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Wer Steuern hinterzieht, macht sich strafbar. Wer sich jedoch in Form einer Selbstanzeige den Finanzämtern offenbart und seine Steuerschuld tilgt, kann mit Straffreiheit rechnen. Eingeführt, um dem Fiskus bisher verheimlichte Einkünfte zu erschließen, sei das Instrument der Selbstanzeige zuletzt immer öfter als "Hinterziehungsstrategie" missbraucht worden, schreiben die Koalitionsfraktionen in der Begründung zu dem von ihnen vorgelegten Entwurf eines Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes ( 17/4182), über den der Bundestag am Freitag, 25. Februar2011, im Anschluss an die um 9 Uhr beginnende 90-minütige Debatte entscheiden wird. Die Bundesregierung hat einen gleichlautenden Gesetzentwurf ( 17/4802) eingebracht, der auch die Stellungnahme des Bundesrates enthält. Dessen Änderungsvorschläge hat die Regierung in ihrer Gegenäußerung überwiegend abgelehnt.
In der jüngsten Vergangenheit habe es im Steuerstrafrecht eine Flut von Selbstanzeigen gegeben, heißt es in dem Entwurf. Diese basierten zu einem erheblichen Teil auf dem Ermittlungsdruck, der durch den Ankauf von Datenträgern aus dem Ausland entstanden sei, mit deren Inhalten Steuerdelikte zum Nachteil des deutschen Fiskus nachgewiesen werden können. Dabei sei aufgefallen, dass sich die Anzeigen häufig ausschließlich auf das durch Medienveröffentlichungen bekannt gewordene Herkunftsland der Datenträger sowie die dort genannten Geldinstitute beschränken würden.
Derartig planvolles Vorgehen von Steuerhinterziehern soll künftig nicht mehr mit Strafbefreiung belohnt werden, fordern Union und FDP. Nach den Vorschriften des Entwurfs sollen Steuerhinterzieher, die eine strafbefreiende Selbstanzeige "nur insoweit erstatten, wie sie eine Aufdeckung fürchten, nicht mehr mit Strafbefreiung belohnt werden".
Künftig müsse eine Selbstanzeige alle Hinterziehungssachverhalte umfassen und dürfe sich nicht nur als sogenannte Teilselbstanzeige auf bestimmte Steuerquellen, zum Beispiel in bestimmten Ländern, oder auf bestimmte Steuergestaltungen beziehen.
An der Möglichkeit der Selbstanzeige wollen CDU/CSU und FDP jedoch festhalten. Dieses Rechtsinstitut habe sich in der Vergangenheit grundsätzlich bewährt, heißt es zur Begründung.
Das sieht die SPD-Fraktion anders. In einem eigenen Gesetzentwurf ( 17/1411), der ebenfalls zur Abstimmung steht, ist vorgesehen, die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung abzuschaffen. Hielte der Gesetzgeber daran fest, würde er signalisieren, "dass sich der Staat auch künftig damit begnügt, hinterzogene Steuern verspätet zu erhalten", argumentieren die Sozialdemokraten.
Damit würde das Rechtsempfinden ehrlicher Bürger verletzt werden, zumal die Täter selbst in Fällen langjähriger und gravierender Steuerverkürzung straffrei ausgehen würden.
Bei einer Expertenanhörung des Finanzausschusses im Juli des vergangenen Jahres war eine eventuelle Abschaffung der Selbstanzeige umstritten gewesen. Der Steuerberaterverband etwa hatte den Verdacht zurückgeweisen, es könne Hinterziehungsstrategien geben. Ein Vertreter der Steuerberaterkammer erklärte, das bestehende System mit der Selbstanzeige habe sich in der Praxis bewährt. Hinterziehungsstrategien bei der Selbstanzeige konnte er ebenfalls nicht bestätigen.
Aus Sicht der Deutschen Steuer-Gewerkschaft hat es hingegen "mit dem Rechtsstaat nichts mehr zu tun", wenn sich der Staat die Pflicht zur Strafverfolgung abkaufen lasse. Empfehlenswert sei ein "klaren Schnitt". Selbstanzeigen gebe es schließlich nur, wenn die Entdeckung unmittelbar bevorstehe. Nach Meinung des Deutschen Gewerkschaftsbundes kann auf die Selbstanzeige problemlos verzichtet werden.
Neben den Gesetzentwürfen stehen auch Anträge der Koalitionsfraktionen ( 17/1755), der SPD-Fraktion ( 17/4670), der Linksfraktion ( 17/1149) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 17/1765) zur Abstimmung.
Die Linksfraktion fordert unter anderem eine Meldepflicht für Auslandsüberweisungen ab einem jährlichen Betrag von insgesamt 100.000 Euro zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Die Grünen sprechen sich für die Ausweitung der Meldepflicht für Einkünfte nach dem Vorbild der Meldungen der Arbeitgeber für die Lohnsteuer aus. (hau)