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Am 1. Juli 2011 soll es offiziell vorbei sein: Die Wehrpflicht wird ausgesetzt. Darauf hatte sich die christlich-liberale Koalition noch im Dezember 2010 geeinigt und einen entsprechenden Entwurf für ein Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 ( 17/4821) vorgelegt. Am Donnerstag, 24. Februar 2011, befasst sich der Bundestag ab 9 Uhr in erster Lesung mit der Gesetzesnovelle, die neben der Wehrpflichtaussetzung auch die Einführung eines freiwilligen Wehrdienstes vorsieht. Für die Debatte sind 90 Minuten geplant.
56 Jahre lang, seit der Gründung der Bundeswehr im Mai 1955, galt für Männer in der Bundesrepublik Deutschland die Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes. Nun soll es damit nach dem Willen der Bundesregierung vorbei sein.
In ihrem Gesetzentwurf begründet sie die geplante Aussetzung der Wehrpflicht mit dem "erheblichen Grundrechtseingriff", den diese darstelle. Als Ergebnis einer "umfassenden Abwägung der Grundrechte der jungen Männer, sicherheits- und gesellschaftspolitischer Gesichtspunkte sowie wirtschafts- und allgemeinpolitischer Aspekte" solle die Bundeswehr neu ausgerichtet werden, heißt es dazu weiter im Gesetzentwurf.
Welche Ziele die Bundesregierung mit dieser Neuausrichtung verfolgt, hatte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bereits im Dezember 2010 vor dem Bundestag erläutert: "Wir sorgen zum Ersten dafür, dass die Bundeswehr ihren Auftrag entsprechend den aktuellen und in Zukunft zu erwartenden sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen erfüllen kann." Davon "leite" die Koalition den "erforderlichen Gesamtumfang" der Streitkräfte ab und stärke insgesamt die "Kosteneffizienz" und den "verantwortlichen Umgang mit den knappen Ressourcen", so Guttenberg.
Außerdem schaffe die Bundesregierung eine Wehrreform, die eine "angemessene Abwägung zwischen Freiheit und bürgerschaftlicher Verantwortung" darstelle.
Die Verpflichtung zur Ableistung der Wehrpflicht solle ausgesetzt werden. Doch "weder die verfassungsrechtliche noch die einfachgesetzliche Grundlage der Wehrpflicht" werde gänzlich abgeschafft, betonte der Verteidigungsminister. Für den "Spannungs- und Verteidigungsfall", so heißt es dazu auch im nun vorliegenden Gesetzentwurf, bleibe sie bestehen. Doch insbesondere vor dem Hintergrund der dauerhaft veränderten sicherheits- und verteidigungspolitischen Lage seien "die mit gesetzlichen Pflichtdiensten verbundenen Grundrechtseingriffe nicht mehr zu rechtfertigen."
Stattdessen will die Bundesregierung mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 Frauen und Männern gleichermaßen das "Angebot zur Ableistung eines freiwilligen Wehrdienstes" von bis zu 23 Monaten machen. Damit soll der bereits im Wehrpflichtgesetz angelegte freiwillige Wehrdienst fortentwickelt werden. Er ermögliche es, "nach dem Prinzip der Freiwilligkeit einen Dienst für die Gesellschaft zu tun und ergänze bereits bestehende Dienste", wie zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk oder sozialen Einrichtungen, schreibt die Regierung in ihrem Gesetzentwurf. Auf diese Weise werde zudem die "Rekonstitutions- und Regenerationsfähigkeit der Streitkräfte" sichergestellt.
Neben der Aussetzung der Wehrpflicht und der Einführung eines freiwilligen Wehrdienstes soll das Wehrrechtsänderungsgesetz auch die Rechtsgrundlagen für den künftig geplanten Einsatz von Reservisten schaffen.
Die Kosten durch die Einführung des freiwilligen Wehrdienstes beziffert die Bundesregierung bei 15 000 freiwilligen Wehrdienstleistenden mit jährlich 319 Millionen Euro. Diese würden jedoch durch die Aussetzung der Wehrpflicht und den Verzicht auf Einberufung von 30 000 Wehrpflichtigen vollständig kompensiert, heißt es im Gesetzentwurf.
Zusätzliche Kosten von 65 Millionen Euro entstünden nur im Jahr 2011 durch die Zahlung von Prämien an Mannschaftssoldaten "zur Überbrückung von personellen Engpässen". Dieser Betrag sei jedoch bereits im laufenden Haushalt des Verteidigungsministeriums eingestellt worden.
Allerdings erwartet die Bundesregierung, dass sich durch die Aussetzung der Wehrpflicht die Zahl der Studienanfänger in den nächsten vier Jahren um 34 600 bis 59 000 erhöhen wird. Dies bedeute zusätzlichen Mehrausgaben für Bund und Länder in Höhe von 1,035 bis 1,765 Milliarden Euro in den Jahren 2011 bis 2018.
Für den Hochschulpakt 2020 und das BAföG entstünden dem Bund in diesem Zeitraum Mehrausgaben in Höhe von insgesamt 517 bis 881 Millionen Euro, heißt es im Gesetzentwurf. (sas)