Navigationspfad: Startseite > Dokumente & Recherche > Textarchiv > 2010 > Europa 2020
Die Wachstums- und Beschäftigungsstrategie der Europäischen Union braucht realistische und verbindliche Ziele. Dies fordern die Fraktionen von CDU/CSU und FDP in ihrem Antrag zur "Europa 2020"-Strategie der EU ( 17/1758), die der Bundestag am Donnerstag, 20. Mai 2010, in einer 45-minütigen Plenarsitzung debattieren wird.
Die "Europa 2020"-Strategie" ist ein auf zehn Jahre angelegtes Wirtschaftsprogramm der Europäischen Union, das am 3. März 2010 von der Europäischen Kommission offiziell vorgeschlagen wurde. Ziel ist "intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum" mit einer besseren Koordinierung der nationalen und europäischen Wirtschaft. Europa 2020 ist das Nachfolgeprogramm der Lissabon-Strategie, die von 2000 bis 2010 verfolgt wurde. Es soll noch im Verlauf dieses Jahres endgültig verabschiedet werden.
Die Schwerpunkte des Kommissionsvorschlags liegen auf der Förderung von Forschung und Entwicklung sowie von Hochschulbildung und lebenslangem Lernen zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums, auf einer besseren gesellschaftlichen Integration sowie auf einer Förderung umweltfreundlicher Technologien. Diese Ziele ähneln übrigens stark den Hauptzielen der Lissabon-Strategie.
Zu den Zielen der vorgeschlagenen Strategie zählen die Erhöhung der Beschäftigungsquote der Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren von derzeit 69 auf mindestens 75 Prozent sowie die Anhebung der Investitionen in Forschung und Entwicklung auf mindestens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts - vor allem durch eine Verbesserung der Bedingungen für Investitionen für Forschung und Entwicklung im Privatsektor.
Zudem sollen die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert sowie der Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent erhöht werden. Die Energieeffizienz soll um 20 Prozent gesteigert werden. Für den Bildungsbereich strebt die EU-Strategie die Reduzierung des Anteils von Schulabbrechern von derzeit 15 auf zehn Prozent an. Gleichzeitig soll der Anteil der Hochschulabsolventen im Alter von 30 bis 34 Jahren von derzeit 31 auf mindestens 40 Prozent steigen.
Für das Ziel einer besseren gesellschaftlichen Integration sieht die EU vor, den Anteil der unterhalb der jeweils nationalen Armutsgrenze lebenden Bürger um 25 Prozent zu senken. Dadurch sollen 20 Millionen Bürger der Armut entkommen.
Diese Ziele sollen insbesondere durch sieben Flaggschiff-Initiativen erreicht werden. So soll die Innovationsunion die Bedingungen und finanzielle Förderung für Investitionen in Forschung und Entwicklung im Privatsektor verbessern. "Jugend in Bewegung" visiert den Ausbau der Bildungssysteme und die Förderung der internationalen Attraktivität der höheren Bildung in Europa an. Die "Digitale Agenda" sieht den Ausbau des Breitband-Internets sowie die Förderung des gemeinsamen Marktes bei Internetzugängen vor.
Auch die Umwelt spielt in diesem europäischen Vorhaben eine wichtige Rolle: So soll für ein ressourceneffizientes Europa die Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Verbrauch natürlicher Ressourcen durch Förderung erneuerbarer Energien herbeigeführt werden. Für den Transportsektor ist zudem eine umfassende Modernisierung vorgesehen sowie die Förderung der Energieeffizienz.
Dringenden Nachbesserungsbedarf sieht die Strategie auch für die Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung, bei der künftig vor allem für kleine und mittlere Unternehmen das Wirtschaftsumfeld verbessert werden soll. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht auch der Ausbau eines weltweit wettbewerbsfähigen, nachhaltigen Industriesektors.
Wachstum und Beschäftigung versprechen sich die Verfechter der Europa 2020-Strategie von der "Agenda für neue Fähigkeiten und Jobs", die eine Modernisierung des Arbeitsmarkts durch die Förderung von Arbeitsmobilität und lebenslangem Lernen zum Gegenstand hat. Ziel: Arbeitsnachfrage und -angebot sollen besser zueinander passen.
Diejenigen Bürgerinnen und Bürger der EU, die dennoch nicht auf dem Arbeitsmarkt fündig werden, sollen durch die "Europäische Plattform gegen Armut" besser integriert werden als bisher. So soll der soziale und territoriale Zusammenhalt verbessert werden, um Wachstumsgewinne breit zu teilen und Menschen in Armut zu ermöglichen, in Würde zu leben und aktiv an der Gesellschaft teilzunehmen.
In ihrem Antrag bringen Union und FDP ihre Skepsis an den von Brüssel formulierten Zielen zum Ausdruck. Die Bundesregierung müsse aufklären, welche Auswirkungen die genannten Ziele auf die Mitgliedstaaten und speziell für Deutschland haben. Es sollten realistische und erreichbare Ziele festgelegt werden, die auch umgesetzt werden können.
Auch sollte sich die EU-Strategie strikt im Rahmen des Lissabon-Vertrages bewegen, heißt es in dem Antrag. Danach bleibe es Aufgabe der Mitgliedstaaten, über das "Wie" der Umsetzung zu entscheiden. Die Kompetenz der Mitgliedstaaten im Bildungs- und Sozialbereich müsse uneingeschränkt erhalten bleiben.