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Dr. Reinhard Brandl ist 33 Jahre alt und einer der jungen Abgeordneten der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Brandl studierte nach dem Abitur an der Universität Karlsruhe (TH), schloss das Studium als Diplom-Wirtschaftsingenieur ab und machte am Institut National Polytechnique de Grenoble einen weiteren Abschluss als Ingenieur en génie industriel.
Weil ihm das offenbar noch nicht reichte, wurde er an der Technischen Universität München Doktorand und promovierte am Lehrstuhl für Internetbasierte Geschäftssysteme der Fakultät für Informatik. Auch bei seinen politischen Aktivitäten scheint er Nägel mit Köpfen zu machen, denn gleich bei der ersten Kandidatur für den Bundestag im Jahr 2009 war er erfolgreich.
Er trat als Kandidat im Wahlkreis Ingolstadt, Landkreis Eichstätt und Neuburg-Schrobenhausen für die CSU als Nachfolger von Horst Seehofer an, der nach 28 Jahre nicht mehr kandidiert hatte. Brandl holte das Direktmandat mit 57 Prozent der Erststimmen. Zu seinem Wahlkreis gehören neben Ingolstadt 48 weitere Städte und Gemeinden - eine enorme Herausforderung.
Reinhard Brandl trat bereits 1993 in die Junge Union ein. Damals war er gerade 16 Jahre alt und besuchte noch das Gymnasium. Dass er sich so früh für die parteipolitische Arbeit interessierte, erklärt er so: "Ich komme aus einer bayerischen Gemeinde, durch die in den frühen 1990er Jahren mitten durch den Ort eine Bundesstraße führte. Das Verkehrsaufkommen betrug 11.000 Autos pro Tag. Der Verkehr lief direkt an meinem Elternhaus und meinem Zimmer vorbei, und das störte mich gewaltig. Ich wollte das ändern und schloss mich deshalb der Jungen Union im Landkreis an, die die Verkehrssituation ebenfalls für unzumutbar hielt. Die Schwierigkeit war, dass die Bundesstraße eine Bahnlinie überquerte. Die Straßenverlegung war nur mit einem Tunnel unter der Bahnstrecke zu realisieren."
Da war Ideenreichtum gefragt und die jungen Leute machten ganz konkrete Vorschläge. Sie bauten auf dem Kirchplatz ein Holz-Modell in der Größe eins zu eins, um zu zeigen, wie die Verkehrsführung geändert werden könnte. "Als das Modell fertig war, konnten sich die Einwohner ein Bild davon machen, wie die künftige Straßenführung verlaufen könnte. Sie konnten am Modell Situationen simulieren, zum Beispiel wie man mit Fahrrad oder Auto bequem von A nach B gelangt, und die Bauern konnten mit dem Traktor durchfahren", erzählt Brandl.
Am Ende wurde der Vorschlag in den Gemeinderat eingebracht, und nach Planung und Bauzeit hatten die Einwohner im Jahr 1999 eine neue Straßenführung und dadurch viel mehr Lebensqualität. "Damals habe ich gemerkt, dass man etwas erreichen kann, wenn man sich mit anderen für eine Sache engagiert. Eine parteipolitische Karriere hatte ich damals überhaupt nicht im Blick, sondern das Ziel war entscheidend", sagt Brandl heute.
Doch Parteiarbeit schien ihm zu liegen und auch zu gefallen, denn bereits mit 20 Jahren trat der Jungpolitiker in die CSU ein - da hatte er gerade mit dem Studium an der Technischen Hochschule der Universität Karlsruhe begonnen. Trotz seiner frühen Parteizugehörigkeit setzte Brandl für sich klare Prioritäten. Sein Fokus lag auf einer soliden Berufsausbildung, auf Studium und Promotion.
"Ich wollte immer in die Wirtschaft", sagt Brandl, "und ich wusste: Man braucht eine solide Ausbildung, wenn man im Leben etwas erreichen will." Diese Erkenntnis ist offenbar auch seiner Erziehung im Elternhaus geschuldet, denn die Familie führt im bayerischen Eitensheim seit fast 100 Jahren einen Metallbaubetrieb. Wie wichtig in der Wirtschaft gut qualifizierte Mitarbeiter sind, hat Brandl also schon von Kindheit an erfahren.
