Der Bev�lkerung - Kunstprojekt im n�rdlichen Lichthof des Reichstagsgeb�udes

Presse

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Berlin, den 11. September 2000

PRESSEMITTEILUNG

Fototermin

Kunstbeirat: Einweihung des Kunstprojektes von Hans Haacke im Innenhof Nord des Reichstagsgeb�udes

am Dienstag, den 12. September 2000 um 16.30 Uhr im Innenhof Nord des Reichstagsgeb�udes

das Kunstprojekt von Hans Haacke seiner Bestimmung. Dabei werden die Abgeordneten Erde aus ihrem Wahlkreis in den Holztrog f�llen. Der K�nstler wird anwesend sein.

Auf der Website www.DerBevoelkerung.de kann neben Informationen zum Kunstwerk der Fortgang des Projektes mit Hilfe einer Webcamera beobachtet werden, die t�glich eine Aufnahme des Innenhofes sendet.

 

Das Kunstprojekt von Hans Haacke im Reichstagsgeb�ude

- Erl�uterungen der Arbeitsgemeinschaft Kunstprojekt im n�rdlichen Innenhof -

Das Kunstprojekt:

Im Rahmen des Kunst-am-Bau-Programms f�r die Berliner Parlamentsbauten hatte der Kunstbeirat des Deutschen Bundestages den in New York lebenden K�nstler Hans Haacke um einen Entwurf f�r den Innenhof Nord des Reichstagsgeb�udes gebeten. Hans Haacke schlug im August 1999 vor, einen 21 x 7 Meter gro�e Holzeinfassung am Boden des Lichthofes zu installieren und dort der Inschrift des Westportals "Dem Deutschen Volke" seine Widmung "Der Bev�lkerung" in wei�en Leuchtbuchstaben zur Seite zu stellen. Die Bundestagsabgeordneten sind von ihm eingeladen, Erde aus ihren Wahlkreisen um die Buchstaben zu streuen. Der K�nstler setzt keinen Endtermin f�r die Fertigstellung des Projektes: Solange Abgeordnete demokratisch in das Parlament gew�hlt werden, bleibt die Einladung, Erde aus den Wahlkreisen nach Berlin in das Reichstagsgeb�ude zu bringen, bestehen. Der Kunstbeirat des Deutschen Bundestages stimmte dem Entwurf zu. Nach kontroverser Debatte inner- und au�erhalb des Parlamentes wurde das Projekt am 5. April 2000 vor dem Plenum des Deutschen Bundestages er�rtert und fand auch dort mehrheitliche Zustimmung.

Der K�nstler stellt mit seiner Arbeit heraus, dass die Beschl�sse der Bundestagsabgeordneten faktisch die gesamte Bev�lkerung ungeachtet ihrer Staatsangeh�rigkeit betreffen. Auch wenn f�r die Abgeordneten verfassungsrechtlich nur "Dem Deutschen Volke" gegen�ber eine Verantwortung gegeben ist, weist der K�nstler auf diese faktisch vorhandene erweiterte Verantwortung hin, zumal das Grundgesetz in Art. 3 ausdr�cklich "alle Menschen" einbezieht.

Das Zusammentragen der Erde im Innenhof erfolgt auf Einladung des K�nstlers ohne jeden Zwang und versinnbildlicht Gleichheit und solidarisches Handeln. Es stellt keine Aufgabe eigener politischer Positionen dar. Zugleich ist das Zusammentragen der Erde als Hinweis auf die �kologische Verantwortung des Menschen zu sehen. Ferner mahnt der Umgang mit Erde sowie das nicht Vorhersehbare der Vegetationsentwicklung, die Grenzen des technisch und politisch Machbaren zu respektieren. Durch dieses Biotop wird unkontrollierte Vegetation im Innenhof des hochtechnisch ausgestatteten Geb�udes einen lebendigen und reizvollen Gegensatz zum steinernen Innenhof schaffen. Die Vermischung der Erde aus allen Wahlkreisen wird dar�ber hinaus die Zusammengeh�rigkeit aller Regionen und die Feststellung, da� die im Parlament verhandelten Fragen alle B�rger gemeinsam betreffen, bekr�ftigen. Der K�nstler:

