listenplatzierung für die Landesliste beschließen. Und ein guter Listenplatz war die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Kandidatur", sagt Werner Schieder.
Die Rechnung ging auf. Die Bayern-SPD hatte auf den richtigen Kandidaten gesetzt. Werner Schieder wurde 2009 Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Weiden in der Oberpfalz.
Der Bayer konnte schon als junger Mann gut rechnen und analysieren, deshalb besuchte er erst eine private Handelsschule und absolvierte dann eine Ausbildung in der bayerischen Steuerverwaltung. Die schloss er 1971 als Diplom-Finanzwirt ab. Im gleichen Jahr begann er seine berufliche Laufbahn als Finanzbeamter bei der Oberfinanzdirektion Nürnberg.
Schon während des Studiums engagierte sich Schieder in der Gewerkschaft - damals noch Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) - und dann ab 1976 in der SPD. "Damals machten wir uns stark für die Friedensbewegung, für mitbestimmte, offene Jugendzentren und protestierten auf so genannten Anti-WAA-Festen gegen die zentrale Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf. Zunehmend kamen ökonomische Themen auf die Agenda."
Als Juso-Vorsitzender und in Vorstandsgremien der Unterbezirks-, Bezirks - und Landesebene der SPD engagierte sich Schieder auch für kommunalpolitische Themen. Er sagt: "Wenn man wissen will, wo die Sorgen der Menschen am größten sind, erfährt man das als Politiker am ehesten im eigenen Umfeld."
1988 wurde Schieder Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes Weiden und später stellvertretender Vorsitzender des SPD-Bezirks Oberpfalz. "Mir war immer wichtig, dass ich die Unterstützung der Basis habe. Ich wollte die Wähler im Wahlkreis direkt und ohne Umwege erreichen, denn viele kenne ich schon seit Jahrzehnten. Da entsteht im Laufe der Jahre eine Vertrauensbasis, auch mit den Menschen, die nicht die SPD wählen", sagt Werner Schieder.
Dabei hat er in seinem Wahlkreis eine starke SPD hinter sich, die beachtliche Erfolge verzeichnete. Die SPD stellt den Oberbürgermeister von Weiden und im Stadtparlament, in dem Schieder bis 2008 mitgearbeitet hat, gibt es ebenfalls eine SPD-Mehrheit. Von einem SPD-Leuchtturm in Bayern möchte der Parlamentarier aber nicht sprechen.
Er sagt: "In meinem Wahlkreis gibt es mehrere SPD-geführte Gemeinden, und in Richtung Franken ist die SPD ja auch eine starke Kraft. Da sind wir in Weiden nicht auf einer Insel, sondern gehören in eine große Gemeinschaft." Nach vielen Jahren als Kommunalpolitiker wechselte Werner Schieder in die Landespolitik. Der Sozialdemokrat wurde 1990 in den bayerischen Landtag gewählt und blieb vier Wahlperioden Abgeordneter.
Bei der Bundestagwahl 2009 war in der SPD im Wahlkreis 265 - durch das Ausscheiden von Ludwig Stiegler - die Situation entstanden, dass die SPD das Bundestagsmandat verlieren könnte, wenn kein geeigneter und den Wählern bekannter Politiker kandidieren würde.
"Nachdem mich meine Partei eindringlich gebeten hatte, mich als Kandidat aufstellen zu lassen, brauchte ich erst einmal Zeit, um mir diesen Schritt gut zu durchdenken. Gleichzeitig war es eine Ehre, dass mich die SPD nach Berlin schicken wollte", erzählt Werner Schieder.
Nachdem er gemeinsam mit seiner Frau die bereits beschlossene Lebensplanung wieder verworfen hatte, wurde er als Direktkandidat im Wahlkreis und auf der Landesliste nominiert und zog in den Wahlkampf. "Natürlich", sagt Schieder, "merkte ich im Wahlkampf vor Ort, im Gespräch mit den Wählern auf Straßen oder in Diskussionsveranstaltungen, dass die Stimmung schlecht war und dass die SPD sicher kein brillantes Wahlergebnis einfahren würde. Das Vertrauen in die SPD war in der Bevölkerung abgeschmolzen, aber dass die Verluste so groß sein würden, hätte ich nicht gedacht."
Werner Schieder kämpfte um jede Stimme und war Land auf Land ab unermüdlich unterwegs, um Vertrauen für die SPD zurückzugewinnen. "In den Gesprächen mit den Menschen vor Ort wurde immer wieder deutlich, dass die Wähler die kompetente Krisenpolitik der SPD in der Finanz- und Wirtschaftskrise mit den Konjunkturprogrammen, der Umweltprämie zur Stützung der Autoindustrie oder die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes allein der Kanzlerin zuschrieben, obwohl die SPD maßgeblich an diesen Antikrisenmaßnahmen beteiligt war", erzählt der Abgeordnete.
Als Werner Schieder am Wahlabend erfuhr, dass er das Bundestagsmandat für Weiden errungen hatte, war die Freude bei ihm, seiner Familie und bei den Mitstreitern natürlich groß. Auch wenn die Stimmung aufgrund der enormen Stimmverluste im SPD-Lager getrübt war, war Schieder entschlossen, die Chance zu nutzen, um in der 17. Wahlperiode als Bundestagsabgeordneter bei den Wählern für sozialdemokratische Politik zu werben.
Werner Schieder ist ordentliches Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss und bearbeitet underem die Themen Finanzmarktregulierung, Euro-Krise und Währungspolitik. (bsl)