Navigationspfad: Startseite > Presse > Pressemitteilungen > 2010 > 07.03.2010
Vorabmeldung zu einem Interview in der
nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 7. März
2010),
- bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung
–
Der Vorsitzende des Tourismusausschusses des Bundestages, Klaus
Brähmig (CDU), regt die Einschränkung des
Nachtflugverbotes und den Bau von Start- und Landebahnen an, um
Flugreisen klimafreundlicher zu machen. „Ein großer
Teil unnötigen Kerosinverbrauchs entsteht durch unendliche
Warteschleifen“, sagte Brähmig der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 8. März) im
Vorfeld der am 10. März beginnenden Internationalen
Tourismusbörse (ITB). Diesem könnte „durch die
Reduzierung des Nachtflugverbotes und den Bau neuer Start- und
Landebahnen entgegengewirkt werden“. Dagegen
äußerte sich der CDU-Politiker zu einem Ende der
Kerosinsteuer-Befreiung skeptisch. „So etwas kann nur
über internationale Luftfahrtabkommen laufen“, betonte
Brähmig. Ansonsten werde Luftverkehr lediglich von Europa zu
anderen Drehkreuzen der Luftfahrt verlagert.
Brähmig forderte ferner, Tourismus in den Namen des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie aufzunehmen,
„um den Stellenwert dieses Wirtschaftszweiges auch nach
außen zu dokumentieren“. Die Branche habe mit 2,8
Millionen Beschäftigten „enorme wirtschaftliche
Bedeutung“.
Brähmig, der auch vertriebenenpolitischer Sprecher der
Unions-Fraktion ist, kündigte an, den Kompromiss zur Stiftung
„Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, schnell ins
Parlament einzubringen. „Wir wollen die Novellierung bis zur
Sommerpause im Bundestag umsetzen“, sagte der CDU-Politiker.
Er hoffe, dass die Ausstellung zu Flucht und Vertreibung im 20.
Jahrhundert zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2013
eröffnet werden könne.
Brähmig nahm die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen
(BdV), die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach (CDU), gegen
Kritik in Schutz. Es werde oft vergessen oder gar verneint, dass es
Steinbach gewesen sei, die als BdV-Präsidentin etwa bei
Eigentumsfragen die Nulllösung ins Spiel gebracht habe.
„Die Versöhnung würde enorm vorankommen, wenn
einige osteuropäische Nachbarn mit dieser Empathie ihre eigene
Geschichte bezüglich der Vertreibungen aufarbeiten
könnten“, fügte Brähmig hinzu.
Die Position des BdV sieht der CDU-Politiker aufgrund der
Diskussionen um dessen Mitgliederzahl nicht als geschwächt an.
„Selbst wenn es nur eine gute halbe Million wären,
hätte der BdV mehr Mitglieder als die Volksparteien SPD oder
CDU“, sagte Brähmig. Das Anliegen der Millionen
deutschen Heimatvertriebenen und ihrer Angehörigen blieben
„dessen ungeachtet gesellschaftspolitisch
relevant“.
Das Interview im Wortlaut:
Herr Brähmig, wo werden Sie in diesem Jahr ihren Urlaub
verbringen?
In meinem Wahlkreis in Sachsen. Mit
Freunden geht es nach Südtirol zum Wandern.
Für 31 Prozent der deutschen Urlauber ist das eigene
Land das beliebteste Reiseziel. Wie erklären Sie sich
das?
Warum in die Ferne schweifen – wenn das
Gute liegt so nah? Deutschland hat ein exzellentes
Preis-Leistungsverhältnis. Dazu kommen die Sicherheit, die
Infrastruktur und die Vielfältigkeit. Von der See über
die Mittelgebirge zu den Alpen und auch in den Städten –
da ist viel Musik drin. Wir können natürlich noch besser
werden, etwa beim Marketing. So könnten beispielsweise die
hessische, thüringische und bayrische Rhön als eine
Ferienregion auftreten, um Marketingmittel zu
bündeln.