Mit exzellenten Sprachkenntnissen in Französisch wurde der junge Absolvent schon während der Promotionsphase wieder in der Partei aktiv. 2004 wurde er von der CSU gefragt, ob er für das Europäische Parlament kandidieren würde. Er hatte zwar auf Listenplatz 27 kaum eine Chance, die Wahl zu gewinnen, nahm aber die Kandidatur sehr ernst und absolvierte über viele Wochen hinweg mehr als 80 Wahlkampftermine für die Europawahl.
"Das war wirklich eine tolle Erfahrung, und ich merkte, dass mir Politik großen Spaß macht. Mir liegt es, auf Menschen zuzugehen, ihnen zuzuhören und nach praktikablen Lösungen zu suchen", sagt Brandl. 2007 promovierte er an der Universität München auf dem Gebiet Informatik und sah seine berufliche Zukunft immer noch klar in der Wirtschaft und nicht in der Politik.
Als er im gleichen Jahr zum Landesschatzmeister der Jungen Union Bayern gewählt und 2008 als Kandidat für die Bundestagswahl nominiert wurde, schien sich das Blatt zu wenden. Wenn man ihn darauf anspricht, dass er mit Anfang 30 bereits eine erstaunliche Parteikarriere hingelegt hat, sagt Brandl: "Für mich gab es nur zwei Optionen. Entweder, ich schaffe den Sprung in die Politik schon mit Anfang 30 oder ich lasse es".
Als Horst Seehofer 2008 Ministerpräsident von Bayern wurde, suchte die CSU einen neuen Direktkandidaten, der in dessen bisherigem Wahlkreis kandidieren könnte. "Ich stand nie auf einer Kandidatenliste", sagt Brandl und fügt an: "Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass ich einmal der Nachfolger von Horst Seehofer werden könnte."
Doch in der CSU erinnerten sich einige Mitglieder daran, dass Brandl im Jahr 2004 einen engagierten Wahlkampf für die Europawahl gemacht hatte. Der junge Politiker wurde ins Rennen geschickt und setzte sich gegen weitere zehn Kandidaten durch, die ebenfalls Ambitionen auf das Direktmandat hatten.
Brandl konnte die Abstimmungen in den einzelnen CSU-Kreisverbänden für sich entscheiden und trat die Nachfolge seines prominenten Vorgängers ganz selbstbewusst an. Er sah die Herausforderung als Chance und machte einen traditionell bayerischen Wahlkampf. Brandl sprach auf mehr als 300 Wahlkampfterminen mit den Menschen am liebsten persönlich - an Infoständen, in Innenstädten oder Bahnhöfen, auf klassischen Diskussionsveranstaltungen oder im Bierzelt.
"Wahlkampf ist eine enorm anstrengende Sache, für die man am Ende belohnt wird oder eben nicht", sagt Brandl und fügt an: "Weil ich vorher nicht wusste, welches Ergebnis am Ende unterm Strich steht, musste ich jeden Termin hochkonzentriert und engagiert absolvieren. Schließlich will ich überzeugen".
Am 27. September 2009 wusste Reinhard Brandl, dass sich sein Einsatz gelohnt hatte. Er holte als Direktkandidat mit 57 Prozent der Stimmen - ein sensationelles Ergebnis. Und weil Reinhard Brandl nie halbe Sachen macht, hat er auch als Parlamentarier mehr Ämter als so manche andere Abgeordnete.
Er ist der erste stellvertretende Vorsitzende der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Mitglied im Verteidigungsausschuss sowie Mitglied der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft und im Unterausschuss Neue Medien des Ausschusses für Kultur und Medien.
Seine Ziele in dieser Wahlperiode formuliert Brandl ebenfalls klar und deutlich: Konsolidierung der Staatsfinanzen, Stärkung des ländlichen Raums, Umwelt- und Klimaschutz sowie das Miteinander der Generationen. (bsl)