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Vorabmeldung zu einem Interview in der
nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 22. Februar
2010)
- bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung
-
Die Vorsitzende des Bundestagskulturausschusses , Monika
Grütters (CDU), will die Kulturausgaben der Kommunen mit
Unterstützung des Bundes sichern. Zwar sei ein Nothilfefonds
für Kommunen, wie sie der Deutsche Kulturrat vorgeschlagen
hat, „verfassungsrechtlich nicht umsetzbar“, sagte
Grütters in einem Gespräch mit der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 22. Februar 2010).
Dennoch trage der Bund eine „Mitverantwortung an der
derzeitigen Lage“. Angesichts der desolaten Finanzlage vieler
Kommunen, die mancherorts bereits zu drastischen
Sparmaßnahmen bei den Ausgaben für Kultur geführt
haben, schlug die CDU-Politikerin „Kulturkredite“ als
eine denkbare Hilfsmaßnahme vor. „Wenn der Bund in
anderen Programmen Kredite mit einer langen Laufzeit vergibt, warum
dann nicht auch in der Kultur?“, fragte sie. Solche Kredite
sollten aber an Gegenleistungen der Länder und Kommunen
gekoppelt sein, forderte Grütters. Sie kündigte zugleich
ein Expertengespräch des Kulturausschusses zu diesem Thema am
24. Februar an.
Die Ausschussvorsitzende zeigte sich zudem optimistisch, dass der
diesjährige Wettbewerb für das geplante Freiheits- und
Einheitsdenkmal in Berlin erfolgreich zu Ende gebracht wird. Zwar
halte sie die Herausforderung „fast für zu
groß“. Sie habe jedoch schon oft erlebt, „dass
Unerwartetes und Großartiges entstehen kann“, betonte
sie unter Verweis auf das Holocaust-Mahnmal und das Mahnmal
für die Sinti und Roma in Berlin. Die erste Ausschreibung
für das Denkmal, die ergebnislos verlaufen war, bezeichnete
Grütters als „Überforderung für viele
Künstler“. Es gehöre jedoch zu einem demokratischen
System dazu, Fehler einzugestehen und daraus zu lernen.
Das Interview im Wortlaut:
Frau Grütters, der Kulturrat hat einen Nothilfefonds
für Kommunen in Finanznot gefordert, um Einsparungen in der
Kultur abzufedern. Wird sich der Kulturausschuss dieses Themas
annehmen?
Die Idee des Kulturrates klingt im ersten
Moment nicht verkehrt. Sie ist aber verfassungsrechtlich nicht
umsetzbar. Im Ausschuss werden wir uns trotzdem mit der Finanznot
der Kommunen auseinandersetzen. Sie erbringen immerhin 43 Prozent
der Kulturleistungen in Deutschland. Deswegen nehmen wir es auch
sehr ernst, wenn sie aufgrund ihrer Lage plötzlich an Kultur
sparen müssen. Der Bund trägt schließlich eine
Mitverantwortung an der derzeitigen Lage. Der Ausschuss wird dazu
ein Expertengespräch am 24. Februar führen.
Was wird Inhalt des Gespräches sein?
Wir
wollen diskutieren, welche Wege es aus der Kulturfinanzierungskrise
der Kommunen geben kann und wie Hilfen des Bundes aussehen
könnten. Was mir persönlich vorschwebt, sind etwa
Kulturkredite. Wenn der Bund in anderen Programmen Kredite mit
einer langen Laufzeit vergibt, warum dann nicht auch in der Kultur?
Das wäre zumindest verfassungsrechtlich denkbar.
Für diese Hilfen müsste der Bund tief in die
schon leeren Taschen greifen...
Diese Maßnahmen
könnte man ja an eine Gegenleistung der Länder und der
Kommunen koppeln. Wenn zum Beispiel ein Kredit in Anspruch genommen
würde, müsste er in gleicher Höhe von Land und
Kommune mitfinanziert werden. Das sind aber momentan nur
Denkmodelle.
