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Dagmar W�hrl, die Vorsitzende des Bundestagsausschusses f�r wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sieht Deutschland als Nutznie�er eines Ausbaus der Solarenergie in W�stengebieten. Zugleich sieht sie weltweit eine Milliarde Menschen durch die Ausbreitung der W�sten bedroht. F�r die CSU-Abgeordnete ist dies eines der gr��ten Umweltprobleme, wie sie in einem am 9. August 2010 erschienenen Interview mit der Wochenzeitung "Das Parlament" betont.
Frau W�hrl, in Deutschland gibt es keine W�sten, vielmehr �berall fruchtbares Land. Warum sind W�sten �berhaupt ein Thema f�r uns?
Die massive Ausbreitung der W�sten weltweit ist eines der gr��ten Umweltprobleme, die wir derzeit haben. Man muss sich die Zahlen nur einmal ansehen: 40 Prozent der Trockengebiete sind schon jetzt von Desertifikation betroffen. Das hei�t, die W�sten breiten sich sehr, sehr schnell aus. Das hat unmittelbare Folgen f�r jene, die in den betroffenen Regionen leben - und das sind mehr als eine Milliarde Menschen. Ihre N�te gehen auch uns etwas an.
Was sind das f�r Probleme?
Da geht es ums �berleben. Wenn die W�ste sich ausbreitet, erodieren die B�den, die Landwirtschaft bricht zusammen. Es fehlen Lebensmittel, und die Menschen hungern. Au�erdem mangelt es in diesen Regionen an Wasser, die hygienischen Bedingungen sind entsprechend schlecht, Krankheiten breiten sich aus. Aber auch Bildung ist ein gro�es Thema.
Das m�ssen Sie erkl�ren. Was hat die Ausbreitung von W�sten mit Bildungsproblemen zu tun?
Vor allem Frauen und Kinder m�ssen heute oft ewig weit laufen, um Wasser zu finden und in ihre D�rfer zu tragen. Wenn Kinder den ganzen Tag nur damit besch�ftigt sind, Wasser zu holen, haben sie keine Zeit mehr, in die Schule zu gehen. Das sind alles Dinge, an die viele �berhaupt nicht denken, wenn sie �ber das Thema sprechen.
Angesichts Ihrer Schilderungen verwundert es, dass die W�stenausbreitung in der Entwicklungspolitik keine besondere Rolle spielt. Dabei leiden ausgerechnet die 50 am wenigsten entwickelten L�nder enorm unter ihren Folgen.
Intern wird schon sehr viel gemacht. 1996 haben die Vereinten Nationen die Konvention zur Bek�mpfung der W�stenbildung verabschiedet. Um sie zu erf�llen, hat Deutschland allein f�r 679 bilaterale Projekte und Ma�nahmen gegen Desertifikation, die im Jahr 2005 liefen, 1,83 Milliarden Euro bereitgestellt. Realisiert werden sie unter anderem von der Deutschen Gesellschaft f�r Technische Zusammenarbeit (GTZ). Auch viele Nichtregierungsorganisationen leisten dazu einen wichtigen Beitrag.
Haben die Investitionen denn schon Erfolge gebracht? Immerhin ist die UN-Konvention 14 Jahre alt, die W�sten scheinen sich unvermindert auszubreiten.
Es gibt viele kleine Fortschritte. So hat man in vielen L�ndern verstanden, dass es wichtig ist, die weitere Erosion des Bodens aufzuhalten. Sie versuchen zu verhindern, dass dem Boden weiter Wasser entzogen wird und bauen Pflanzen an, die weniger Wasser brauchen. Nigeria zum Beispiel hat in den vergangenen 30 Jahren mehr als f�nf Millionen Hektar B�ume gepflanzt.
Eine beachtliche Zahl...
Ja, das alles h�ngt eng mit der l�ndlichen Entwicklung zusammen. Sie ist auch ein Schwerpunkt unserer Ausschussarbeit in dieser Legislaturperiode. Leider wurde dieser Bereich der Entwicklungspolitik in den vergangenen Jahren finanziell stark zur�ckgefahren. Das war ein Schritt in die falsche Richtung, den wir korrigieren wollen. Schlie�lich wird fruchtbarer Boden f�r die Landwirtschaft bald rar - und die Weltbev�lkerung w�chst.
Sch�tzungen gehen davon aus, dass sich die Nahrungsmittelproduktion bis zum Jahr 2030 deshalb verdoppeln muss.
Ja, aber was passiert? Es stehen immer weniger Fl�chen zum Nahrungsmittelanbau zur Verf�gung, etwa weil auf ihnen Biokraftstoffe angebaut werden. Au�erdem haben sich die Ern�hrungsgewohnheiten in den Schwellenl�ndern stark ver�ndert. Regelm��iger Fleischkonsum ist dort inzwischen selbstverst�ndlich. Das Getreide wird nun nicht mehr verwendet, um Brot zu backen, sondern um das Vieh damit zu f�ttern.
Wenn die Lebensgrundlage von so vielen Menschen bedroht ist, muss man dann nicht auch zunehmend Spannungen und Konflikte in diesen Regionen bef�rchten?
Ja, das ist ein Dominoeffekt. Erst kommen Wassermangel und Armut, dann beginnt der Kampf um das Wasser. Es wird zunehmend Konflikte geben. In der Folge werden immer mehr Menschen in die St�dte fliehen. So entstehen zunehmend Megacities, riesige St�dte, die so viele Menschen oft schon jetzt nicht mehr aufnehmen k�nnen. Die nigerianische Stadt Lagos mit ihren fast zehn Millionen Einwohnern ist daf�r ein gutes Beispiel. Die Lebensbedingungen dort sind so schlecht, dass viele Fl�chtlinge nicht lange bleiben. Sie werden schnell vor unserer Haust�r stehen.
Sie f�rchten eine wachsende Migration nach Europa?
Ja. Wir haben ein pers�nliches Interesse daran, diese Fl�chtlingsbewegungen zu verhindern und die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort so zu verbessern, damit sie keinen Grund mehr haben, ihre Heimat zu verlassen.
Haben die Industriel�nder nicht aber auch eine Verantwortung f�r diese Menschen? Schlie�lich trifft der Klimawandel die �kosysteme und Bewohner in W�stenstaaten und Entwicklungsl�ndern besonders hart, obwohl sie ihn gar nicht verursacht haben.
Sicher haben die Industriel�nder hier eine Verantwortung, und es ist wichtig, dass wir daf�r L�sungen finden. Der Klimagipfel von Kopenhagen im Dezember war diesbez�glich ja nicht gerade ein Ruhmesblatt der Staatengemeinschaft. Wir k�nnen nur hoffen, dass auf dem n�chsten Klimagipfel in Canc�n mehr herauskommt. Daran haben wir ein gro�es Interesse. Der Klimawandel h�rt ja nicht vor Landesgrenzen auf.
Jetzt haben wir immer nur �ber die Schattenseiten von W�sten gesprochen. Dabei bergen sie auch riesige Potenziale, wenn man nur einmal an die Sonne denkt, die dort den ganzen Tag scheint. Liegt in der Energieversorgung aus der W�ste unsere Zukunft?
Das Desertec-Projekt zum Beispiel will ja Solarstrom in den W�sten Afrikas produzieren und nach Europa leiten. Es soll aber auch zur Stromversorgung Afrikas mit beitragen. Das ist eine prima Sache, aber es gibt auch noch viele Fragezeichen.
Sie meinen, den Transport des Stroms?
Sie brauchen Netze und Leitungen, um den Strom nach Europa zu bef�rdern. Daf�r sind internationale oder bilaterale Abkommen notwendig, die noch ausgehandelt werden m�ssen. Es ist wichtig, da am Ball zu bleiben und Hindernisse auszur�umen.
Ob Desertec oder andere Solarprojekte: Werden die Potenziale der W�sten Ihrer Meinung nach ausreichend genutzt?
Ich glaube, dass die Potenziale der W�sten hinsichtlich der Energieversorgung erheblich gr��er sind und bisher viel zu wenig genutzt werden. Wir werden sie aber nutzen m�ssen und Deutschland kann dabei eine Vorreiterrolle �bernehmen.
Als gro�er Exporteur, gerade von Fotovoltaikanlagen, w�re das f�r Deutschland auch ein lukratives Gesch�ft.
Keine Frage, Deutschland profitiert auch in dieser Hinsicht stark vom Ausbau der Solarenergie in W�sten. Diese Investitionen sind f�r uns Win-win-Situationen.
L�ndliche Entwicklung, Energieprojekte, Kampf gegen W�stenausbreitung - Ihrem Ausschuss geht die Arbeit wohl auch in den kommenden Jahren nicht aus.
Nein, bestimmt nicht, aber mir ist dabei vor allem eines wichtig: Die Entwicklungspolitik muss effizienter werden. Es ist keine Frage des Geldes, sondern der Priorit�tensetzung. Wir k�nnen nur Anreize geben, Entwicklungen unterst�tzen. Aber letztlich m�ssen die Menschen in Entwicklungsl�ndern sich selber helfen.