Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2009 > Rede Lammert Lissabon-Vertrag
Das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags am 1. Dezember hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU) als „wesentlichen Schritt zur Parlamentarisierung europäischer Entscheidungen“ begrüßt. Bei seiner Rede in der Berliner Humboldt-Universität an diesem Tag betonte er, dass es künftig „weder rechtlich noch politisch möglich sei, die Europapolitik weitgehend den Regierungen zu überlassen. Der Bundestag habe mit den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Nachbesserungen an den Begleitgesetzten zum Lissaboner Vertrag sichergestellt, den neuen Anforderungen und Kompetenzen gerecht werden zu können. Die nationalen Parlamente seien nun mehr denn je die „Wächter der Subsidiarität in der EU“.
Zu Beginn hatte Lammert angekündigt: „Ob das, was ich heute abend vortrage, ein Festvortrag wird, weiß ich noch nicht genau. Eher wahrscheinlich ein Arbeitsbericht von einer Dauerbaustelle, die aber schon weit über das Richtfest hinausgekommen ist." Mit dem Lissabon-Vertrag beginne keine neue Epoche der Weltgeschichte. „Aber mit dem Lissaboner Vertrag werden mehr als ein paar Gerüste von der Baustelle abgeräumt“, sagte der Bundestagspräsident.
Er habe keinen Zweifel, dass der Vertrag der Europäischen Union mehr Demokratie und Transparenz bringe. Die Erfolgsaussichten beim Kriterium der Effizienz erschienen ihm „noch nicht ganz so ausgeprägt“. „Die EU hat künftig drei Präsidenten und eine Vizepräsidentin“, merkte Lammert an.
Neben Jose Manuel Barroso, dem Präsidenten der EU-Kommission, und dem wechselnden halbjährigen Präsidenten des Europäischen Rates, sind das die beiden neuen Spitzen der EU: der erste ständige Ratspräsident Herman van Rompuy und Catherine Ashton. Die Britin ist neben ihrem Amt als Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auch Vizepräsidentin der EU-Kommission.
Es gebe damit nicht die eine Telefonnummer, die Henry Kissinger schon vor 15 Jahren angefordert habe, sagte Lammert und fügte hinzu, dass ein ausländischer Staats- oder Regierungschef sich im Zweifelsfall auch künftig vielleicht lieber direkt an den französischen Präsidenten oder die deutsche Kanzlerin wende. „Wenn Sie da einen kleinen Unterton von Enttäuschung eines engagierten Europäers durchhören sollten, dementiere ich das nicht.“