Am 10. März beginnt in Berlin die Internationale
Tourismusbörse (ITB). Was macht für Sie den Reiz dieser
Messe aus?
Die ganze Welt an einem Ort versammelt zu
haben. Die Aussteller können vom Nordkap bis Feuerland, von
Amerika bis China alle klimatischen Zonen, alle Kulturkreise
vorstellen. Und die Besucher nehmen so ein komprimiertes Angebot
sehr gern an.
Was plant der Ausschuss zur ITB?
Wir werden
auf dem traditionellen ITB-Rundgang zahlreiche Gespräche mit
Botschaftern und Tourismusministern führen, um
Kooperationsmöglichkeiten auszuloten und Erfahrungen
auszutauschen.
Welche Trends erwarten Sie?
Ein wichtiges
Thema für die Tourismusbranche ist beispielsweise der weitere
Ausbau des barrierefreien Reisens. Das hat ein Riesenpotenzial. Ich
will für ein neues Bewusstsein werben und zu diesem Zwecke in
der laufenden Legislaturperiode eine Aktionsgemeinschaft
„Barrierefreies Reisen in Deutschland“ auf den Weg
bringen. Außerdem gibt es einen klaren Trend zum Städte-
und Kulturtourismus. Die Deutschen entdecken den Reiz ihres eigenen
Landes und ihrer Kultur. Diese Entwicklung wollen wir
unterstützen, ohne dabei den Deutschen die Lust an
Auslandsreisen zu nehmen.
Reisen ist immer auch mit Klimabelastung verbunden. Wie
stehen Sie zu einem Ende der
Kerosinsteuer-Befreiung?
So etwas kann nur über
internationale Luftfahrtabkommen laufen. Sonst führt das
lediglich zu einer Verlagerung des Luftverkehrs von Europa zu
anderen Drehkreuzen der Luftfahrt, wie etwa der aufstrebenden
Golfregion. Ein viel wichtigerer Punkt wird bedauerlicherweise zu
wenig diskutiert: Ein großer Teil des unnötigen
Kerosinverbrauchs entsteht durch unendliche Warteschleifen. Diesem
könnte durch die Reduzierung des Nachtflugverbotes und den Bau
neuer Start- und Landebahnen entgegengewirkt werden.
Stichwort Wirtschaftskrise. Die Tourismusindustrie hat sich
als relativ robust erwiesen.Gleichwohl ist die
Zahl der Reisenden im Jahr 2009 zurückgegangen. Wie kann
gegengesteuert werden?
Um uns im Wettbewerb
erfolgreich behaupten zu können, müssen immer wieder neue
Produkte entwickelt werden. Ein Beispiel liefert hier das
Herausstellen regionaler Besonderheiten. Dies fängt bei
Lebensmitteln an und hört bei Kulturangeboten noch lange nicht
auf.
Nach der Senkung des Mehrwertsteuersatzes für
Hotelübernachtungen sind die Hotelpreise weitgehend auf dem
ursprünglichen Niveau geblieben. Fühlen Sie sich von der
Hotelbranche im Stich gelassen?
Nein. Ich war ohnehin
für ein europaweites Paket, um die Verwerfungen bei den
Hotelpreisen unter den Mitgliedsstaaten aufgrund unterschiedlicher
Mehrwertsteuersätze auszugleichen. Es ist aber schon zu
erkennen, dass die Hoteliers die zusätzlichen Einnahmen in
Personal und in ihre Häuser – also in Qualität
– investieren.
Wieso gibt es eigentlich einen eigenen Tourismusausschuss
im Bundestag?
Von 1986 bis 1990 gab es einen
Unterausschuss Tourismus beim Wirtschaftsausschuss des Bundestages.
Nachdem zur Übergangsregierung der DDR von März bis
Oktober 1990 ein eigener Tourismusminister gehörte, wurde im
Bundestag ein Vollausschuss eingerichtet. Inzwischen hat dieser
sich, auch dank der Arbeit meiner Vorgänger, fest etabliert.
