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Ewa Klamt (CDU) ist erst seit April 2010 Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Sie kam als Nachrückerin für Astrid Grotelüschen, die vom damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff als Ministerin in sein umgestaltetes Kabinett berufen wurde und deshalb ihr Bundestagsmandat abgegeben hatte. Ewa Klamt (60) ist kein Politik-Neuling, sondern ein ausgewiesener Politik-Profi. Die Parlamentarierin war zuvor zwei Legislaturperioden lang Europaabgeordnete in Brüssel und kandidierte zwanzig Jahre nach ihrem Parteieintritt 2009 für den Bundestag - verfehlte das Mandat aber knapp. Doch es waren nur wenige Monate, in denen sie ausschließlich ein Privatleben führte, denn Ende April 2010 wurde sie als Nachrückerin in den Deutschen Bundestag berufen.
Ewa Klamt wurde in Straubing geboren, aber die Familie lebte ab 1961 in Bonn, weil der Vater als Offizier bei der Bundeswehr auf der Hardthöhe arbeitete. Als er 1964 als Verbindungsoffizier nach Sacramento in Kalifornien versetzt wurde, zog die Familie in die USA. "Ich war begeistert, denn es war eine einmalige Chance. Zweisprachig aufzuwachsen ist nur wenigen vergönnt", resümiert die Abgeordnete. Ewa Klamt besuchte in Sacramento die Mira Loma High School und das American River College.
Nach der Rückkehr nach Deutschland studierte sie an der University of Maryland in der Münchner Dependance Englisch und Mathematik. "Ich hatte großes Glück, dass ich dort angenommen wurde. Die Uni war für Kinder amerikanischer Militärangehöriger und Diplomaten vorgesehen, aber ich schaffte die Aufnahme mit dem Militärausweis meines Vaters", sagt Ewa Klamt.
Während und nach dem Studium dachte Ewa Klamt nicht darüber nach, sich parteipolitisch zu engagieren. "Meine Eltern waren am politischen Geschehen sehr interessiert, gehörten jedoch keiner Partei an", sagt sie.
Nach dem Studium begann für Ewa Klamt das, was man eine klassische Frauenbiografie nennt. Sie heiratete, wurde Mutter und versuchte wie viele andere, Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Gleichzeitig engagierte sie sich im Kindergarten und in der Schule als Elternsprecherin. "So kam ich mit vielen Menschen ins Gespräch und natürlich auch mit Politikern", sagt die Abgeordnete.
Nach ihrem Umzug in das niedersächsische Gifhorn fand Ewa Klamt einen beruflichen Wiedereinstieg als Dozentin an der Kreisvolkshochschule und übernahm 1990 die Sprachabteilung. Bald stellte sich bei den Kollegen die Frage: Wer vertritt eigentlich unsere Interessen? Für freiberufliche Dozenten gibt es keine Gewerkschaft und niemand interessierte sich für die Probleme von Freiberuflern.
"Ich schlug vor, einen Dozentenrat zu gründen, so etwas kannte ich aus Wolfsburg. Weil ich die Idee hatte, sollte ich auch gleich an die Umsetzung gehen", sagt Ewa Klamt und fügt an: "So wurde ich zur Sprecherin des Dozentenrates".
Ihr erster Weg führte sie zu örtlichen Politikern, und dort formulierte sie die Forderung, dem Dozentenrat Sitz und Stimme im Beirat des Kreistages zu geben. Dieses Ansinnen wurde von allen Parteien kategorisch abgelehnt. "Ich fand das undemokratisch und begann, für unsere Interessen zu kämpfen. Um Aufmerksamkeit zu erreichen, nahmen wir unser Recht wahr und gingen zu allen öffentlichen Sitzungen des Beirates", erzählt Ewas Klamt.
Zuerst waren es zehn Dozenten, aber innerhalb kürzester Zeit kamen fünfzig und mehr Kollegen. Unter diesem Druck stimmte der Beirat zu, dass ein Vertreter in den Beirat entsandt werden darf. Es war Ewa Klamt. Sie erzählt: "Wir hatte mit demokratischen Mitteln dafür gesorgt, dass wir angehört wurden. Plötzlich war ich mitten in der Politik - wenn auch ohne Parteibuch."
