Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > April 2010 > Hartz IV-H�rtefallregelung wird unterschiedlich bewertet
Zum Urteil des Verfassungsgerichts zu Hartz IV hei�t es in dem �nderungsantrag, man wolle mit der H�rtefallklausel sicherstellen, dass auch in ”atypischen Bedarfslagen“ Leistungen erbracht w�rden. Damit solle ein zus�tzlicher Anspruch auf Leistungen ”bei einem unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschenw�rdigen Existenzminimums“ eingef�hrt werden. Anwendungsf�lle der H�rtefallklausel k�nnten zum Beispiel dauerhaft ben�tigte Hygienemittel bei bestimmten Erkrankungen oder Putz- und Haushaltshilfen f�r Rollstuhlfahrer sein. Kein Mehrbedarf bestehe bei Praxisgeb�hren, Schulmaterialien und Schulverpflegung, Bekleidung und Schuhen in �bergr��en sowie Brillen, Zahnersatz oder orthop�dischen Schuhen.
In seiner vor Beginn der Anh�rung schriftlich verteilten Stellungnahme schreibt Klaus Lauterbach, Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, der Vorschlag der Koalitionsfraktionen sei ”grunds�tzlich geeignet, den Neuregelungsauftrag verfassungskonform umzusetzen“. Der Ausnahmecharakter der Regelung k�nne aber deutlicher formuliert werden. Die Bundesagentur f�r Arbeit begr��t die w�rtliche �bernahme der Tatbestandsvoraussetzungen aus dem Urteil. Dadurch werde sichergestellt, ”dass ein gesetzlicher Anspruch auf zus�tzliche Leistungen erst dann entsteht, wenn ein laufender unabweisbarer atypischer Bedarf besteht, der so erheblich ist, dass er nicht aus Einsparungen oder Leistungen Dritter gedeckt ist“. Dies entspreche dem Subsidiarit�tsprinzip und dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Sicherstellung des menschenw�rdigen Existenzminimums.
Kritisch zu dem Vorhaben �u�ert sich Professor Stefan Homburg vom Institut f�r �ffentliche Finanzen der Universit�t Hannover, der auf eine Erh�hung der Regels�tze um 23 Prozent (West) und 27 Prozent (Ost) innerhalb von 5 Jahren verweist und anmerkt: ”Eine m�gliche Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts best�nde folglich darin, die gew�nschten Mehrbedarfe zu ber�cksichtigen und gleichzeitig die Regels�tze erheblich zu senken. Ein blo�es Aufsatteln w�rde dem Lohnabstandsgebot zuwiderlaufen.“
Die Verwendung von Negativbeispielen wie Schulbedarf in der Gesetzesbegr�ndung kritisiert der Direktor des Sozialgerichts Potsdam, Johannes Graf von Pfeil. Gerade bei Schulbedarf handele es sich im Sinne der H�rtefalldefinition um unabweisbare und auch wiederkehrende Bedarfe, die im Regelsatz f�r Kinder nicht ber�cksichtigt seien. Von Pfeil kritisiert das Verfahren, �ber ein sachfremdes Gesetz das Sozialgesetzbuch zu �ndern, ohne die zust�ndigen Aussch�sse zu beteiligen. Auch der Parit�tische Gesamtverband erkl�rt, es d�rften keine Aufwendungen von vornherein ausgeschlossen werden.
Bei den �nderungen am Zukunftsinvestitionsgesetz geht es darum, die Voraussetzungen f�r Finanzhilfen an die Kommunen zu �ndern. Bisher m�ssen die Vorhaben zus�tzlich sein, das hei�t, ihre Finanzierung darf nicht bereits im Etat gesichert sein und die Ma�nahme w�re ohne F�rderung nicht durchgef�hrt worden. Au�erdem muss die Investition zu h�heren Investitionsausgaben einer Kommune insgesamt f�hren. Dieses zweite Kriterium soll gestrichen werden. Der Finanzwissenschaftler Jan Schnellenbach (Universit�t Heidelberg) bezeichnet die �nderung als ”h�chst problematisch“, da die Bedingung der vorhabenbezogenen F�rderung leicht umgangen werden k�nne. Nur ein zweites Kriterium k�nne solche Man�ver verhindern. Der Pr�sident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, warnt, das alleine verbleibende Kriterium der vorhabenbezogenen Zus�tzlichkeit k�nne nicht mehr sicherstellen, ”dass die Gebietsk�rperschaften mit ihren Investitionsausgaben eine anl�sslich der Wirtschaftskrise notwendige gesamtstaatliche expansive Finanzpolitik st�tzen“. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sieht den ”besch�ftigungspolitischen Erfolg“ des Zukunftsinvestitionsgesetzes gef�hrdet. Homburg kritisiert, das Kriterium der Zus�tzlichkeit erzwinge einen R�ckgriff auf nachrangige Ma�nahmen: ”Jeder Rektor, dessen Schule mehrfach gestrichen wurde, w�hrend die Toilettenanalgen weiterhin unsaniert bleiben, kann diese Ineffizienzen aus eigener Anschauung best�tigen.“
Zum urspr�nglichen Anliegen des Gesetzentwurfs, der Abschaffung des Finanzplanungsrates, meint Homburg, er w�rde noch einen Schritt weiter gehen und den Konjunkturrat auch abschaffen, der seit Ende der 1960er Jahre kaum noch Bedeutung habe.
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