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Die Debatte um die Zukunft der Gentechnik in der Landwirtschaft wird bereits seit langer Zeit europaweit heftig geführt. Doch in ihrem Ergebnis steht die Politik noch am Anfang. "Gentechnik darf nicht eine Innovation um der Innovation willen sein, sondern muss einen Mehrwert bringen", erklärte John Dalli, EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, am Montag, 4. Oktober, im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter Vorsitz von Hans-Michael Goldmann (FDP) in Berlin. Darin waren sich die Agrarexperten unstrittig einig und nutzten die Zeit, um über die Standards und Durchsetzbarkeit einheitlicher Richtlinienkompetenz um genetisch veränderte Organismen (GVO) in der EU zu debattieren.
"Vorrangig geht es um den Verbraucherschutz", eröffnete der Kommissar aus Malta seine Rede. Der "Gesundheitsaspekt" sei von zentraler Bedeutung und verantwortliches Handeln notwendige Voraussetzung, um der neuen Technologie Vertrauen entgegenbringen zu können.
Andererseits dürfe nicht vergessen werden, dass GVO auch aus wirtschaftlicher Sicht wichtig seien, um Europa im Wettbewerb dieser neuen Technologie zu halten. Doch die Diskussion sei emotional sehr aufgeladen: "Die einen fragen, was die Folgen noch in einer Million Jahren mit sich bringen, und die anderen, ob der Hunger jemals besiegt werden kann, wenn wir auf diese Technologie verzichten", sagte Dalli.
Beide Standpunkte sieht er nicht als entscheidend an. "Entscheidungen dafür oder dagegen müssen auf wissenschaftlicher Basis geführt werden, nicht auf emotionaler", sagte Dalli. Der Kommissar wirft den Ländern jedoch doppeltes Spiel vor.
Eine gültige Regelung auf wissenschaftlicher Grundlage innerhalb der EU sei zwar von allen gewünscht, aber wenn eine konkrete Entscheidung gefällt werden müsse, werde sich gedrückt, unabhängig auf welcher Grundlage. "Die Mitgliedstaaten müssen sich stellen: Es gibt nur ein Ja oder Nein bei der Frage nach der Zulassung einer Pflanze."
Nach einem Verwaltungsbeschluss der EU muss aufgrund der sogenannten "Koexistenz" sowohl ökologischer Landbau als auch der vorschriftsmäßige Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen nebeneinander möglich sein. "Unsere Position ist: Die Mitgliedstaaten sollen entscheiden, ob GVO in ihrem Hoheitsgebiet angebaut werden dürfen“, erklärte der Kommissar.
Auf diese Weise werde in einem Land erlaubt, was in dem nächsten verboten sei. Jedoch blieben die in der EU harmonisierten Handelsbestimmungen über gentechnisch veränderte Waren von dieser Entscheidung unberührt und nach wie vor verbindlich, kam Dalli möglicher Kritik zuvor.
Auch sei die Kommission nicht scheu: "Die EU-Kommission gibt keine Verantwortung ab", denn schließlich müssten die Mitgliedstaaten über den Ministerrat entscheiden, ob sie eine Pflanze zulassen oder nicht. Doch der Ministerrat sei in dieser Frage uneinig. Entscheidungen würden vertagt oder blieben aus.
Abhilfe könne nur eine unabhängige Behörde schaffen, "die von allen akzeptiert ist". Solange die Gentechnikdebatte emotional geführt werde und laut Dalli Objektivität vermissen lasse, wolle er die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit in dieser Frage stärken. John Dalli zeigte sich sicher, dass die Diskussion noch lange währen und das EU-Parlament frühestens im Jahr 2011 erste Beschlüsse fassen wird. (eis)