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Wie die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) in der neuen Finanzperiode nach dem Jahr 2013 aussehen soll, bleibt unter Experten umstritten. Dies zeigte sich in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am Montag, 17. Mai 2010. Während für einige Fachleute die Ziele der GAP auch nach bald 50 Jahren unverändert Bestand haben, mahnten andere wiederum eine neue Ziel- oder gar Leitbilddiskussion an. Einige Experten betonten zudem, die bisherigen Instrumente seien gar nicht geeignet, die gesetzten Ziele zu erreichen.
Volker Petersen vom Deutschen Raiffeisenverband e.V. sagte, er halte auch über 2013 hinaus die Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe für unabdingbar. Er kritisierte jedoch die Differenzierung bei der Höhe je nach Betriebsgröße, die zu einer Benachteiligung ostdeutscher Mehrfamilienbetriebe führe.
Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Till Backhaus (SPD), beschrieb, dass es erheblichen Druck auf den EU-Agrarhaushalt aus anderen Bereichen gebe. Um so wichtiger sei eine klare Zieldefinition für die Agrarpolitik. Er schlug folgende beiden Punkte vor: die Sicherheit von Lebensmitteln und bei der Lebensmittelversorgung sowie den sorgsamen Umgang mit der Umwelt und den Tieren.
Gerd Sonnleitner vom Deutschen Bauernverband warb dafür, in der von Begriffen wie "Kürzen“ und „Umverteilung“ dominierten Diskussion den Nutzen der Landwirtschaft stärker hervorzuheben. Grundsätzlich sei die EU-Agrarpolitik "weit besser als ihr Ruf“, sie sichere die Ernährung für 500 Millionen Menschen bei höchsten Standards und niedrigen Preisen.
Dem widersprach der Einzelsachverständige Lutz Ribbe, der sagte, dass die Landwirtschaft etwa das gesteckte Ziel der Biodiversität nicht erreicht habe. Prof. Dr. Folkhard Isermeyer vom Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik bilanzierte das neue Gutachten für das Landwirtschaftsministerium, das er gemeinsam mit 14 anderen Fachleuten gerade verfasst hat: Danach sind die 5,7 Milliarden Euro, die Deutschland für Direktzahlungen ausschüttet, wenig geeignet, die Ziele Ernährungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Ressourcenschutz/Biodiversität zu erreichen.
Der Einzelsachverständige Ulrich Jasper sagte, man müsse die Direktzahlungen stärker an Kriterien binden, die die Ansprüche die Gesellschaft an die Landwirtschaft widerspiegeln. Prof. Dr. Karin Holm-Müller wies darauf hin, dass öffentlichen Gütern wie Umwelt- und Naturschutz entsprechende öffentliche Gelder gegenübersehen müssten, da der Markt diese nicht bereitstelle.
CDU/CSU und FDP wollten wissen, wie die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Landwirte verbessert werden könne. Die SPD-Fraktion interessierte sich unter anderem für das Thema "Zertifizierung von Betrieben". Die Linksfraktion fragte, ob die Direktzahlungen tatsächlich bei den Landwirten ankommen oder nicht eher andere davon profitieren. Die Grünen wollten wissen, ob sich quantifizieren ließe, welche sozialen oder ökologischen Fortschritte durch die Förderpolitik erreicht wurden.
Isermeyer sagte, die Wettbewerbsfähigkeit lasse sich nur steigern, wenn auf Qualitätsproduktion gesetzt und dies auch dokumentiert werde. Für Werbung müsse Geld in die Hand genommen werde, zudem für die Innovationsförderung.
Sonnleitner sagte an die Adresse der Grünen, dass es "signifikante Verbesserungen im Umwelt- und Tierschutzbereich“ gegeben habe, zudem seien von 1990 bis heute 20 Prozent Kohlendioxid reduziert worden.
Backhaus berichtete, dass in Mecklenburg-Vorpommern Betriebe, die bestimmte Standards erfüllen, sich zertifizieren lassen können. Petersen sagte in Richtung Linksfraktion, er sehe in den Direktzahlungen ein Mittel der Einkommenssicherung, da die "Gefahr der Überwälzung“ nicht bestehe.