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Gläserne Gänge schaffen Verbindungen zwischen den Häusern 3 und 4. © DBT/Hans Grunert
Als der Umzugsbeschluss von Bonn nach Berlin gefällt war
und damit klar wurde, dass das Parlament, seine Abgeordneten und
Mitarbeiter neue Arbeitsräume in Berlin brauchen, hätte
man einen großen, schlichten Büroneubau errichten
können, der in Berlins historischer Mitte allerdings wie ein
Fremdkörper gewirkt hätte. Stattdessen entstand mit dem
Jakob-Kaiser-Haus im Parlamentsviertel ein Bauwerk, das vorhandene
Architektur integriert, frühere Straßenzüge
aufgreift und sich so in die Berliner Art des Bauens einpasst. Der
Gebäudekomplex besteht aus acht Häusern und integriert
das Reichstagspräsidentenpalais. Fünf Architektenteams
waren an der Planung beteiligt. Trotz Verschiedenartigkeit und
Vielschichtigkeit im Äußeren, trotz Vereinzelung und
Separierung im Inneren, stellt das Jakob-Kaiser-Haus heute eine
funktionsfähige Arbeitseinheit dar.
Das Reichstagspräsidentenpalais wurde zuerst wieder
hergerichtet und war zwei Jahre vor den anderen Häusern
fertig. Der Architekt schloss es jedoch von Anfang an
architektonisch wie funktionell an die später entstehende
Bebauung an. Aus den Vorgaben des Bundestages entwickelten vor
allem die übrigen vier Architektenteams mehrere
Masterpläne, die einem Grundkonzept folgten: Zwei längere
Riegel greifen beiderseits der Dorotheenstraße die
historische Parzellenstruktur auf, unterscheiden sich von ihr durch
größere Innenhöfe und Verbindungen unterhalb und
oberhalb des Straßenniveaus und machen durch große
Glasflächen die Möglichkeiten moderner Energieeinsparung
nutzbar. Die Berliner Traufhöhe von 22 Metern wurde für
das Jakob-Kaiser-Haus nicht überschritten. Dennoch gibt es
atemberaubende Perspektiven aus verglasten Stockwerken in luftiger
Höhe.
Die innere Architektur des Jakob-Kaiser-Hauses macht
Orientierung leicht. Nach Norden lassen Öffnungen immer wieder
den Blick auf die Spree frei, Ost-West-Achsen gliedern die
Häuser entlang der Innenhöfe und lassen eine einfache
Zählung zu. Im Westen beginnt sie mit Haus 1, gefolgt von den
Häusern 2, 3 und 4, das an der Wilhelmstraße im Osten
abschließt. Entsprechend geht es mit der Zählung im
südlichen Block weiter: Haus 5 steht dem Tiergarten am
nächsten, gefolgt von den Häusern 6, 7 und 8, das
wiederum an der Wilhelmstraße endet. Zwischen den
Häusern 2 und 6 sowie 4 und 8 verlaufen Brücken, an denen
sich eine interne Erschließung über Stege und Wege
sowohl über mehrere Häuser als auch mehrere Etagen
anschließt.
Die Nutzung des Jakob-Kaiser-Hauses entspricht gerade nicht der
äußerlichen Aufteilung in einzelne Häuser. Das
zeigt sich insbesondere bei der Unterbringung der Fraktionen und
ihrer Mitarbeiter, die zur Hälfte im Jakob-Kaiser-Haus
untergebracht sind. Die Fraktionen sind aber nicht in einzelne
Häuser gezogen, sondern belegen ganze Stockwerke. So
erstrecken sich beispielsweise die beiden großen Fraktionen
mit ihren Büros fast durch alle acht Häuser. Die
Unterbringung der Fraktionen ist nicht auf Dauer angelegt. Die
Zimmerverteilung für die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter,
für die Fraktionen und ihre Referenten hängt
natürlich von der Sitzverteilung ab. Entsprechend der den
Wahlbezirken änderst sich auch die
Büroverteilung.
In den insgesamt 1745 Büros sind aber nicht nur die
Fraktionen untergebracht. In Haus 1 haben neben den
Parlamentsdiensten beispielsweise die
Bundestagsvizepräsidentinnen und -präsidenten ihre
Büros. Sie haben somit kurze Wege zum Plenarbereich im
Reichstagsgebäude. Das Jakob-Kaiser Haus verfügt auch
über zwei Sitzungssäle. Sie reichen über zwei
Etagen. Unten tagen die Parlamentarier, darüber ist auf einer
Besuchertribüne Platz für das Publikum. Beide
Sitzungssäle sind vor allem für Enquete-Kommissionen
vorgesehen, deren Expertenanhörungen häufig
öffentlich sind. Das Parlamentsfernsehen liegt schräg
gegenüber, im Untergeschoss von Haus 5, und verfügt
über ein eigenes, voll funktionsfähiges
Fernsehstudio.
Die Vielseitigkeit des Ensembles lässt sich auch aus der unterschiedlichen Innenhofgestaltung ablesen. Mal überdacht, mal offen, mal als kleine Parkfläche, mal mit künstlichem kleinen See gestaltet. Zwei Meter Erdfläche sorgen dafür, dass hier auch Bäume in den Himmel wachsen können. Für eine angenehme Atmosphäre sorgen auch die langen Hallen, die wie Stadtfugen quer durch die Gebäude schneiden und Licht bis hinunter ins erste Untergeschoss strahlen lassen. Glasvorbauten sorgen je nach Tageszeit und Standort für faszinierende Farbspiegelungen und haben zudem einen hohen ökologischen Nutzen, indem sie die zuzuführende Heizenergie in Grenzen halten.