Enquete-Kommission "Wachstum" tagt öffentlich

Konsum

Nach ihrer konstituierenden Sitzung setzt die neue Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" ihre Arbeit mit einer öffentlichen Sitzung am Montag, 14. März 2011, fort. Das Gremium unter Vorsitz der SPD-Abgeordneten Daniela Kolbe soll das rein ökonomisch und quantitativ ausgerichtete Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Messgröße für gesellschaftliches Wohlergehen weiterentwickeln und etwa um ökologische, soziale und kulturelle Kriterien ergänzen. Zum Auftakt wollen die 17 Parlamentarier und 17 Sachverständigen die Themenstellung der ersten drei Projektgruppen erörtern und konkretisieren. Das Treffen am 14. März findet im Raum E 700 im Paul-Löbe-Haus in Berlin statt und beginnt um 13 Uhr. Sie wird im Parlamentsfernsehen und im Web-TV auf www.bundestag.de live übertragen.

Stellenwert von Wachstum und Wirtschaft

Die Arbeitsgruppen sind bereits zu Sitzungen zusammengekommen. Die Arbeitsgruppe I unter Vorsitz der FDP-Abgeordneten Claudia Bögel befasst sich mit dem "Stellenwert von Wachstum und Wirtschaft“. Am 14. März werden die Experten Karl-Heinz Paqué und Norbert Reuter einleitend in diesen Themenbereich einführen.

"Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands-/Fortschrittsindikators“ lautet der Titel der Projektgruppe II, deren Leitung Stefanie Vogelsang von der Bundestagsfraktion der CDU/CSU obliegt. Zu dieser Aufgabenstellung werden die Sachverständigen Christoph Schmidt und Gert Wagner referieren.

Nachhaltig gestaltete Ordnungspolitik

Der Parlamentarier Hermann Ott (Bündnis 90/Die Grünen) leitet die Arbeitsgruppe III unter dem Namen "Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt – Möglichkeiten und Grenzen der Entkoppelung“. Dazu spricht der Experte Uwe Schneidewind.

Die Projektgruppe IV mit dem Titel "Nachhaltig gestaltete Ordnungspolitik“ unter Vorsitz eines Vertreters der SPD-Fraktion und die Arbeitsgruppe IV "Arbeitswelt, Konsumverhalten und Lebensstile“ unter Leitung eines Mitglieds der Linksfraktion werden erst im nächsten Jahr ins Leben gerufen. 

"Fortschrittsindikator" soll entwickelt werden

Ziel der Enquete-Kommission ist die Entwicklung eines neuen Fortschrittsindikators, der sich zwar weiterhin auch auf das BIP als Messgröße stützt, dessen Kategorien jedoch modifiziert und weiterentwickelt. Die Arbeit der Abgeordneten und Sachverständigen soll letztlich in die Definition dessen münden, was als qualitatives Wachstum gilt.

Anlass für die Gründung dieses Gremiums ist eine verbreitete Kritik am BIP als bislang alleinigem offiziellen Maßstab für Wachstum, der das, was als Wohlstand und Lebensqualität gilt, nur unvollständig und verzerrt abbildet. So sagt das BIP beispielsweise nichts aus über die Qualität des Bildungs- und Gesundheitswesens oder über den Zustand der Umwelt.

Vor- und Nachteile des Bruttoinlandsprodukts

Die Vorsitzende Kolbe erwartet angesichts der unterschiedlichen Standpunkte im Kreise der Parlamentarier wie der Experten für das Treffen am 14. März kontroverse Debatten. Bei der Diskussion über die Aufgabenstellung der ersten Projektgruppe gehe es etwa darum, konkret die Vor- und Nachteile der bisherigen BIP-Messung zu analysieren.

So würden, wie die Vorsitzende erläutert, die enormen Investitionen in die Beseitigung der Folgen einer  Ölkatastrophe wie im Golf von Mexiko vom BIP als wachstumssteigernd registriert, obwohl eigentlich Milliardenschäden entstanden sind. Als weiteres Beispiel für Unzulänglichkeiten der BIP-Methode erwähnt die SPD-Politikerin die Pflege, die häufig ehrenamtlich erfolge und deshalb nicht ins BIP eingehe.

Der "Happiness"-Faktor

Bei der Diskussion über die Arbeitsgruppe II wird es sich laut Kolbe auch um die Darstellung der globalen Debatte zu diesem Thema drehen. So habe bereits ein in Frankreich von Präsident Nicolas Sarkozy einberufenes Gremium unter Leitung des Ökonomie-Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz einen entsprechenden Bericht vorgelegt.

In China werde darüber debattiert, Umweltbelastungen aus dem BIP herauszurechnen. Im Blick auf die Definition von "Lebensqualität“ verweist die Kommissionsvorsitzende darauf, dass bereits in der US-Verfassung ein Recht auf Glück verankert sei. In Großbritannien werde eine "Happiness-Faktor“ bei der Wohlstandsmessung thematisiert. Allerdings ist Glück als subjektiver Faktor nur schwer objektiv zu ermitteln.

"International noch nicht gut genug"

Die Projektgruppe III soll etwa der Frage nachgehen, in welche Richtung sich der globale Ressourcenverbrauch entwickeln wird und welche Grenzen sich dabei abzeichnen, beispielsweise bei den begrenzten Vorkommen industriell benötigter Rohstoffe. Kolbe verweist darauf, dass viele Entwicklungs- und Schwellenländer ihr wirtschaftliches Wachstum steigern wollen und sich deshalb die Nachfrage nach Ressourcen weltweit erhöhen werde.

Im Blick auf die Entkoppelung von Wachstum und Ressourcenverbrauch steht aus Sicht der Abgeordneten Deutschland mit seinem Standard bei Recycling und Wertstoffkreisläufen "im internationalen Vergleich nicht so schlecht da, ist aber noch nicht gut genug“. (kos)

Zeit: Montag, 14. März 2011, 13 Uhr
Ort:  Berlin, Paul-Löbe-Haus, Raum E 700

Interessierte Besucher, die an der öffentlichen Sitzung teilnehmen wollen, können sich beim Sekretariat des Ausschusses (E-Mail: enquete.wachstum@bundestag.de) unter Nennung des Geburtsdatums und der Personalausweis- oder Reisepassnummer anmelden. Zur Sitzung muss das Personaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.