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Die höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik war das zentrale Thema des Auftakts der Schlussberatungen des Bundeshaushalts für 2010. Die 90-minütige Debatte des Bundestages über die Einzelpläne des Bundesfinanzministeriums ( 17/608, 17/623) und des Bundesrechnungshofes ( 17/624) am Dienstag, 16. März 2010, wurde zumeist von der Kritik der Opposition an der Nettoneuverschuldung von 80,2 Milliarden Euro überlagert. Dies mag auch daran gelegen haben, dass die entsprechenden Einzelpläne zur Bundesschuld ( 17/621) und zur Allgemeinen Finanzverwaltung ( 17/622) am Freitag, 19. März, ohne Aussprache abgestimmt werden. Den Etats des Finanzministeriums und des Bundesrechnungshofes stimmte der Bundestag mehrheitlich zu. Einen Änderungsantrag der Linksfraktions zum Finanzetat lehnte der Bundestag mehrheitlich ab ( 17/1010).
Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, räumte zwar ein, dass es aufgrund der Finanzkrise auch unter einer SPD-Regierung zu einer erhöhten Neuverschuldung gekommen wäre. Jedoch habe die Klientelpolitik der Bundesregierung zu einem Ausufern der Staatsfinanzen geführt. "Es gibt dafür zwei klare Zahlen“, so Schneider an die Regierung gewandt. "25,6 Milliarden Euro war die Konjunkturkomponente im Haushalt von Peer Steinbrück. Heute liegt sie bei 13 Milliarden. Was haben Sie gemacht? Haben Sie die Neuverschuldung um zehn Milliarden gesenkt oder haben Sie Steuergeschenke an ihre Klientel, an Hotels, an Erben und Unternehmen verteilt?“, fragte der SPD-Politiker.
Selbst der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie habe der Regierung ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt und von "Orientierungslosigkeit“ gesprochen, so Schneider. Die Neuverschuldung könnte deutlich weiter gesenkt werden. "Wir als SPD haben das auch vorgelegt und kommen auf 77 Milliarden Neuverschuldung“, sagte der sozialdemokratische Haushaltspolitiker. Vor allem sei keine Vorsorge gegen einen zu erwartenden Anstieg der Zinsen für die Bundesschuld getroffen worden. So würden diese von heute 38 Milliarden bis 2016 auf über 62 Milliarden Euro ansteigen.
"WasSie tun, ist Geschenke an ihre Wählerklientel zu verteilen“, beklagte Schneider. "Sie werden die Steuern für die Reichen senken, und bezahlen werden es die Armen. Sie machen nichts anderes als eine finanzpolitische Geisterfahrt.“
Für Norbert Barthle (CDU/CSU) ist mit diesem Haushalt das Kunststück gelungen, trotz Finanzkrise eine steigende Investitionsquote zu gewährleisten. "Der Bürger wurde allein im Jahr 2010 um rund 20 Milliarden Euro entlastet“, sagte der Haushaltspolitiker der Union. "Wir haben Wachstumsimpulse gesetzt und zur Konsolidierung des Arbeitsmarktes beigetragen.“
Dieses sei natürlich auch mit einer "erschreckend hohen Neuverschuldung“ erkauft, gab Barthle zu. Mit einer Defizitquote von 5,5 Prozent liege Deutschland jedoch deutlich besser als vergleichbare EU-Länder. "Gleichzeitig hat Deutschland den Kurswechsel zur Konsolidierung des Haushalts eingeleitet“, sagte Barthle. "So wurden die Ausgaben gegenüber dem ersten Entwurf um 5,6 Milliarden Euro reduziert.“ Dies zeige, dass die Regierung bereit sei zu sparen.
"Wir hätten die Nettokreditaufnahme auch unter 80 Milliarden Euro drücken können, sagte Barthle weiter. Dies sei jedoch nicht geschehen, da im sozialen Bereich bewusst Puffer gelassen worden seien."„Wir als christlich-liberale Koalition werden die Schuldenbremse und auch wieder die Maastricht-Kriterien einhalten“, versprach Barthle.
"Der Haushalt ist gut für Spekulanten und schlecht für Arbeitslose“, fasste Gesine Lötzsch die Kritik der Linken am Haushalt zusammen. "Unsere Hauptkritik ist, dass die Verursacher der Finanzkrise nicht zur Verantwortung gezogen werden.“ Zwar habe es von Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder kritische Worte gegeben. So habe Merkel bereits 2008 versprochen, die Verursacher zur Kasse zu bitten. In der letzten Bundestagswahl habe sich Merkel dann für eine Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. "Passiert ist jedoch nichts“, so die Vize-Fraktionschefin der Linken.
Lötzsch forderte die Bundesregierung auf, die Finanzwirtschaft mit eindeutigen Gesetzesinitiativen in die Schranken zu weisen. "So hat Die Linke einen Gesetzentwurf für eine Bankenabgabe, wie sie auch Barack Obama in den USA plant, in den Bundestag eingebracht“, sagte sie. Bisher sei wieder lediglich zu vernehmen, dass der Finanzminister über eine solche Abgabe nachdenke. Die Regierung müsse jedoch endlich handeln. "Schließlich geht die Entlastung von Hotels und Großerben ja auch ganz schnell“, kritisierte die Haushaltspolitikerin.
"Bleiben sie bei den Fakten, bleiben Sie bei den Zahlen“, ermahnte Otto Fricke von der FDP die Opposition. "Wenn jetzt der Frühling kommt, dann ist das der böse Klimawandel und somit auch gleich Schuld der Regierung. So ist im Moment Ihre Argumentation.“ Der liberale Abgeordnete räumte die Rekordverschuldung unumwunden ein, gab jedoch zu bedenken, dass keiner diese Schulden nicht aufgenommen hätte.
An die Opposition gewandt sagte Fricke: "Ist die Erhöhung des Kindergeldes etwa Klientelpolitik? Ist das Bürgerentlastungsgesetz nicht eine Steuersenkung, die Sie mitbeschlossen haben?“ Der FDP-Politiker resümierte, der jetzige Haushalt versuche das "zarte Pflänzlein des Aufschwungs“ nicht zu beschädigen. "Wir müssen sehen, wo die Ansätze sin,d die Wirtschaft zu stabilisieren und zu stärken“, sagte Fricke. "Gleichzeitig hat die FDP für diesen Haushalt 310 Anträge zum weiteren Sparen eingebracht.“ Die Opposition habe viele der Kürzungsanträge abgelehnt.
"Drei Schattenhaushalte, die sich nicht im Bundeshaushalt wiederfinden, werden verschwiegen“, klagte Alexander Bonde (Bündnis 90/Die Grünen). "Wenn die Summen für die Bankenrettung, Konjunkturpakete und sonstige Risiken in diesen Haushalt eingerechnet werden, dann kommt man auf die erschreckende Zahl von 126 Milliarden Euro Neuverschuldung.“ Damit werde die bisherige Rekordneuverschuldung von 40 Milliarden Euro des damaligen Finanzministers Theo Waigel Im Jahr 1996 verdreifacht.
Auch wenn die schlechte wirtschaftliche Lage zum Teil eine Erklärung biete, so liege doch die Höhe der Neuverschuldung vor allem daran, dass Möglichkeiten des Haushalts nicht genutzt würden, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen. An die Regierungsfraktionen gerichtet fragte Bonde: "Was ist eigentlich christlich daran, diesen Schuldenberg unseren Kindern vor die Füße zu kippen? Was ist eigentlich liberal dabei, die Zinskosten so hochzujagen, wie Sie es hier tun?"