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Die Bundesregierung will Geldanleger besser schützen. Ein dazu vorgelegter Entwurf eines Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes (17/3628, 17/3803) steht am Freitag, 11. Februar 2011, im Anschluss an die um 9 Uhr beginnende 90-minütige abschließende Beratung zur Abstimmung. Dazu hat der Finanzausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt ( 17/4710). Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass alle Mitarbeiter in der Anlageberatung künftig bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) registriert werden müssen. Der BaFin werde so "ein deutliches Bild der Situation in der Anlageberatung und der auf sie einwirkenden Strukturen vermittelt", heißt es zur Begründung. Dies solle helfen, in der Vergangenheit beobachtete Fehlentwicklungen in der Anlageberatung einzudämmen.
Dazu gehört auch die Falschberatung. In solchen Fällen, aber auch bei fehlenden Informationen über Provisionen, soll die BaFin künftig Bußgelder verhängen dürfen. Anleger müssen zudem besser über Finanzprodukte informiert werden. Dazu soll ein "kurzes und leicht verständliches Dokument" dienen, fordert die Regierung.
Der Finanzausschuss hat am 9. Februar mit der Koalitionsmehrheit dem Regierungsentwurf zugestimmt. Die SPD und Bündnis 90/Die Grünen stimmten gegen den Entwurf, die Linksfraktion enthielt sich.
Ein Sprecher der Unionsfraktion hatte zuvor die zahlreichen von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Änderungen an dem Regierungsentwurf erläutert. So soll etwa das für Wertpapiere vorgeschriebene Produktinformationsblatt nur bei Kaufempfehlungen ausgehändigt werden müssen, nicht aber bei Verkaufsempfehlungen.
An der Einführung eines zentralen Registers für Anlageberater von Finanzinstituten hielt die Koalition fest. So müssen die Institute ihre Anlageberater der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) melden. Auf Nachfragen der Oppositionsfraktion versicherte der CDU/CSU-Sprecher, die Registrierungspflicht gelte auch für Vertriebsverantwortliche und "Compliance-Beauftragte“.
Man wolle mit der Registrierung aber "keine Verkehrssünderkartei“ schaffen und keinen Automatismus auslösen. Die BaFin müsse bei Verdacht auf Falschberatung jeden Einzelfall prüfen. Als "ultima ratio“ könne ein Mitarbeiter für zwei Jahre von der Beratungstätigkeit ausgeschlossen werden. Man sei sich aber bewusst, dass die Mitarbeiter nur das letzte Glied in einer langen Kette seien.
Die gesetzlichen Regelungen seien notwendig geworden, da sich die Finanzindustrie selbst nach der jüngsten Finanzkrise keine Regeln zum Anlegerschutz gegeben habe. Es müsse "eine andere Unternehmenskultur“ geben, verlangte die Unionsfraktion.
Gleichzeitig bestätigte die Unionsfraktion, dass die geplanten Regelungen nicht für freie Anlageberater gelten würden. Regelungen für diesen Kreis würden von der Koalition noch vor der Sommerpause vorgelegt. "Die werden sich noch warm anziehen müssen“, versicherte die Unionsfraktion.
Offene Immobilienfonds müssen in Zukunft mehr Eigenkapital vorhalten. Die Quote wird von 30 auf 50 Prozent erhöht. Zwei Drittel aller Fonds hätten diese Quote schon. Dadurch könne die Rendite sinken, aber die Sicherheit für die Anleger werde sich erhöhen, so die Unionsfraktion.
Um Kleinanlegern entgegenzukommen, dürfen sie in Zukunft unabhängig von den neuen Kündigungsfristen Anteile im Wert von 30.000 Euro pro Halbjahr an die offenen Immobilienfonds zurückgeben. Bisher war ein Betrag von 5.000 Euro im Monat vorgesehen. Damit werde für den Privatanleger "zusätzliche Flexibilität“ geschaffen, heißt es in der Begründung des Änderungsantrages.
Die SPD-Fraktion zeigte sich in der Diagnose mit der Union einig, "dass der Mitarbeiter das schwächste Glied in der Kette ist“. Nur greife die Koalition zur falschen Therapie, wenn sie 300.000 Berater registrieren wolle. Das sei ein "bürokratisches Monster“. In der Zahl seien Vertriebsverantwortliche und ”Compliance-Beauftragte“ nicht einmal enthalten.
Die SPD verlangte, die einfachen Berater von der Registrierungspflicht auszunehmen. Andernfalls hätten 20 Mitarbeiter bei der BaFin ein Register von 400.000 Namen zu verwalten. Das sei nicht zielführend. Nur die "Sünder unter den Beratern“ sollten dem Register gemeldet werden.
Die FDP-Fraktion nannte den Gesetzentwurf "einen Baustein einer umfassenden Verbraucherschutzgesetzgebung“. Das Anlegerschutzgesetz dürfe nicht isoliert gesehen werden. Die Koalition habe noch viel mehr vor, etwa eine Regulierung der Tätigkeit freier Finanzberater mit einheitlichen Haftungsregelungen. Das werde "ein Quantensprung im Verbraucherschutz“ werden.