Die Bundesregierung hat die Initiative Kultur- und
Kreativwirtschaft verlängert. Was versprechen Sie sich
davon?
Erstens, dass diese besondere Branche ins
Blickfeld der Öffentlichkeit gerät. Schließlich
darf man nicht übersehen, dass sie etwa den Bankensektor bei
der Zahl der Beschäftigten und der Wertschöpfung
überholt hat. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist zudem viel
dynamischer als etwa Banken oder die Automobilindustrie. Zweitens
möchten wir die Zuständigkeiten bündeln.
Momentan sind sowohl das Wirtschaftsministerium als auch der
Kulturstaatsminister verantwortlich, dazu kommen Themen, die etwa
die Ministerien für Finanzen, Justiz, Arbeit und Soziales
sowie Bildung und Forschung betreffen.
2009 wurde der Bezug von Arbeitslosengeld I für
Künstler vereinfacht. Reicht das, um deren soziale Lage zu
verbessern?
Der Bund könnte vielleicht mit
vermittelnden Tätigkeiten helfen, beispielsweise bei der
Existenzgründung. Die Ideen der Künstler sind oft sehr
unkonventionell und treffen deswegen auf wenig Verständnis bei
Geldgebern. Da prallen zwei Welten aufeinander. Hier wollen wir mit
Programmen helfen, um Künstlern den Zugang zu privatem Kapital
zu vereinfachen, und eine Handreichung entwickeln für Banken,
die Kleinkredite rausgeben, damit sie mit diesen teilweise
unkonventionellen Anträgen besser umgehen lernen. So eine
vermittelnde Tätigkeit könnte beispielsweise ein
Staatssekretär oder eine andere Institution auf Bundesebene
übernehmen.
Der Bund verwendet mehr als 40 Prozent seines Kulturetats
für Berlin. Fällt die Fläche da nicht
hintenüber?
Nein, denn die Kulturhoheit liegt ja
bei den Ländern. Die tun auch sehr viel dafür: Von rund
8,3 Milliarden Euro staatlicher Unterstützung pro Jahr stammen
fast 90 Prozent von Ländern und Kommunen. Der Bund
fördert Projekte von nationalem Interesse. In Berlin tut er
das mit 420 Millionen Euro pro Jahr in besonderem Umfang. Aber das
drückt auch die Anerkennung für die besondere Stellung
der Hauptstadt und die wichtige Rolle der Kultur aus, die nationale
Identität stiftet.
Ein Resultat dieser Förderung ist ein ergebnislos
verlaufener Wettbewerb um das
Einheitsdenkmal…
Meine persönliche
Meinung dazu ist, dass wir sowieso ein wunderbares Einheits- und
Freiheitsdenkmal längst besitzen und zwar das Brandenburger
Tor. Unabhängig davon haben wir die Initiative der Deutschen
Gesellschaft für ein besonderes Denkmal aufgegriffen. Die
Ausschreibung war, glaube ich, eine Überforderung für
viele Künstler. Ich denke aber, ein Scheitern darf in einem
demokratischen Prozess auch mal sein. Es gehört zum
souveränen Umgang dazu, dass man solche Fehler eingesteht und
daraus lernt. In der zweiten Auflage des Wettbewerbs gibt es eine
modifizierte Aufgabenstellung, einen begrenzten Teilnehmerkreis und
eine andere Fristsetzung. Ich bin gespannt, was diese Künstler
jetzt entwerfen werden.
Wenn Sie Künstlerin wären, wie würden Sie
das Einheitsdenkmal gestalten?
Ich bin froh, dass ich
keine Künstlerin bin und diese Frage nicht beantworten muss,
weil ich ehrlich gesagt die Herausforderung fast für zu
groß halte. Ich habe aber schon oft erlebt, dass Unerwartetes
und Großartiges entstehen kann, siehe etwa das
Holocaust-Mahnmal oder das Mahnmal für die Sinti und Roma.
Monika Grütters (CDU) ist seit 2005 Mitglied des Bundestages. Zuvor war sie kulturpolitische Sprecherin der CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin. Seit 2009 ist sie Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag.