Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > > Serie Wahlperioden > Der 1. Deutsche Bundestag (1949-1953)
Die Bundestagswahl am 27. September 2009 folgte auf ein Jubiläum: Vor 60 Jahren, am 7. September 1949, trat die Volksvertretung in der provisorischen Hauptstadt Bonn zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Anlass für einen Rückblick auf 16 Wahlperioden, auf Meilensteine, Wendemarken, Personen und Entscheidungen.
Vier Jahre nach Kriegsende wird mit der Verabschiedung des Grundgesetzes im Mai 1949 die Bundesrepublik gegründet. Damit tritt ein neuer deutscher Staat in die Geschichte ein. Mit dem Aufbau eines demokratischen politischen Systems beginnt auch eine Phase rasanter wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen, die die bundesdeutsche Gesellschaft innerhalb kurzer Zeit zu Wohlstand und Modernität führen.
Am 14. August 1949 sind die wahlberechtigten Deutschen aufgerufen, ihre Volksvertretung zu wählen. 78,5 Prozent machen von ihrem Wahlrecht Gebrauch. In den ersten Bundestag ziehen 420 Abgeordnete ein, darunter zehn Berliner Abgeordnete. Die CDU/CSU bildet mit 31 Prozent der Stimmen die stärkste, die SPD mit 29,2 Prozent die zweitstärkste Fraktion.
Die Mandate verteilen sich auf zwölf parteipolitische Gruppierungen. Mit der knappen Mehrheit von einer Stimme schließen die Fraktionen von CDU/CSU, FDP und DP (Deutsche Partei) ein Regierungsbündnis. Der Frauenanteil unter den Parlamentariern liegt bei knapp sieben Prozent, am Ende der Wahlperiode bei neun Prozent.
Paul Löbe eröffnet als Alterspräsident die erste Sitzung des Bundestages am 7. September 1949 mit den Worten: "Was erhofft sich das deutsche Volk von der Arbeit des Bundestages? Dass wir eine stabile Regierung, eine gesunde Wirtschaft, eine neue soziale Ordnung in einem gesicherten Privatleben aufrichten, unser Vaterland einer neuen Blüte und neuem Wohlstand entgegenführen."
Gewaltige Aufgaben sind von den Parlamentariern zu schultern: Heimkehrende Kriegsgefangene und zehn Millionen Flüchtlinge und Vertriebene müssen eingegliedert, Opfer versorgt und die Wohnungsnot muss beseitigt werden. Von grundlegender Bedeutung ist der Aufbau einer sozial- und rechtsstaatlichen Ordnung, und auch international will Deutschland wieder an Ansehen gewinnen.
Eines der umstrittensten Themen der Nachkriegszeit ist die Wiederbewaffnung. Während sich die CDU für einen deutschen Wehrbeitrag zur Verteidigung Westeuropas ausspricht, lehnen Opposition und große Teile der Bevölkerung eine "Remilitarisierung" Westdeutschlands ab.
In der Anfangszeit verabschiedet der Bundestag so viele Gesetze wie kaum ein zweites Mal innerhalb einer Wahlperiode, vor allem Gesetze, die für die innere Ordnung und den weiteren politischen Weg der jungen Republik entscheidend sind. 1950 beschließen die Abgeordneten das Wohnungsbaugesetz, um den Bau neuer Wohnungen staatlich zu fördern.
Nach 15 Monaten Beratung stimmt die Mehrheit im Bundestag 1952 dem Lastenausgleichsgesetz zu, das Vertriebenen und Flüchtlingen eine gewisse Entschädigung durch Umverteilung verschafft. Bis heute hat das Gesetz Gültigkeit, aus dem Fonds werden voraussichtlich noch bis in die Jahre 2030 bis 2035 Renten gezahlt werden. Insgesamt beschließt das erste Parlament 545 Gesetze.
Schon bald nach dem parlamentarischen Neubeginn streiten Regierungskoalition und Opposition über das Ziel von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU), die Bundesrepublik in den Westen zu integrieren und dabei an der Wiedervereinigung festzuhalten.
Einen bedeutenden Grundstein der wirtschaftlichen Integration bildet der Vertrag über die Montanunion (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl), der am 25. Juli 1952 in Kraft tritt. Damit übertragen neben der Bundesrepublik Frankreich, Italien und die Benelux-Länder nationale Hoheitsrechte auf eine gemeinsame supranationale Gemeinschaft. Dieser Vertrag bildet den Ausgangspunkt für die weiteren Schritte der europäischen Integration.
Mit dem Beitritt zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) sollten der Besatzungsstatuts beendet und die innere und äußere Souveränität hergestellt werden. Den entsprechenden Deutschlandvertrag, der am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichnet wird, lehnt zwei Jahre später das französische Parlament ab.
Erich Köhler (CDU/CSU) wird erster Bundestagspräsident, der jedoch ein Jahr später sein Amt niederlegt. Ihm folgt Hermann Ehlers. Der 73-jährige Konrad Adenauer wird zum Bundeskanzler gewählt, der 20 Jahre jüngere Kurt Schumacher übernimmt als SPD-Vorsitzender die Führung der Opposition. Zu einem der beliebtesten Politiker im Kabinett Adenauers wird Ludwig Erhard, der das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft mitbegründet und als "Vater des Wirtschaftswunders" gilt.