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Nach dem ersten Vermittlungsverfahren zur Neugestaltung der Hartz-IV- Regelsätze folgt nun ein zweites. Der Bundesrat hat am Freitag, 11. Februar 2011, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen, nachdem zuvor der Bundestag das mit Koalitionsmehrheit durchgesetzte Ergebnis der ersten Verhandlungsrunde ( 17/4719) in namentlicher Abstimmung mit 313 Ja-Stimmen bei 252 Nein-Stimmen angenommen hatte. In der Debatte über die Lage von Arbeitslosengeld-II-Empfängern im Anschluss an die Abstimmung im Bundestag betonten sowohl die Koalitionsfraktionen als auch die Opposition, an den Verhandlungstisch mit der Regierung zurückkehren zu wollen. Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) warb eindringlich für einen Kompromiss. "Wir sind Ihnen bei den Verhandlungen weit entgegengekommen“, sagte die Ministerin in Richtung Opposition. "Alle diese Verbesserungen stehen heute auf dem Spiel.“ Die SPD-Verhandlungsführerin, die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig, gab CDU/CSU und FDP die Schuld für das Scheitern der Verhandlungen. "Wir wollen weiter verhandeln. Kommen Sie zurück an den Verhandlungstisch“, warb Schwesig. Sie kündigte an, dass der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck im Bundesrat einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten werde.
Das Bundesverfassungsgericht hatte vor einem Jahr die derzeitige Berechnung der Hartz-IV-Sätze als verfassungswidrig eingestuft und eine Neuberechnung der staatlichen Transferleistungen für Kinder und Erwachsene verlangt. CDU/CSU und FDP ( 17/3404) und die Bundesregierung ( 17/3958, 17/3982) hatten daraufhin einen Gesetzentwurf vorgelegt, dessen Beschlussfassung ( 17/4032, 17/4095) im Bundesrat aber keine Mehrheit gefunden hatte ( 17/4303).
Die Bundesregierung hatte daraufhin den Vermittlungsausschuss angerufen ( 17/4304). Das jetzt folgende zweite Vermittlungsverfahren ist möglich geworden, weil es nun nicht mehr die Regierung, sondern die Länderkammer war, die von der Möglichkeit Gebrauch machte, den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Von der Leyen zeigte sich im Bundestag zuversichtlich, doch noch einen Kompromiss über die Neuregelung von Hartz IV zu finden. "Wir wissen doch alle, dass die Kinder bei Hartz IV eher ausgegrenzt und abgehängt werden, weil die Eltern mit sozialer Isolation kämpfen", sagte die CDU-Politikerin. Das Bildungspaket folge deshalb der Einsicht, dass diesen Kindern mit konkreten Hilfen mehr geholfen werde als mit direkter Zahlung. "Das sind wir uns doch einig“, unterstrich von der Leyen.
Damit die Kommunen auch wirkliche Gestaltungsfreiheit hätten, übernehme der Bund "bedingungslos“ die Kosten für die Grundsicherung im Alter. Von der Leyen wiederholte den Vorschlag aus dem Vermittlungsausschuss, den Kommunen bis 2015 rund 20 Milliarden Euro und bis 2020 rund 54 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. "Das ist ein nachhaltiges Angebot. Mehr geht nicht“, sagte sie. Wer das ausschlage, müsse sich vorwerfen lassen, aus Prinzip keine Einigung zu wollen.
Die SPD-Verhandlungsführerin Schwesig hielt der Regierungskoalition mangelnden politischen Willen vor. "Sie haben zehn Monate gebraucht, um überhaupt einen Gesetzentwurf auf den Tisch zu legen“, sagte sie. Der FDP warf sie Blockadepolitik in den Verhandlungen vor. "Es ist muss Schluss sein mit den Schuldzuweisungen“, sagte Schwesig, die auch Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern ist. "Wir waren nah dran, an einem guten Verhandlungsergebnis.“
Die FDP wehrte sich gegen den Vorwurf, das Vermittlungsverfahren blockiert zu haben. "Wir haben uns erheblich bewegt“, sagte der FDP-Unterhändler und Fraktionsvize Dr. Heinrich L. Kolb. Die FDP sei dafür, dass alle Kinder aus Familien mit geringen Einkommen in das Bildungspaket miteinbezogen würden.
Auch in der Frage des Mindestlohnes habe seine Fraktion Zugeständnisse gemacht, sagte Kolb. Er hielt seinerseits der SPD "sture Blockadepolitik“ vor.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Die Linke, Dr. Dagmar Enkelmann, beschwerte sich, dass ihre Partei in der Schlussrunde von den Vermittlungsverhandlungen ausgeschlossen worden sei. Es sei ein "unwürdiges Feilschen und Geschacher“ im Vermittlungsausschuss gewesen. Das Verfassungsgericht habe gefordert, dass der Regelsatz für Kinder eigenständig berechnet werden muss. "Das haben Sie vollständig ignoriert“, sagte Enkelmann. Sie verwies auf Studien, dass der Regelsätze für eine gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen nicht ausreichten. "Das ist ein Skandal“, sagte Enkelmann.
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Renate Künast, beklagte, dass die Bundesregierung das Wesen eines Vermittlungsverfahrens nicht verstanden habe. Dazu gehöre, dass man auf die andere Seite zugeht, sagte sie.
Der Gesetzentwurf sei "handwerklich miserabel“. Zudem habe die Regierungskoalition Zeit vergeudet, bis dieser endlich dem Parlament vorgelegt worden sei. "Wir sind bereit, ein Vermittlungsergebnis hinzubekommen“, betonte Künast. (sn)