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Die Einführung eines internationalen Insolvenzverfahrens für Staaten wird von Experten befürwortet. Strittig bleibt allerdings die Ausgestaltung eines solchen Verfahrens und die Frage nach der Legitimität von Krediten. Es sei einfach zu sagen, dass "Staaten ihre Schulden bedienen sollen, die Frage ist nur: zu welchen menschlichen Kosten?“, sagte Gail Hurley vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) am Mittwoch, 6. April 2011, in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Hurley verwies auf Jamaika, das im Augenblick nahezu hundert Prozent seiner Steuereinnahmen für die Schuldentilgung aufwende. Insbesondere für viele Inselstaaten sei der Schuldenüberhang so groß, dass sie nicht aus eigener Kraft aus dem Kreislauf von Schulden und neuer Verschuldung finden könnten.
Hurley plädierte für ein verbindliches internationales Regelwerk "mit effizienten, fairen und vorhersehbaren Ergebnissen für Gläubiger und Schuldner“.
Jürgen Kaiser von der Initiative "Erlassjahr e.V.“ hält die bisher gewährten Entschuldungen der Industriestaaten gegenüber Entwicklungsländern - wie 2005 im Rahmen des G8-Gipfels in Gleneagles - für nicht ausreichend. Schon die Bewertung der Solvenz von Staaten sei zu hinterfragen: So nehme mit der Weltbank ausgerechnet jene Institution eine solche Bewertung vor, die zugleich einer der größten Gläubiger ist.
Laut Kaiser muss ein internationales Insolvenzverfahren viel stärker als bisher die Verantwortung der Geber und die Legitimität von Krediten in den Blick nehmen. Die mächtigen, im "Pariser Club“ zusammengeschlossenen Gläubigerstaaten stellten sich kaum gegenseitig die Frage, ob Kredite aus eigenen Exportinteressen und deshalb zu leichtfertig vergeben würden.
In die gleiche Richtung argumentierte Henrik Harboe vom norwegischen Außenministerium: "Wenn ich einem Diktator Geld leihe und nicht kontrolliere, was er damit anstellt, dann sind dies illegitime Schulden.“
Harboe bekräftigte die Hoffnung, dass Deutschland seinen Einfluss in den führenden Industriestaaten und Russland (G8-Staaten) und im Kreis der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20-Staaten) sowie in der EU dafür nutze, überschuldete Länder in die Diskussion um ein internationales Insolvenzverfahren einzubeziehen.
Außerdem müssten neue Geberländer wie Brasilien, Russland, Indien und China stärker in die Verantwortung genommen werden.
Wichtigstes Ziel ist laut Harboe ein neutrales Insolvenzgericht, das nicht selbst Gläubiger ist wie heute Weltbank oder der Internationale Währungsfonds (IWF).
Der Jurist Christoph Paulus von der Humboldt-Universität zu Berlin lenkte den Blick auf die rechtliche Dimension eines Entschuldungsverfahrens für Staaten.
Das von ihm ins Spiel gebrachte Modell eines "Resolvenzverfahrens“ sieht die Einrichtung eines unabhängigen internationalen Schiedsgerichts vor
Von Insolvenz bedrohte Staaten sollten Pläne ihrer eigenen Anstrengungen zur Entschuldung vorlegen, für deren Absegnung bereits eine qualifizierte Mehrheit der Gläubiger ausreicht. Ferner solle das Gericht die Kompetenz haben, die Berechtigung der Gläubigerforderungen zu überprüfen.
Zudem soll laut Paulus die Möglichkeit bestehen, den Zustand vor dem Insolvenzverfahren herzustellen, sobald ein Schuldner den zugesagten Maßnahmen nicht nachkommt. (ahe)