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Ulrike Gottschalck ist eine bodenständige Politikerin, die für ihre Überzeugungen schon mal richtig streiten kann. Vor 36 Jahren wurde sie im Landkreis Kassel Mitglied der Sozialdemokraten, da war sie gerade 19 Jahre alt. Zwei Jahre zuvor engagierte sie sich aber schon bei den Jusos und wurde Vorsitzende des Unterkreises im hessischen Losse-Niestetal. In mehr als drei Jahrzehnten sammelte Ulrike Gottschalck viele kommunal- und landespolitische Erfahrungen, bis sie im Jahr 2009 als Kandidatin für den Bundestagwahlkampf nominiert wurde. Sie konnte die Wahl für sich entscheiden und zog 2009 als direkt gewählte Abgeordnete der SPD Hessen für den Wahlkreis Kassel in den Deutschen Bundestag ein.
Ulrike Gottschalck ist in der nordhessischen Region tief verwurzelt. Die gelernte Kinderpflegerin war bereits während ihrer Ausbildung bei den Jusos aktiv. "Ich bin ja quasi als Sozialdemokratin geboren", sagt Ulrike Gottschalck und fügt an: "In meinem Elternhaus ging es immer sehr politisch zu.
Mein Vater war ein engagierter Arbeitnehmervertreter und in unserer Region sehr bekannt. Trotzdem hatte ich mit ihm heftige Diskussionen, weil ich als junge Frau natürlich auch linke Juso-Ansichten vertrat und mich abgrenzen wollte."
Als sie 1972 zu den Jusos kam, gab es nur wenige junge Frauen, die sich politisch engagierten, und im von Männern dominierten Ortsverein musste Ulrike Gottschalck kämpfen, um sich durchzusetzen. "Ich wollte ernst genommen werden und ließ mich nicht unterkriegen.
Mein größer Erfolg war damals: Ich setzte durch, dass im Ort Tafeln mit der Aufschrift 'Niestetal atomwaffenfreie Zone' aufgestellt wurden", sagt Ulrike Gottschalck und fügt hinzu: "Ich engagierte mich in der SPD, weil ich als junge Frau von Willy Brandt so beeindruckt war, und der ließ sich ja auch nicht beirren. Ich lief damals ständig mit einem Willy-Button am Kragen herum, weil er für mich als Kanzler und Friedensnobelpreisträger ein großes Vorbild war."
Von 1975 bis 1984 wurde es ruhiger um Ulrike Gottschalck. Die Kinderpflegerin wurde selbst Mutter von drei Kindern und reduzierte ihre parteipolitischen Aktivitäten. "Was nicht hieß, dass ich plötzlich unpolitisch war, meine Prioritäten lagen damals aber in erster Linie bei meiner Familie. Ich habe es meinem Mann zu verdanken, dass ich meine ehrenamtliche Arbeit für die Partei nicht vollständig ließ. Er hat mir für meine politischen Aktivitäten immer den Rücken frei gehalten", sagt Ulrike Gottschalck.
Als die Kinder größer waren, engagierte sich Ulrike Gottschalck aktiver in der SPD, aus dem Juso-Alter war sie inzwischen "herausgewachsen". Bei ihren drei Kindern hatte Ulrike Gottschalck offenbar das Interesse für sozialdemokratisches Engagement geweckt, denn auch sie wurden Jusos und traten in die Fußstapfen ihrer Mutter.
Ulrike Gottschalck war von 1989 bis 2006 Gemeindevertreterin im nordhessischen Niestetal. Während dieser Zeit, sammelte sie kommunalpolitisch viele Erfahrungen, auf die sie zurückgreifen konnte, als sie 1993 Abgeordnete im Kreistag des Landkreises Kassel wurde. 1999 übernahm sie die Geschäftsführung der Kreistagsfraktion der SPD. "Damit war ich sechs Jahre später in der Berufspolitik angekommen", sagt Ulrike Gottschalk.
Im Juni 2005 stand sie vor einer weiteren parteipolitischen Herausforderung. Ulrike Gottschalck wurde Abgeordnete im Hessischen Landtag - als Nachrückerin für einen Kollegen, der ein Bürgermeisteramt übernahm und sein Mandat nicht mehr ausüben konnte. "Als bodenständige Nordhessin erstaunte mich am meisten, wie wichtig sich einige Abgeordnete nahmen", sagt Ulrike Gottschalck.
