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Drei Viertel der armen Welt- bevölkerung lebt in Ländern mit reichen Rohstoffvorkommen. Die Herausforderung der Entwicklungs- zusammenarbeit sei es, diesen Widerspruch aufzulösen, sagte der Sachverständige Carsten Schmitz Hoffmann von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) am Mittwoch, 8. Juni 2011, in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter Vorsitz von Dagmar Wöhrl (CDU/CSU).
Über die Frage, ob Rohstoffreichtum Fluch oder Segen sei, gingen die Expertenmeinungen auseinander - ebenso darüber, ob die Rohstoffstrategien von Bundesregierung und EU-Kommission zu Entwicklung und nachhaltigem Wachstum beitragen und gleichzeitig den Zugang der europäischen Volkswirtschaften zu den weltweiten Rohstoffvorkommen gewährleisten können.
Keinen Widerspruch zwischen Rohstoffinteressen und Entwicklungszielen mochte Oliver Wieck vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ausmachen. Unternehmen, die in Rohstoffgewinnung und -verarbeitung investieren, würden mit dem Aufbau von Infrastruktur, mit Technologie- und Wissenstransfer zur nachhaltigen Entwicklung in ärmeren Ländern beitragen. Notwendig seien Investitionsschutz und der Abbau von Exportquoten und Handelsbeschränkungen.
Als "kohärent im Sinne der Interessen der deutschen Industrie, aber inkohärent in Sinne der Entwicklungszusammenarbeit“ bezeichnete dagegen die Einzelsachverständige Heidi Feldt die Rohstoffstrategie der Bundesregierung.
Bilaterale Rohstoffpartnerschaften orientierten sich an den deutschen Interessen und weniger an den Bedürfnissen der Partnerländer. So bestehe etwa die Gefahr, dass - wie im Falle Kasachstans - autoritäre Regime stabilisiert würden.
Gwenole Cozigan von der EU-Kommission erklärte, dass die Rohstoffstrategie mehrere Ziele verbinde: Zum einen solle sie die Versorgung von Unternehmen mit Rohstoffen und seltenen Erden gewährleisten, zweitens Recycling und Substitution von Rohstoffen in Europa fördern und schließlich drittens dafür sorgen, dass auch die Bevölkerung in Entwicklungsländern vom Rohstoffgewinnung und -export nachhaltig profitiert.
Europa könne etwa bei der Schaffung eines günstigen Investitionsklimas unterstützen und beim Aufbau eines effizienten Steuerwesens helfen. Außerdem sei Beratung beim Aushandeln von Abbauverträgen gefragt.
Nohoum Keita vom Verein der Bürger und Freunde der Stadt Falea in Mali merkte an, dass sich kleine Staaten und internationale tätige Großunternehmen bei solchen Verhandlungen nicht auf Augenhöhe begegneten. In Mali würden solche Unternehmen Einheimische nur unterproportional beschäftigen und zudem Umweltstandards nicht achten.
Jörg Mayer von der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) kritisierte, dass sowohl EU als auch Bundesregierung in ihren Strategien die weltweite Verfügbarkeit von Rohstoffen zu optimistisch einschätzten und zudem die zukünftige Preisentwicklung nicht berücksichtigte.
Im Gegensatz zum deutschen Papier nehme die EU-Strategie das Thema Nahrungsmittelsicherheit, Spekulation und Finanzmarkt-regulierungen in den Blick.
Doch auch auf EU-Ebene bestehe Nachholbedarf: Eine Regelung nach dem Vorbild des Dodd-Frank-Act in den USA, der Rohstoffunternehmen zur Offenlegung ihrer Geldflüsse verpflichte, fehle bislang, sagte Mayer. (ahe)