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Steigende Gesundheitskosten sollen künftig von den Versicherten allein getragen werden: Mit diesem Vorhaben der Koalition ist Streit in der Debatte über die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) absehbar. Der Bundestag berät am Donnerstag, 30. September 2010, ab etwa 13 Uhr für rund 90 Minuten über einen entsprechenden Gesetzentwurf von Union und FDP ( 17/3040). Bereits in den vergangenen Monaten hat das Thema Gesundheitsreform im Bundestag für heftige Diskussionen gesorgt. Vieles von dem, was die Regierung als Sparmaßnahmen angekündigt hatte, ist nun im GKV-Finanzierungsgesetz niedergeschrieben. So soll der allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen zum 1. Januar 2011 auf 15,5 Prozent steigen.
Die Koalition bezeichnet diesen Anstieg um 0,6 Prozentpunkte als Auslaufen einer "vorübergehenden Absenkung des Beitragssatzes", die vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise erfolgt sei. Mit der Festschreibung eines Arbeitgeberbeitrags auf der Höhe von 7,3 Prozent werde "der Automatismus durchbrochen, dass Ausgabensteigerungen zwangsläufig zu steigenden Lohnkosten führen".
Vielmehr würden derartige Steigerungen durch "einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Mitglieder" finanziert. Solche Zusatzbeiträge in unbegrenzter Höhe können die gesetzlichen Krankenkassen von ihren Versicherten ab 2012 verlangen. Dies soll ihnen mehr Finanzautonomie verschaffen.
Die Zusatzbeiträge müssen von allen Versicherten gezahlt werden. Ausgenommen sind nur Hatz-IV-Empfänger und Versicherte, die Kranken-, Mutterschafts - oder Elterngeld empfangen. Für diejenigen, die den Zusatzbeitrag nicht zahlen, sind Säumnisgebühren von mindestens 30 Euro vorgesehen.
Um die Beitragszahler vor unverhältnismäßiger Belastung zu schützen, soll es einen unbürokratischen und gerechten Sozialausgleich geben, der dann greifen soll, wenn der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens übersteigt.
In dem Gesetzentwurf heißt es, es bestehe "unmittelbarer Handlungsbedarf" im Hinblick auf die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung - anderenfalls sei für das Jahr 2011 ein Defizit von bis zu elf Milliarden Euro zu erwarten. Da eine Reform sich nicht nur auf die Einnahmeseite beschränken könne, sei es auch nötig, die Ausgaben zu stabilisieren.
Das will die Koalition unter anderen mit folgenden Maßnahmen erreichen: Die Verwaltungskosten der Krankenkassen sollen für zwei Jahre auf dem Stand von 2010 bleiben, zudem soll der Ausgabenzuwachs bei der Vergütung in der vertragsärztlichen Versorgung begrenzt werden.
Gutverdiener sollen nach dem Willen der Koalition künftig wieder leichter in die private Krankenversicherung wechseln können: Laut Gesetzentwurf soll das künftig schon dann möglich sein, wenn sie einmalig die "Jahresarbeitsentgeltgenze" von 49.500 Euro überschreiten. So könnten sie "eigenverantwortlich über ihren Versicherungsschutz entscheiden".
Während es in einer Mittelung des Bundesgesundheitsministeriums heißt, mit dem Gesetzentwurf würden die Voraussetzungen "für einen funktionsfähigen Wettbewerb geschaffen, der zu mehr Qualität und Effizienz in der medizinischen Versorgung führt und den Versicherten und Patienten zugute kommt", hat die SPD-Fraktion die Pläne der Koalition als "Angriff auf unser solidarisches Gesundheitswesen" bezeichnet.
Für Bündnis 90/Die Grünen handelt es sich bei der geplanten Reform um einen "Ausstieg aus der Solidarität". Die Fraktion Die Linke sieht damit die Zwei-Klassen-Medizin zementiert. (suk)