Die Linksfraktion wies auf den Teil des Gesetzentwurfs hin, in dem durch verschärfte Meldepflichten bei Aktienkäufen ein "Anschleichen“ an Unternehmen zwecks Übernahme verhindert werden soll. Auch mit dieser Neureglung würden deutsche Unternehmen der Gefahr ausgesetzt bleiben, dass sie übernommen und mit Schulden überhäuft würden. Auch die Schutzmaßnahmen bei offenen Immobilienfonds könnten umgangen werden, etwa durch die Verteilung der Anteile auf mehrere Depots.
Bündnis 90/Die Grünen zeigten sich ebenfalls unzufrieden. Das Anlegerschutzgesetz enthalte keine Vorschriften zum Grauen Kapitalmarkt und zu den Zertifikaten, für die es eine Produktregulierung geben müsse. Darauf bleibe die Koalition eine Antwort schuldig.
Mit Mehrheit der Koalitionsfraktion lehnte der Finanzausschuss mehrere Gesetzentwürfe und Anträge der Oppositionsfraktionen zum Anlegerschutz ab ( 17/2136, 17/3481, 17/3540, 17/3210).
Die Registrierung aller Anlageberaterhatten Sachverständige Anfang Dezember des vergangenen Jahres in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses kritisiert. So bezeichnete ein Vertreter der Deutschen Bank dies als unnötig.
Statt 300.000 Anlageberater zu registrieren, sollte besser eine Negativkartei erstellt werden, in der die Meldungen bestimmter Beschwerdefälle gesammelt und auch die Namen der betroffenen Berater erfasst werden. Eine generelle Meldepflicht helfe nicht wirklich weiter.
Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die vorgesehene Möglichkeit, bei Falschberatung Berufsverbote zu verhängen. Damit würden die Bankberater zu Sündenböcken gemacht, obwohl sie nur Vorgaben zu erfüllen hätten. Die Berater stünden schließlich "unter erheblichem Druck", bestimmte Wertpapiere zu verkaufen. Bündnis 90/Die Grünen haben sieben Änderungsanträge vorgelegt, die im Wesentlichen darauf abzielen, den Schutz der Anleger zu verbessern. Die SPD hat fünf Änderungsanträge eingereicht.
Neben einem verbesserten Anlegerschutz sieht der Gesetzentwurf auch Neuregelungen für offene Immobilienfonds vor. Für Anteile an diesen Fonds soll eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren gelten. Anleger, die ihre Anteile im dritten Jahr verkaufen, sollen einen Abschlag von zehn Prozent des Anteilswertes hinnehmen müssen. Im vierten Jahr sind es fünf Prozent.
Inzwischen haben CDU/CSU und FDP im Finanzausschuss 17 Änderungsanträge zum Regierungsentwurf vorgelegt, über die der Ausschuss am Mittwoch, 9. Februar, beschließen wird. Unter anderem empfehlen die Fraktionen, von Rücknahmeabschlägen abzurücken und stattdessen eine Kündigungsfrist vorzusehen.
Nach dem Vorschlag der Abgeordneten müssen Anteilsrückgaben, die 30.000 Euro pro Jahr und Anleger übersteigen, unwiderruflich gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erklärt werden, wobei eine Rückgabefrist von einem Jahr eingehalten werden muss. Auch soll er den Rücknahmebetrag in den beiden vorangegangenen Jahren durchgehend im Anteilsbestand gehalten haben müssen.
Damit sollen massive Anteilsrückgaben von Anlegern wie nach Beginn der Finanzkrise verhindert werden. Damals mussten mehrere Fonds wegen nicht ausreichender Liquidität schließen und nehmen seither keine Anteile mehr zurück, um ihre Immobilien nicht stark unter Wert verkaufen zu müssen.
Der Vertreter von Credit Suisse hatte sich in der Anhörung für Kündigungs- statt Mindesthaltefristen ausgesprochen. Die Deka-Bank hatte davor gewarnt, dass es vor dem Inkrafttreten des Anlegerschutzgesetzes noch zu Anteilsrückgaben in größerem Umfang kommen könnte. Millionen von Kunden hätten schließlich Milliardensummen in offenen Fonds investiert.
Abgestimmt wird nicht nur über den Regierungsentwurf selbst, sondern auch über den von der SPD vorgelegten Entwurf zur Änderung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes ( 17/3481).
Der Bundestag stimmt ferner ab über Anträge der SPD ( 17/2136), die Regierung solle ein Gesamtkonzept zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei Finanzdienstleistungen vorlegen, der Linksfraktion ( 17/3540), wonach die Beschäftigtenrechte bei Übernahmen und Fusionen gestärkt werden müssten, und von Bündnis 90/Die Grünen ( 17/3210), den Verbraucherschutz auf Finanzmärkten nachzuholen.
Zum Gesetz haben die SPD ( 17/4721), Die Linke ( 17/4722) und Bündnis 90/Die Grünen ( 17/4723) Entschließungsanträge vorgelegt. Die SPD fordert unter anderem eine Regulierung des Grauen Kapitalmarkts, Die Linke will eine Verbraucherschutzbehörde für Finanzmärkte schaffen und die Grünen verlangen eine Regulierung des Finanzprodukts "Zertifikat". (hau)