Nach diesem Erfolg hatte sich Ewa Klamt für die Politik empfohlen. Gleich vier Parteien warben um die engagierte Dozentin, fragten nach, ob sie Mitglied werden und bei der Kommunalwahl 1991 kandidieren wolle. Doch so einfach machte sie es sich nicht.
Sie schaute sich die Programme aller Parteien an und sagt heute: "Als ich im Abwägungsprozess war, hatte ich ein Gespräch mit einem Kreistagsabgeordneten der SPD. Ich fragte ihn, wie er damit klar kommt, Entscheidungen mitzutragen, zu denen er nicht mit vollem Herzen steht. Er antwortete: Gäbe es eine Partei, mit der die Mitglieder hundertprozentig übereinstimmen würden, dann hätte jeder seine eigene Partei. Ich entschied mich für die CDU, weil ich dort die größten Schnittmengen mit meinen Werten und Zielen fand."
Kurz nachdem Ewa Klamt in die CDU eingetreten war, kandidierte sie schon für den Gifhorner Stadtrat und machte Wahlkampf. "Ich wollte keine anonyme Kandidatin sein, die die Menschen nur von Handzetteln kennen. Deshalb ging ich von Haustür zu Haustür und stellte mich vor", erzählt sie.
Diese persönliche Ansprache zahlte sich aus. Ewa Klamt wurde auf Anhieb direkt als Ratsmitglied ins Stadtparlament gewählt und wurde später als erste Frau stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Gifhorn.
1999 standen die Wahlen zum Europäischen Parlament an. Ewa Klamt, inzwischen Mitglied im Landesvorstand der CDU, wusste, dass es in Niedersachsen vier Europaabgeordnete der CDU gab, in ihrem Wahlbezirk aber keinen. Sie bewarb sich und wurde für die Europawahl nominiert. "Mein Vorteil war, dass ich die einzige Bewerberin war. Außerdem sprach ich perfekt Englisch, was eine gute Voraussetzung für die Arbeit im Brüssel ist", sagt die Abgeordnete.
In ihrem Wahlkampf stellte sich Ewa Klamt nicht nur den Bürgern auf vielen hundert Veranstaltungen vor. Sie besuchte auch alle CDU-Kreisverbände und fast jeden Ortsverband, um mit den CDU-Mitgliedern an der Basis zu sprechen.
Gute Vorzeichen hatte Ewa Klamt in diesem Wahlkampfjahr allerdings nicht. Die CDU hatte unter Helmut Kohl gerade die Bundestagswahl verloren, und in dieser Zeit Wahlkampf für die CDU zu machen, war eine Herausforderung. Ewa Klamt war trotzdem erfolgreich und vertrat ab Juni 1999 Niedersachsen in Brüssel und Straßburg.
In der ersten und auch in der zweiten Legislatur war ihr Arbeitsschwerpunkt die europäische Innenpolitik. "Ich arbeitete sehr eng mit den Bundestagsabgeordneten in Berlin zusammen und erfuhr, wie wichtig ist es ist, eine optimale Vernetzung zu haben", sagt Ewa Klamt.
Im Jahr 2009 kandidierte Ewas Klamt nicht noch einmal für das Europäische Parlament, sondern für den Deutschen Bundestag. "Mein Gegenspieler in Niedersachsen war Hubertus Heil, ein politisches Schwergewicht im Bund und im Land.
Hubertus Heil war damals noch Generalsekretär des SPD und hatte einen enormen Bekanntheitsgrad. Ich hatte auf einen Wahlsieg gesetzt, aber den verfehlte ich knapp. Auch der Listenplatz zog nicht. Aber das ist ein demokratischer Prozess, Niederlagen gehören auch dazu", sagt Ewa Klamt.
Nach der verlorenen Wahl genoss Ewa Klamt wenige Monate ihr Privatleben. Aber bereits im April 2010 erhielt sie vom damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff einen Anruf. Er teilte ihr mit, dass sie für Astrid Grotelüschen in den Deutschen Bundestag nachrücken würde.
"Es kam völlig überraschend für mich, aber es war und ist eine tolle Herausforderung." sagt Ewa Klamt. Seit dem 29. April 2010 ist sie als Bundestagsabgeordnete Mitglied in den Ausschüssen für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss. (bsl)