Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2010 > Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert empfängt neuen polnischen Staatspräsident Komorowski
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert und der neue polnische Staatspräsident Bronisław Komorowski haben zehn Deutschen die Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Zentrums der Solidarität in Danzig verliehen. Die Auszeichnung wurde zum 30-jährigen Bestehen der Solidarność-Bewegung in Polen ins Leben gerufen und geht an Nichtpolen, die das Land im Kampf um seine Freiheit unterstützten. Die freie Gewerkschaft Solidarność (Solidarität) war 1980 ins Leben gerufen worden und hatte in der Folgezeit wesentlich zur politischen Wende in dem Land beigetragen.
Für Lammert und Komorowksi war das Treffen am Freitag, 3. September 2010, im Reichstagsgebäude ein Treffen unter Freunden. In seiner dreijährigen Amtszeit als Präsident des polnischen Parlaments hatte Komorowski Deutschland sechsmal besucht. Und auch Lammert betont die "langjährige persönliche Freundschaft, die Ausdruck einer stabilen und immer tieferen Verbundenheit zwischen unseren Ländern ist".
Bei der Medaillenverleihung standen beide Männer vor der polnischen, der deutschen und der europäischen Flagge: Zeichen des neuen, gemeinsamen Weges. "Es eröffnen sich immer neue Möglichkeiten", sagt Komorowski. Auch wenn Deutschland und Polen eine schwierige Geschichte miteinander teilten, seien sie doch jetzt Teil einer "positiven Schicksalsgemeinschaft". Gemeinsam könne man noch mehr erreichen.
Die Empfänger der Medaille haben es vorgemacht: Da ist Roland Jahn, der 1982 in der DDR verhaftet wurde, weil er auf einem Fahrrad mit der polnischen Fahne und der Aufschrift "Solidarität mit dem polnischen Volk" durch Jena fuhr. Da ist Elisabeth Weber, die der polnische Botschafter "eine Legende" in der Beziehung der beiden Staaten nennt. Sie war Osteuropa-Expertin der Partei Die Grünen und Aktivistin des deutschen Komitees "Solidarität mit der Solidarność". Und da ist Wolfgang Templin, der derzeit in Warschau lebt. Als einer der Protagonisten der antikommunistischen Bewegung der DDR veröffentlichte er in der Zeitschrift "Grenzfall" Artikel über Polen.
Alle Preisträger hatten sich einen weißen Button angeheftet, auf dem der rote Schriftzug der Solidarność prangte. Gemeinsam mit Komorowski und Lammert gingen sie nach der Verleihung der Medaillen zu dem Mauerrest der Danziger Lenin-Werft - ein Geschenk des polnischen Sejms an den Bundestag. Es steht seitdem an der Nordostecke des Reichstagsgebäudes.
Als sich der Trubel lichtet, bleibt Wolfgang Stock noch eine Weile neben dem Mauerfragment stehen. Auch er ist Preisträger, hält die Medaille noch in den Händen. In 43 Sprachen steht da das Wort "Danke". Als Student hat Stock Kleidung, Lebensmittel und Medikamente für die Familien polnischer Oppositioneller nach Polen gefahren. Bei der Hinfahrt auch dabei: Druckmaschinen für die Untergrundpresse. Auf dem Rückweg wurden Flugblätter mitgenommen.
Ein gefährliches Unterfangen: "Die Druckerpresse allein hätte uns fünf Jahre gebracht", sagt Stock. Doch andere seien wesentlich mutiger gewesen. Er als Wessi habe schließlich darauf hoffen können, dass die Regierung ihn irgendwann herausholt. "Es ging um Freiheit. Wir alle träumten von einem Europa ohne Kommunismus." Ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Die Verbindung zu Polen ist geblieben - auch weil Stock seine Ehefrau über die Hilfstransporte kennenlernte. Derzeit beherbergen beide einen Gastschüler: einen Polen. (tyh)