Der 1936 in K�ln geborene K�nstler Hans Haacke lebt seit den 60er Jahren in New York und lehrt dort an einer der bedeutendsten Kunsthochschulen der Vereinigten Staaten, der Cooper Union. Er vertrat Deutschland auf der Internationalen Kunstbiennale in Venedig 1993 und erhielt f�r seinen Beitrag gemeinsam mit Nam June Paik den goldenen L�wen f�r den besten Pavillon. Einzelausstellungen seiner Werke zeigten u.a. das Kaiser-Wilhelm-Museum/Haus Lange in Krefeld, die Tate Gallery in London, das Museum of Contemporary Art in New York, das Centre Pompidou in Paris und die Fundaci� T�pies in Barcelona.

Im Jahre 1998 verlieh ihm die Bauhaus-Universit�t Weimar die Ehrendoktorw�rde.

Haackes k�nstlerisches Schaffen ist seit Beginn der sechziger Jahre von der Entwicklung spezifischer Formen einer "Prozesskunst" bestimmt. Haackes Ziel ist es, modellhaft physikalische, biologische oder soziologische Prozesse vor Augen zu f�hren und auf diese Weise komplexe Prozesse durch die Zur�ckf�hrung auf ihre Grundstrukturen anschaulich werden zu lassen. Diese Form der Proze�kunst l�uft "realzeitlich" ab, d.h. die entsprechenden Vorg�nge k�nnen beobachtet werden, w�hrend sie stattfinden, und in "offener" Form, d.h. sie k�nnen auch von au�en beeinflu�t werden.

In seinen fr�hen Arbeiten, beispielsweise den "Kondensationsk�sten" der sechziger Jahre, f�hrt Haacke zun�chst physikalische Prozesse vor, die selbstt�tig, also ohne Eingriff des Betrachters, ablaufen: In einem geschlossenen Glaskasten verwandelt sich Wasser durch die nat�rliche Einwirkung der Umwelt (Sonneneinstrahlung, Erw�rmung) in Dampf und kondensiert durch die Abk�hlung an den Glasscheiben wieder zu Wasser. Der Betrachter ist gefordert, diese Demonstration eines umweltbezogenen Ursache-Wirkung-Zusammenhanges auf seinen eigenen ebenfalls umweltbezogenen Lebenszusammenhang zu �bertragen.

Es lag f�r den K�nstler nahe, den gedanklichen Ansatz dieser Skulpturen auf gesellschaftliche Prozesse zu �bertragen, in denen ja ebenfalls eine Umsetzung von Energie, Materie oder Informationen stattfindet. Die Zusammenh�nge von Wirtschaft, Politik und Kultur analysierte Haacke beispielsweise durch eine Besucherbefragung im Museum of Modern Art in New York. Der K�nstler forderte die Museumsbesucher auf, ihre Meinung zu aktuellen politischen Fragen, die in einem Zusammenhang mit der sozialen und politischen Einbindung des Museums (z.B. zur gesellschaftlichen Stellung von F�rderern des Museums) standen, zu �u�ern. Dieses Projekt ist charakteristisch f�r Haackes (ergebnis-)offene "Realzeit-Systeme" und ihre Einbindung in einen gesellschaftlichen Kontext. Seine Installationen beziehen sich in diesem Sinne immer auf das konkrete politische, soziale und kulturelle Umfeld und suchen auf diesem Wege den Dialog mit dem Betrachter. Dieser Dialog ist mithin Teil des Kunstwerkes, unabh�ngig davon, ob es sich um ablehnende oder zustimmende Stellungnahmen handelt. Entscheidend ist, da� der Betrachter Stellung bezieht und sich gedanklich mit Haackes Projekten auseinandersetzt.