Das Schicksalsjahr der SPD in Hessen begann im Januar 2008 mit der Landtagswahl - SPD-Spitzenkandidatin war Andrea Ypsilanti. Es war ein hoffungsvoller Start, die SPD in Hessen wollte wieder stärkste Kraft werden, aber es wurde ein Desaster. Ulrike Gottschalck erzählt: "Ich hatte in Kassel einen engagierten Wahlkampf geführt und landesweit das beste SPD-Wahlergebnis erzielt. Ich konnte mich aber darüber nur kurz freuen, denn es folgte ein mittleres Erdbeben mit dramatischen Auswirkungen für die SPD."
Vier sozialdemokratische Abgeordnete hatten bekannt gegeben, dass sie Andrea Ypsilanti bei der Wahl zur Ministerpräsidentin ihre Stimme verweigern würden. Als klar wurde, dass die Verweigerer nicht zum Umdenken zu bewegen waren, gab die Spitzenkandidatin auf und trat von allen Parteiämtern zurück.
In der SPD herrschte Ratlosigkeit, was sich 2009 bei den Neuwahlen in Hessen zeigte. Die SPD musste herbe Stimmenverluste hinnehmen und erreichte mit 23,7 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Hessen. Ulrike Gottschalck stand aber auch hier wie ein Fels in der Brandung und gewann erneut das Direktmandat für die SPD - wieder mit einem Spitzenergebnis.
"Ich habe versucht, mit den Menschen persönlich ins Gespräch zu kommen, habe Diskussionen um Probleme nicht gescheut und wollte eine Politikerin sein, die ehrlich und glaubwürdig ist", sagt Ulrike Gottschalk.
Dass die Menschen Vertrauen in die hessische Sozialdemokratin haben, war unter den Genossen kein Geheimnis. Als im Wahlkreis Kassel ein Bundestagskandidat nominiert werden sollte, bewarben sich drei Männer um das Mandat. Weil zwei Bewerber im internen Rennen ausschieden und der dritte Bewerber am letzten Tag vor Fristablauf zur Nominierung das Handtuch warf, sollte Ulrike Gottschalck antreten.
Sie sagt: "Am Vormittag gegen 11.30 Uhr erhielt ich den Anruf meiner Partei, dass ich mich um eine Nominierung bewerben solle. Bedenkzeit 30 Minuten. Am Nachmittag gab es eine Nominierungskonferenz, weil ja alles rechtlich korrekt laufen muss. Um 18 Uhr war Bewerbungsschluss, um 17.57 Uhr erhielt ich den Eingangsstempel".
Als "Notkandidatin" hat Ulrike Gottschalck in Hessen allerdings niemand gesehen. Im Gegenteil. Die Genossen waren froh, dass sie eine so erfahrene Sozialdemokratin in den Wahlkampf schicken konnten. "Für mich war das hart, denn ich absolvierte innerhalb von 18 Monaten den dritten Wahlkampf", sagt die Abgeordnete. Der Vorteil, den Ulrike Gottschalck für sich nutzen konnte: Sie hatte ein professionelles und gut eingespieltes Wahlkampfteam hinter sich, mit dem sie im Bundestagswahlkampf mehr als 500 Wahlkampftermine absolvierte.
Das zahlte sich aus. Sie gewann das Direktmandat für die SPD. Die Freude über den eigenen grandiosen Wahlsieg wurde nach der ersten Hochrechnung des Gesamtergebnisses allerdings getrübt, als die Zahlen und die Sitzverteilung der SPD im Bundestag bekannt gegeben wurden. "Da war ich schon maßlos enttäuscht", so die Abgeordnete.
Doch die energiegeladene Hessin ging die Sache optimistisch an. "In meinem Wahlkreis habe ich die meisten Stimmen gewonnen, und das ist eine optimale Basis für eine gute politische Arbeit", sagt Ulrike Gottschalk. Oberste Priorität haben für sie immer die Menschen im Wahlkreis, weil die ihr die Stimme gegeben haben. Und die will sie nicht enttäuschen.
Ulrike Gottschalck ist Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, stellvertretende kommunalpolitische Sprecherin der SPD, im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (bsl)