Zudem hat die Branche mit 2,8 Millionen Mitarbeitern eine enorme
wirtschaftliche Bedeutung. Die Bandbreite der Themen von Verkehr
über Umwelt bis hin zu Gesundheit und Arbeitsmarkt macht
deutlich, dass Tourismuspolitik eine Querschnittsaufgabe ist.
Können Sie die Bedeutung des Tourismus an einem
Beispiel veranschaulichen?
Schauen Sie sich das
Ruhrgebiet an. Viele vermuten dort immer noch rauchende Schlote.
Mit der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 werden aber sehr viele
Gäste ins Ruhrgebiet kommen, die sehen, dass es eine
attraktive Kultur-, Medien- und auch Naturlandschaft ist. Tourismus
wird zu einem erheblichen Imagewandel dieser Metropole und zu neuen
Arbeitsplätzen beitragen.
Macht es Sinn, die Haushaltsansätze zum Tourismus
stärker zu bündeln?
Das ist nicht das
Entscheidende. Vielmehr ist es wichtig, dass wir als Ausschuss
Einfluss nehmen und sagen, was aus tourismuspolitischer Sicht
sinnvoll ist. Es wäre aber gut, wenn Tourismus in den Namen
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
aufgenommen würde, um den Stellenwert dieses
Wirtschaftszweiges auch nach außen zu dokumentieren.
Herr Brähmig, Sie sind vom Bundestag in den Rat der
Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“
gewählt worden. Der Streit um das Gremium, der sich
insbesondere um die Rolle der Chefin des Bundes der Vertriebenen,
Erika Steinbach, drehte, ist beigelegt. Sind Sie
zufrieden?
Der Kompromiss entspricht
größtenteils den Vorstellungen, die ich zusammen mit der
vertriebenenpolitischen Arbeitsgruppe der Unions-Fraktion
entwickelt habe. Wir wollen die Novellierung bis zur Sommerpause im
Bundestag umsetzen.
Wann wird die geplante Ausstellung, das „sichtbare
Zeichen“, sichtbar sein?
Ich hoffe, dass zum
Ende der Legislaturperiode eröffnet werden kann. Da laut
Kompromiss die Nutzungsfläche der Stiftung erweitert wird,
muss zunächst das Konzept für Dauer- und
Wechselausstellung überarbeitet werden. Welche
Überraschungen wir bei der Sanierung des
denkmalgeschützten Deutschlandhauses erleben werden, bleibt
abzuwarten.
Viele Vertriebene haben in ihrer früheren Heimat
längst Freundschaften mit Polen und Tschechen geschlossen.
Sind sie in Sachen Versöhnung weiter als der
BdV?
Es wird oft vergessen oder gar verneint, dass
Erika Steinbach es war, die als BdV-Präsidentin etwa bei
Eigentumsfragen die Nulllösung ins Spiel brachte oder eine
große Veranstaltung zum Warschauer Aufstand initiierte. Die
Versöhnung würde enorm vorankommen, wenn einige
osteuropäische Nachbarn mit dieser Empathie ihre eigene
Geschichte bezüglich der Vertreibungen aufarbeiten
könnten.
Es gibt Verwirrung um die Mitgliedszahlen im BdV. Angeblich
sind es nur noch 550.000 und nicht wie bislang angenommen zwei
Millionen. Wird die Position des BdV durch die neuen Zahlen
geschwächt?
Im BdV sind 21 Landsmannschaften und
16 Landesverbände zusammengeschlossen, aufgrund deren Struktur
es keine unmittelbar natürlichen Mitglieder gibt und folglich
alle Zahlen auf Schätzungen beruhen. Selbst wenn es nur eine
gute halbe Million wären, hätte der BdV mehr Mitglieder
als die Volksparteien SPD oder CDU. Die Anliegen der Millionen
deutschen Heimatvertriebenen und ihrer Angehörigen
–aktuelles Stichwort Kriegskinder – bleiben dessen
ungeachtet gesellschaftspolitisch relevant.
Klaus Brähmig (CDU) ist Vorsitzender des Tourismusausschusses und vertriebenen-politischer Sprecher der Unions-Fraktion.