Navigationspfad: Startseite > Kultur & Geschichte > Ausstellungen > Wechselnde Ausstellungen > Er�ffnung der Fotoausstellung Vom Alsenviertel zum Paul-L�be-Haus
Es gilt das gesprochene Wort
Anrede,
geschichtstr�chtige Orte gibt es in Berlin viele. Aber gerade hier, im Spreebogen, b�ndelt sich Deutsche und Berliner Geschichte. Kaiserzeit, Weimarer Republik, NS-Zeit, geteilte Stadt, Vereinigung ? jede Zeit hat diesen zentralen st�dtischen Raum auf eigene Weise mitgenommen. Die Berliner Geschichtswerkstatt hat dankenswerterweise eine Ausstellung konzipiert, die uns in einem fotografischen Spaziergang durch die Jahrzehnte die Geschichte dieses Ortes vergegenw�rtigt.
Die spannende Ausstellung steht unter dem Titel: "Vom Alsen-viertel zum Paul-L�be-Haus". Korrekterweise muss man sagen, dass es auch eine Geschichte vor der Zeit des Alsenviertels gibt. Die ist allerdings im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich trocken, denn urspr�nglich war hier �dnis und Sand. So viel Sand, dass die Berliner von ihrer "W�ste Sahara" sprachen. Sogar Mutterboden musste herangeschafft werden, damit �berhaupt B�ume wachsen konnten. An solch trostlosen Orten pflegt man Soldaten zu schinden, so auch hier. Aus dem sandigen Exerzierplatz vor den Toren der Stadt wurde dann im 19. Jahrhunderten eines der sch�nsten b�rgerlichen Viertel Berlins. Eine herrschaftliche Wohngegend, ein bevorzugter Platz f�r Botschaften und Repr�sentationsbauten ? sp�ter auch f�r den Reichstag.
Dieses Alsenviertel ist untergegangen ? und der Untergang be-gann schon vor dem zweiten Weltkrieg. Es waren die Nationalsozialisten, die f�r ihre gr��enwahnsinnige Idee einer "Germania Welthauptstadt" ganze Stra�enz�ge abtragen lie�en, nachdem die Besitzer enteignet wurden. Deutlicher h�tte sich der totalit�re Herrschaftsanspruch des NS-Regimes kaum zeigen k�nnen. Das Zerst�rungswerk der Nationalsozialisten wurde schlie�lich vom Luftkrieg vervollst�ndigt: Vom Gr��enwahn in die totale Niederlage. Total war auch der Bedeutungsverlust dieses Stadtteils. Gerade zwei Geb�ude �berstanden den Krieg: Das Schweizer Konsulat (heute der alte Teil der Schweizer Botschaft) und der ausgebrannte Reichstag. Mit dem Bau der Mauer wurde die Tr�mmerlandschaft des ehemaligen Alsenviertels dann zerschnitten und f�r viele Jahre zum "toten Winkel" auf beiden Seiten der Mauer. In den Zeiten der Teilung war der Spreebogen kein Ort. Ein Nirgends. Eine Brache, wo sich Ost und West den R�k-ken zukehrten.
Der 20. Juni 1991, der den Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin mit sich brachte, r�ckte den Spreebogen wieder in eine privilegierte Lage zwischen historischem Zentrum und Tiergarten. Der Umzug er�ffnete die Chance, das Reichstagsgeb�ude als Plenarsaal zu nutzen und im umliegenden Areal Abgeordnetenb�ros und Regierungsbauten zu errichten. Es war die Chance, dem von der Geschichte maltr�tierten Gel�nde wieder eine Funktion zu geben und es in die Stadt zur�ckzuholen. Und es war die Chance, unseren wichtigsten demokratischen Einrichtungen, den Verfassungsorganen Bundestag und Bundesregierung einen Ort im Zentrum Berlins zu geben.
Der Neuanfang sollte aber ausdr�cklich keine Wiederbelebung sein. Deshalb hei�t das Geb�ude, in dem ich Sie heute begr��en kann, konsequenterweise auch nicht ? wie ihn die Bauleute nannten ? Alsenblock, sondern Paul-L�be-Haus. Eines der vielen Zeichen, an dem deutlich wird, dass wir im Parlaments- und Regierungsviertel nicht an die gro�b�rgerliche Tradition des Alsenviertels ankn�pfen, sondern an demokratische Traditionen der ersten deutschen Republik.
Noch ist die Gestaltung des Viertels nicht abgeschlossen. Man mag das auch symbolisch sehen: Die Deutsche Einheit ist ja ebenfalls noch Baustelle. Immerhin: Der Bauzaun, der den Platz der Republik sieben Jahre absperrte, ist seit kurzem weg. Ob nun Fu�ball vor dem Reichstagsgeb�ude wieder erlaubt sei, wurde ich gefragt. Warum nicht? Die Demokratie st�rt das nicht (allerdings ? wie ich h�re ? das Gr�nfl�chenamt des Bezirks).
Auch wenn das Parlaments- und Regierungsviertel noch immer im Werden ist, kristallisiert sich eines schon klar heraus: Das Konzept geht auf. Wir k�nnen feststellen, dass es gelungen ist, dem demokratischen Bewusstsein Deutschlands auch architektonisch Ausdruck zu geben.
Die B�rgerinnen und B�rger nehmen dieses Viertel an. L�ngst ist das Parlaments- und Regierungsviertel zu einem Besucher-Magnet in der Hauptstadt geworden. Das Reichstagsgeb�ude ist das meistbesuchte Parlament der Welt.
"Vom Alsenviertel zum Paul-L�be-Haus" ? im Titel der Ausstellung klingt nur an, welch langer, verschlungener Weg dazwischen liegt: Der Weg vom gro�b�rgerlichen Wohn- und Repr�sentationsviertel zum Forum der Deutschen Demokratie. Ich freue mich, dass wir mit Herr J�rn Jensen einen exzellenten Kenner der Geschichte bei uns haben, der uns diesen Weg nachzeichnet und die Ausstellung erl�utern wird. Als ehemaliger Bezirksb�rgermeister von Tiergarten kennen Sie, sehr geehrter Herr Jensen, den Spreebogen und seine Geschichte nat�rlich bestens. Deshalb sind wir gespannt auf Ihre Ausf�hrungen. Herzlich willkommen.