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Am Donnerstag, 16. Dezember 2010, hat der Bundestag über eine Große Anfrage der SPD-Fraktion ( 17/3712) zur nationalen Engagementstrategie der Bundesregierung, die am 6. Oktober 2010 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, debattiert. Ziel der Engagementstrategie ist es laut Regierung, "die Grundlage für eine gemeinsame und aufeinander abgestimmte Engagementförderung aller Ressorts“ zu schaffen. Dabei gehe es um die Förderung intelligenter, innovativer Lösungen für gesellschaftliche Probleme durch Akteure vor Ort und eine gemeinsame Anstrengung des Staates, der Bürgergesellschaft und der Wirtschaft zur Bewältigung dieser Probleme.
Als einen "richtigen Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnete Markus Grübel (CDU/CSU), Vorsitzender des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement, die Engagementstrategie. "Eine solche Strategie gab es hier noch nicht, jetzt gibt es sie“. Unter anderem gebe es künftig "ein breites Angebot an Freiwilligendiensten“. Das sei eine gute Bilanz, die bislang erzielt worden sei.
Der SPD-Fraktion zufolge bleibt die Engagementstrategie der Bundesregierung allerdings hinter den geweckten Erwartungen zurück. Eine solche könne nur im Dialog mit der Bürgergesellschaft entstehen, so Ute Kumpf (SPD), engagementpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Doch das sei nicht geschehen. So habe die Engagementstrategie bei den Betroffenen zu vielerlei Überraschungen und Enttäuschungen geführt.
Die Bundesregierung habe etwa angekündigt, den Engagierten durch eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu helfen. Doch fehle es an konkreten Aussagen etwa beim Zuwendungsrecht und zum Bürokratieabbau. Bei den Freiwilligendiensten, die im Zuge des Wegfalls des Zivildienstes 2011 neu geordnet werden, würden Doppelstrukturen geschaffen, kritisierte Kumpf weiter.
Konterkariert werde die Engagementstrategie zudem durch die Haushaltsbeschlüsse der schwarzgelben Koalition, die "heftige Einschnitte“ bei wichtigen Projekten des bürgerschaftlichen Engagements wie etwa dem Programm Soziale Stadt, einem Investitionsprogramm der Städtebauförderung, zur Folge habe.
Die Rednerin der Linksfraktion, Heidrun Dittrich, übte grundsätzliche Kritik an der Förderung bürgerschaftlichen Engagements. Vieles, was als solches gepriesen werde, sei eigentlich Aufgabe des Staates, der er nicht nachkomme. Als Beispiel führte Dittrich an, dass dem Staat oftmals das Geld fehle, Schulen zu sanieren, so dass die Eltern selbst die Klassenzimmer ihrer Kinder streichen müssten.
"Besser wäre: Streichen Sie die Steuervergünstigungen für Reiche“, sagte Dittrich in Richtung Regierungsbank. "480 Milliarden Euro zur Rettung der Banken allein in Deutschland“, rief Dittrich. "Kein Wunder, dass dem Staat das Geld fehlt, um Schulen zu sanieren.“
Nicht Deutschland schaffe sich ab, so die Abgeordnete in Anspielung auf den Titel des umstrittenen Buchs des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD), sondern der Sozialstaat werde abgeschafft. "Ihre Bürgergesellschaft“, sagte Dittrich an die Adresse der Koalitionsfraktionen gerichtet, "ist das Ende des Sozialstaats“.
Dem widersprach Florian Bernschneider vehement. Der FDP-Abgeordnete forderte Dittrich auf, doch "endlich einmal eine andere Platte aufzulegen“. Doch auch in Richtung SPD-Fraktion ging seine Kritik. Er verstehe gar nicht, warum die Große Anfrage der Sozialdemokraten bereits diskutiert werde, obwohl die schriftliche Antwort der Bundesregierung noch gar nicht vorliege.
Daher werde er das Gefühl nicht los, so Bernschneider, dass diese Debatte stattfinde, damit auch die SPD mal wieder etwas zum Thema Bürgerschaftliches Engagement sagen könne. "Wir kommen hier mit großen Schritten voran“, rief er Ute Kumpf mit Blick auf die Verabschiedung der Engagementstrategie der Bundesregierung zu, "und Sie ärgert das.“
Anstatt sich konstruktiv in die Debatte etwa um die Freiwilligendienste einzubringen, die mit der Bereitstellung von 70.000 Stellen "den größten Zuwachs, den wir jemals hatten“, verzeichneten, kritisierten die Sozialdemokraten Doppelstrukturen. "Ja, es sind zwei Dienste“, so Bernschneider, "aber wir sorgen dafür, dass die Freiwilligen im Einsatz die gleichen Rahmenbedingungen haben.“
Die Ausführungen Bernschneiders nahm Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) zum Anlass für scharfe Kritik am "Niveau in dieser Debatte“. Manche Redebeiträge erschienen ihr so profan, so die Abgeordnete, dass man sich lieber davon verabschieden sollte. Sonst mache auch die Arbeit im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement, in dem man sich seit seiner Einsetzung 2002 interfraktionell bemühe, die Förderung politischen Engagements durch den Bundestag voranzubringen, keinen Sinn.
Der Regierung stellte Haßelmann ein vernichtendes Zeugnis aus, was die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Vorhaben zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements betreffe. So seien bislang weder das angekündigte Gesetz zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements noch das ebenfalls geplante Freiwilligendienststatusgesetz eingebracht worden.
Zudem seien die Haushaltsmittel zur Förderung ehrenamtlichen Engagements für 2011 um 20 Prozent gekürzt worden. Und die "Luftblasen“ in der Engagementstrategie, so Haßelmann, abschließend, seien es nicht wert, sich "in der Tiefe“ damit zu beschäftigen. (nal)